[Jugendrezension] Zetas Weg

dreisongsZeta, die Hauptfigur in Lola Renns Roman Drei Songs später, ist 16 Jahre alt und auf den ersten Blick ein ganz normales Mädchen mit ganz normalen Problemen. Doch dieses Bild täuscht. Zu Hause hat sie viele Probleme. Ihr Vater trinkt, brüllt sie ständig an und hält sie für nicht zurechnungsfähig. Auch ihre Mutter ist keine große Hilfe, denn sie stimmt immer ihrem Vater zu, um Streit zu vermeiden. Zeta ist verzweifelt. Das Einzige was sie will, ist Tänzerin werden, doch auch dort funkt ihr der Vater dazwischen. Und dann gibt es da noch das Problem mit der Schule und den Noten …

Doch ganz alleine ist sie nicht. Ihre Freundin Sahra, Sahras Mutter und ihr Freund Micha versuchen, ihr aus dieser schwierigen Situation zu helfen.

Das Buch ist in einem sehr schönen, schnellen Tempo geschrieben. Es gibt viele kleine Kapitel und Absätze, die die Geschichte sehr bildhaft darstellen. Die Personen sind perfekt geschildert, vor allem der Vater. Schon wenn man anfängt zu lesen, kann man ihn nicht leiden. Die Hauptperson Zeta gefällt mir auch sehr gut, ihre Art nicht alles zu machen, was ihr durchgeknallter Vater von ihr will und dass sie sich traut zu widersprechen, wenn ihr etwas seltsam vorkommt. Auch Micha, der im Laufe der Geschichte ihr Freund wird, gefällt mir. Eigentlich gefallen mir alle Personen, weil sie, jede auf ihre eigene Art sehr besonders sind. Das einzige was ich nicht zu 100 Prozent super fand, aber zu 98 Prozent, ist das Ende. Es kommt ein wenig überraschend und ich hätte es mir dramatischer vorgestellt, aber trotzdem ist Drei Songs später von Lola Renn ein wunderbares Buch, das man nur weiterempfehlen kann. Es hat super großen Spaß gemacht es zu lesen!!!

Ein Buch, das mit wenigen Seiten eine ganze Geschichte erzählt!

Fine (15)

Lola Renn: Drei Songs später, bloomoon, 2013, 160 Seiten, 12,99 Euro

Soundtrack einer Flucht

tonspurMusik kann ein starker Motor sein. Das muss man wohl niemandem erklären. Was wir nur heute gern vergessen, ist, dass wir diesbezüglich in einer überaus bequemen Welt leben, in der jede Art von Musik jederzeit verfügbar ist, selbst nachts übers Internet können wir so gut wie alles kaufen, streamen, kopieren. Dass es Zeiten und Länder gab, in denen das alles anderes als selbstverständlich war, davon erzählen Olaf Hintze und Susanne Krones in Tonspur.

Doch es geht natürlich um mehr als Musik, denn bei dieser Geschichte handelt es sich um Hintzes autobiografischen Bericht, wie er im Sommer 1989 aus der DDR flüchtet. Aber die Musik aus dem Westen ist einer der treibenden Faktoren, die den damals 25-Jährigen dazu bringen, Eltern, Geschwister, Freunde zu verlassen. Hintze ist ein Kulturmensch, der ohne Musik und Literatur nicht leben kann und will. Die Einschränkungen, die der sozialistische Staat ihm auferlegt, drücken mit der Zeit immer mehr. Sein Wunsch nach Abitur und Studium bleibt ihm unerfüllt, da sich der Junge nicht den politischen Vorgaben und Ansprüchen der DDR-Gesellschaft anpasst. Auf eine ruhige Art bleibt Hintze ein Außenseiter, für den Stefan Zweigs „Die Welt von Gestern“ zu einem Wegweiser und Lebensbuch wird.

Im August 1989 reist Hintze mit Freunden durch Rumänien und Bulgarien, setzt sich schließlich von der Gruppe ab und fährt nach Sopron. Er erkundet die Gegend, sucht nach Möglichkeiten, die Stacheldrahtzäune der österreich-ungarischen Grenze zu überwinden. Dass die Grenze durchlässig geworden ist, entnimmt er westdeutschen Zeitungen. Dennoch ist er sich der Gefahr bewusst, der er immer noch ausgesetzt ist. Seine Flucht gelingt – allerdings anders, als man es bei dem Ort Sopron gemeinhin denken mag.

Tonspur ist auf eine ganz besondere Art ein packendes Buch. Die Schilderung von Olaf Hintzes Flucht ist verpackt in die Erinnerung an seine Kindheit in der DDR. Er erzählt vom Alltag des Mangels, vom Schlangestehen, von den kleinen Gefälligkeiten für ein bisschen besseres Leben. Von einer Schule, in der die politische Haltung wichtiger ist als das Wissen, von einer Zeit bei der Armee, die eigentlich nur Schikane ist, von seiner Leidenschaft für Nachrichtentechnik und selbstgebastelten Radios. Und davon wie er sich bei jeder Gelegenheit, in der DDR kaum zu bekommende Musik-Platten besorgt. So unspektakulär sich das vielleicht anhört, so sehr zieht einen dieser scheinbar ewige Hindernislauf in den Bann.
Flankiert wird der Text von Fotos aus Hintzes Leben – und Abbildungen von den Beschriftungen seiner geliebten Mixtapes. Die sind einfach rührend, denn lange Zeit hatte Hintze keine Möglichkeit, die Namen der Künstler und die englischen Titel irgendwo abzuschreiben. Lautmalerisch hat er die aufgezeichneten Künstler und Songtitel dokumentiert, so dass man dort dann von „Mikel Schäksen“ und „Biedet“ liest. Mag man im ersten Reflex grinsen, so offenbaren diese liebenswerten Kleinigkeiten doch die immens große Sehnsucht nach selbstbestimmtem Musikgenuss und im Endeffekt nach Freiheit.

Im Jahr 25 nach dem Mauerfall stellt Tonspur eine rundum gelungen Erinnerung an eine Welt von Gestern dar, an die ältere Generationen sich noch erinnern, manche sie möglicherweise verherrlichen werden, die die jüngeren Leser aber nicht mehr kennen. In der Geschichte von Hintze und Krones finden sie einen klaren Blick auf das „normale“ Leben in der DDR, der gleichzeitig den Luxus unserer Welt von Heute spiegelt und zeigt, wie wertvoll ein selbstbestimmtes Leben ist.

Olaf Hintze/Susanne Krones: Tonspur – Wie ich die Welt von gestern verließ, dtv/Reihe Hanser, 2014, 360 Seiten, ab 14, 14,95 Euro

[Jugendrezension] Traumboy

eveadamDas Buch Eve & Adam von Michael Grant und Katherine Applegate handelt von dem Mädchen Evening, das nach einem grausamen Unfall  in einer Privatklinik behandelt wird. Das Krankenhaus gehört ihrer Mutter und wird auch von ihr geleitet. Unerwartet schnell geht es Evening besser, trotzdem darf sie das Krankenhaus noch nicht verlassen. Sie soll sich zunächst mit einem geheimen Projekt ihrer Mutter beschäftigen. Dafür soll sie am Computer einen Menschen ganz nach ihren Vorstellungen zusammenbasteln, von dem ihre Mutter verspricht, ihn zum Leben zu erwecken.  Evening glaubt dies zwar nicht, setzt sich aber trotzdem an den PC. Sie bastelt sich einen Jungen, den sie langsam, Schritt für Schritt, aus vielen Einzelteilen zusammenfügt.

Während sie noch an dem Auftrag ihrer Mutter arbeitet, erfährt Evening auf einmal etwas, dass sie, gemeinsam mit einem jungen Krankenpfleger namens Solo, mit dem sie sich angefreundet hat, aus der Klinik fliehen lässt. Ihre Mutter soll kriminell sein!

Ihre Mutter sah diese Entwicklung voraus, und es gelingt ihr tatsächlich, Evenings Computer-Traumjungen zu verwirklichen: Adam wird lebendig. Er erhält von Evenings Mutter den Auftrag, die Tochter zurückzuholen. Evening und Adam begegnen sich. Dieses erste, unerwartete  Treffen mit Adam macht Evening Angst, dennoch ist sie fasziniert von ihm und er ist etwas ganz Besonderes für sie…

Ich finde das Buch spitze, obwohl es mir erst schwerfiel, in die Handlung hinein zu schlüpfen. Nach den ersten Kapiteln war ich dann aber vollkommen in der Handlung gefangen.

Das Buch ist für Mädchen ab 11 Jahren geeignet. Ich empfehle es allen, die Spaß an fantastischen, verwirrenden Geschichten haben, deren Ausgang nicht abzusehen ist.

Bücherwurm (11)

Katherine Applegate/Michael Grant: Eve & Adam, Übersetzung: Wolfram Ströle,  Ravensburger Buchverlag, 2014, 352 Seiten, ab 14, 16,99 Euro

Die Vielfalt des Lebens, die große Liebe und der eigene Weg

levithanGibt es jemanden, der nicht schon mal gern das Leben eines anderen führen wollte? Wohl kaum. Zu unzufrieden sind wir oftmals mit unserem Dasein, zu neidisch auf andere, zu neugierig, zu ehrgeizig. Doch wir sind in unseren Körper und unserem Alltag gefangen und müssten uns schon ziemlich anstrengen, mal ein komplett anderes Leben zu führen.

David Levithan hat in seinem neuen Roman Letztendlich sind wir dem Universum egal ein Gedankenspiel auf sehr faszinierende Weise zu Ende gebracht.
Die 16-jährige Hauptfigur A wacht jeden Morgen im Körper eines anderen Jugendlichen auf. Jeden Morgen muss er/sie sich an einen neuen Körper, neuen Namen, neue Eltern, neues Haus, neue Umgebung, neue Stadt, neue Schule, neue Freunde oder Feinde gewöhnen. A kann diese Fähigkeit nicht steuern, er/sie weiß nie, wo er/sie am nächsten Morgen aufwacht. Eine Kontinuität gibt es nicht, und wenn dann liegt sie nur im beständigen Wandel.

Eines Tages jedoch steckt er/sie im Körper von Jason, der mit Rhiannon zusammen ist, das Mädchen jedoch nicht besonders gut behandelt. A verliebt sich auf den ersten Blick in sie und verbringt mit ihr einen wunderschönen, perfekten Tag am Meer. Von da an versucht A, so oft es geht zu Rhiannon zu fahren und sie zu treffen. Da A jedoch ständig in einem anderen Körper, also mal als Junge, mal als Mädchen, auftaucht, muss er/sie das Mädchen irgendwann in sein Geheimnis einweihen.
Natürlich will sie von diesem merkwürdigen Zustand zunächst nichts wissen, zu absurd ist diese Vorstellung. Doch je öfter A bei ihr auftaucht, umso schneller erkennt sie A in den verschiedenen Körpern wieder. Nach und nach kommen sich die beiden immer näher …

David Levithan hat hier vermutlich eine der ergreifendsten und ungewöhnlichsten Liebesgeschichten geschrieben, die mir je untergekommen ist. Trotz der fantastischen Idee ist man bereits auf den ersten Seiten gebannt, akzeptiert das Konstrukt, das Levithan im Laufe der Geschichte genau erklärt, uneingeschränkt. Und während man bei der Lektüre immer mehr mit A und Rhiannon liebt und leidet und sich fragt, wie das alles enden soll, erfährt man so ungemein viel über das Leben von anderen Menschen. Denn A steckt zwar immer wieder in neuen Körpern, kann aber durch seine Erfahrung und durch seinen „Außenblick“ ganz genau erkennen, ob der jeweilige Mensch gut oder schlecht zu seinem Körper ist.

Dabei sind zunächst das Geschlecht und die Hautfarbe völlig egal. A ist mal Junge, mal Mädchen, mal schwul, mal lesbisch, mal transsexuell, er/sie ist weiß, Afroamerikaner_in, Latino/a. Es ist egal, seine Liebe zu Rhiannon bleibt unverändert, und auch ihr ist es zunehmend egal.
Aber A ist daneben auch schon mal alkoholabhängig, übergewichtig, depressiv. Er/Sie steckte eines Tages im Körper eines Mädchens, das Suizidabsichten hegt. Normalerweise hält A sich aus den Leben der anderen heraus, hinterlässt keine Spuren, nur vage Erinnerungen an den Tag, an dem er/sie Besitz von dem/der anderen genommen hat. Doch in diesem Fall hält er/sie sich nicht heraus.
Ansonsten wertet A die körperlichen Zustände der anderen Jugendlichen nicht, zeigt aber, dass die Missachtung des eigenen Körpers ihn/sie an diesen Tagen in Schwierigkeiten bringt. Allerdings macht er/sie auch immer klar, dass es für diese Missachtung durchaus Gründe gibt, die eigentlich hinterfragt werden müssten. Doch dafür reicht sein/ihr einer Tag im Leben eines anderen nicht aus.
In diesen Betrachtungen findet man eine große Liebe und jede Menge Respekt für alle möglichen Lebensarten, bis A schließlich klar macht, dass man sich von den Dingen, die man vielleicht erstrebt und haben möchte auch wieder frei machen muss, um schließlich seinen ganz eigene Weg zu gehen.

Sprachlich gilt bei diesem Roman mein ganzer Respekt der Übersetzerin Martina Tichy, die es ganz fein verstanden hat, dieser ungewöhnlichen Figur A eine geschlechtsneutrale Sprache zu geben. Da A ja eigentlich körperlos ist und daher auch kein festgelegtes Geschlecht hat, kann er/sie nicht durch männliche oder weibliche Sprache charakterisiert werden. Ich-Erzähler_in A, der/die nie eine Aussage macht, welches Geschlecht ihm/ihr am liebsten wäre, erzählt daher in einer so unaufdringlichen und neutralen Sprache, das man als Leser nie stolpert oder gar zu einer Schlussfolgerung über As Geschlecht genötigt wird. Das im Deutschen so hinzukriegen ist eine große Kunst.

Letztendlich sind wir dem Universum egal ist ein großartiger Roman über die Liebe, das Leben und den Respekt, den man allen Arten von Liebe und Leben entgegenbringen sollte. Und das kann man in der heutigen Zeit nicht oft genug zum Ausdruck bringen.

David Levithan: Letztendlich sind wir dem Universum egal, Übersetzung: Martina Tichy, Fischer FJB, 2014, 400 Seiten, 16,99 Euro

 

[Jugendrezension] Vom Opfer zum Täter

knvmmdb.dllWenn man über eine längere Zeit gehänselt wird, was macht man dann?
Diese Frage stellt man sich, wenn man das Buch Der Tag wird kommen von Nina Vogt-Østli liest.

Hans-Petter ist 15 Jahre alt und wird schon seit der Grundschule von Andreas und den anderen Schülern verprügelt und gemobbt. Selbst in der weiterführenden Schule ändert sich daran nichts.
Am liebsten würde Hans-Petter unsichtbar sein und versucht so gut, wie es geht, nicht aufzufallen.
Er zieht sich in sein Zimmer zurück und verbringt die meiste Zeit vor seinem Computer.

Als ihn dann ein Mädchen namens Fera anschreibt, denkt er zuerst, dass es Andreas und seine Gang sei. Doch nach und nach schreibt er immer mehr mit der unbekannten Fera, die behauptet, aus der Zukunft zu kommen – und die beiden werden Freunde. Fera ist Hans-Petters einziger Freund.
Zu den Mobbing-Problemen in der Schule kommen auch noch seine Probleme zu Hause hinzu: Seine Mutter verliebt sich in seinen Lehrer, und sein Vater interessiert sich scheinbar nicht für Hans-Petter. Der Junge fängt an, einen bitter-bösen Plan zu schmieden …

Das Buch liest sich schnell. Die Kapitel sind aus der Sicht von Hans-Petter geschrieben und  relativ kurz. Teilweise kommen kleine Chatprotokolle vor, die sich von dem restlichen Text abheben.

Hans-Petter ist ein Junge, der mir wirklich Leid getan hat, weil er schon seit der Grundschule in der Rolle des Opfers ist, obwohl er nichts macht. Ich habe selbst über so manche Sachen dabei nachgedacht, wie man sich zum Beispiel als Erwachsener entwickelt, wenn man als Kind leiden muss, und ob man auch mit einem bösen Mensch befreundet sein kann.

Das Buch von Nina Vogt-Østli ist an sich interessant und einfach mal was für Zwischendurch. Ich persönlich fand die Chatprotokolle mit am Besten, weil es einfach mal etwas anderes war und sie ab und zu auch lustig geschrieben waren. Das Buch war abrupt zu Ende, was ich nicht erwartet habe.

Ich würde Der Tag wird kommen schon weiterempfehlen, weil es einfach ein Buch der etwas anderen Art ist, was man als erstes nicht erwartet.

Laura (14)

Nina Vogt-Østli: Der Tag wird kommen, Übersetzung: Dagmar Lendt, Coppenrath, 2014, 240 Seiten, ab 14, 14,95 Euro

Vom Traum zum Trauma

kriegKann man die Kriegsbegeisterung, die vor 100 Jahren dieses Land durchzog den heutigen Jugendlichen noch irgendwie begreiflich machen? Elisabeth Zöller kann. Nachdem ich bereits ihre Bücher über den Nationalsozialismus, die Edelweißpiraten und ihre Faschismus-Parabel vorgestellt habe, reiht sich nun Zöllers Jugendbuch Der Krieg ist ein Menschenfresser über den ersten Weltkrieg hier ein.

Darin schildert sie die Ereignisse zwischen 1914 und 1918 auf zweigeteilte Art. Im ersten Teil erlebt der Leser die Begeisterung der Jungen Ferdinand und August aus Leipzig für den Krieg mit. Die Jungs melden sich freiwillig zum Militär, trotz der Ablehnung der Eltern. Zu groß ist die Lust auf „Abenteuer“. Ferdinand nimmt einen Fotoapparat an die Front mit und macht Bilder – was seinen Vorgesetzten gar nicht gefällt …

Im zweiten Teil erlebt Max 1917 die Schrecken an der belgischen Front und wird von einem wohlmeinenden Vorgesetzten zum Scharfschützen ausgebildet. Doch bei einer Aktion muss er einen Menschen töten, der kein Feind war. Traumatisiert kehrt er noch vor Kriegsende nach Berlin zurück und weigert sich, jemals wieder eine Uniform anzuziehen, sehr zum Unwillen seines Vaters. Seine Freundin Sophie steht ihm in dieser Zeit gegen den Vater und die Vorgesetzten bei, die ihn zur Herausgabe wichtiger Dokumente zwingen wollen …

Mehr möchte ich über den ziemlich spannenden Inhalt nicht verraten. Elisabeth Zöller schafft es nämlich, beide Seiten einzufangen: den Kriegstaumel zu Beginn der Auseinandersetzungen, aber auch die Traumata, die der sinnlose Stellungskrieg und vor allem die absurden Auswüchse von kriegerischen Konflikten verursachen. Geschickt macht sie klar, dass die Darstellung von Krieg in den Medien zumeist nichts mit der Wahrheit vor Ort zu tun hat, sondern dass immer Mächte dahinter stehen, die Einfluss darauf nehmen, wie die Sachverhalte Dritten präsentiert werden. So erklärt sie nicht nur die historische Kriegsführung und die entsprechende Propaganda, sondern verweist auch auf die heutige Medienmacht, der wir nur allzu gern vertrauen.

Wie schon bei dem Edelweißpiraten-Roman Wir tanzen nicht nach Führers Pfeife flechtet Zöller auch hier wieder sehr viele historische Fakten und Begrifflichkeit in den Text ein, die in einem Glossar kurz, manchmal fast zu kurz, erklärt werden. Die Gewalt des Krieges ist zwar präsent, aber anders als beispielsweise bei Erich Maria Remarques Im Westen nichts Neues nicht zu schockierend und zu grausam dargestellt, so dass die Lektüre für Leser ab 14 erträglich bleibt. Das liegt zudem an Zöller schon fast trocken-nüchterner Sprache, die diesem schrecklichen Thema jedoch sehr gut tut, da so der nötige Respekt vor den Toten gewahrt bleibt.

Das Einzige, was mich an dem Buch stört, ist dieses Mal das Cover. Es führt ein wenig in die Irre, da die eigentlichen Protagonisten die Jungen Ferdinand und Max sind, die dem Schrecken des Krieges ins Auge sehen. So bleibt nur zu hoffen, dass sich die Jungs, an die sich dieses Buch durchaus auch richtet, nicht von dem fast verträumten Mädchen abschrecken lassen. Das wäre sehr schade und hätte dieses Buch wirklich nicht verdient.

Elisabeth Zöller: Der Krieg ist ein Menschenfresser, Hanser, 2014, 288 Seiten, ab 14, 15,90 Euro

Nachtrag vom 17.03.2014: Über Facebook wies mich Elisabeth Zöller darauf hin, dass es zu ihrem Buch begleitendes Material von Christine Hagemann gibt, das mögliche Fragen zu den Begriffen ausführlicher erklärt: http://www.elisabeth-zoeller.de/data/content/00000052/_media.00000465.pdf
Herzlichen Dank für den Hinweis!

 

 

Preiswürdig

Dieses Mal habe ich es nicht nach Leipzig auf die Buchmesse geschafft. Dennoch verfolge ich das Geschehen – so gut es eben geht aus der Ferne. Mit wehem Herzen. Denn die Atmosphäre in den Glashallen zwischen all den neuen Büchern, die verkleideten Cosplayern, die Lesegrüppchen an allen Ecken und Enden, die Gespräche mit Kollegen, ach ja, all das fehlt schon ein bisschen.

Um so schöner sind dann solche Nachrichten, dass nun die Nominierungen für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2014 feststehen. Im dritten Jahr meines Blogs kann ich nun mit einem kleinen Grinsen feststellen, dass sich darunter doch einige „alte“ Bekannte finden, die ich hier im vergangenen Jahr vorgestellt habe. Gleichzeitig geht nun wieder das Nachhollesen los … Aber auch das ist eine Freude.

Allen Beteiligten an den Büchern gratuliere ich nun schon mal zur Nominierung – jetzt bleibt es spannend bis zum Oktober in Frankfurt!

Nominiert wurden:

Bilderbücher:

mne_HK_Ligne_Cov_z_Layout 1Jimi Lee (Illustration)
Überall Linien
Michael Neugebauer Edition
14,95 Euro
ab 3

Von Jimi Lee habe ich Unsere Erde vorgestellt.

3895Gus Gordon (Text, Illustration)
Gundula Müller-Wallraf (Übersetzung)
Herman und Rosie
Eine Geschichte über die Freundschaft
Knesebeck Verlag
14,95 Euro, ab 5

Bournay_24301_MR.inddDelphine Bournay (Text, Illustration)
Julia Süßbrich (Übersetzung)
Krümel und Pfefferminz
Wilde Tiere
Carl Hanser Verlag
7,90 Euro
ab 5

 

Moritz_VS_H_2013_17.04.inddClaude K. Dubois (Text, Illustration)
Tobias Scheffel (Übersetzung)
Akim rennt
Moritz Verlag
12,95 Euro, ab 7

3898Regina Kehn (Herausgeber, Illustration)
Das literarische Kaleidoskop
Fischer KJB
16,99 Euro
ab 8

Meine Rezension gibt’s hier.

 

3899Peter Sís (Text, Illustration)
Brigitte Jakobeit (Übersetzung)
Die Konferenz der Vögel
Aladin Verlag
24,90 Euro
ab 8

 

Kinderbücher:

Vorschau_F 2013_24.11.2012.inddChristian Oster (Text)
Katja Gehrmann (Illustration)
Tobias Scheffel (Übersetzung)
Besuch beim Hasen
Moritz Verlag
9,95 Euro
ab 5

3901Susan Kreller (Herausgeber)
Sabine Wilharm (Illustration)
Henning Ahrens (Übersetzung)
Claas Kazzer (Übersetzung)
Der beste Tag aller Zeiten
Weitgereiste Gedichte
Carlsen Verlag
24,90 Euro,  ab 6

3902Tamara Bos (Text)
Annemarie van Haeringen (Illustration)
Ita Maria Berger (Übersetzung)
Papa, hörst du mich?
Verlag Freies Geistesleben
13,90 Euro
ab 7

 

3903Polly Horvath (Text)
Sophie Blackall (Illustration)
Christiane Buchner (Übersetzung)
Herr und Frau Hase
Die Superdetektive
Aladin Verlag
12,90 Euro
ab 9

3904Martina Wildner (Text)
Königin des Sprungturms
Beltz & Gelberg
12,95 Euro
ab 11

 

 

3905Synne Lea (Text)
Maike Dörries (Übersetzung)
Leo und das ganze Glück
Verlag Friedrich Oetinger
12,95 Euro
ab 11

 

 

Jugendbuch:

3906Sarah Crossan (Text)
Cordula Setsman (Übersetzung)
Die Sprache des Wassers
mixtvision Verlag
13,90 Euro
ab 13

Sarah Crossans Buch habe ich hier besprochen.

3907James Proimos (Text)
Uwe-Michael Gutzschhahn (Übersetzung)
12 Things To Do Before You Crash and Burn
Gerstenberg Verlag
12,95 Euro
ab 14

 

3909Joanne Hornimann (Text)
Brigitte Jakobeit (Übersetzung)
Über ein Mädchen
Carlsen Verlag
15,90 Euro
ab 14

Meine Meinung dazu gibt es hier.

3908Inés Garland (Text)
Ilse Layer (Übersetzung)
Wie ein unsichtbares Band
Fischer KJB
14,99 Euro
ab 14

Inés Garland hat mir ein paar Fragen zu ihrem Buch beantwortet.

3910Rainer Merkel (Text)
Bo
S. Fischer Verlag
22,99 Euro
ab 15

 

 

cleverprinting 2009Stefanie de Velasco (Text)
Tigermilch
Verlag Kiepenheuer & Witsch
16,99 Euro
ab 16

 

 

Sachbuch:

CV_KARTOFFELKOENIG.inddChristoph Niemann (Text)
Der Kartoffelkönig
Verlagshaus Jacoby & Stuart
12,95 Euro
ab 5

CoverHeidi Trpak (Text)
Laura Momo Aufderhaar (Illustration)
Gerda Gelse
Allgemeine Weisheiten über Stechmücken
Wiener Dom-Verlag
14,90 Euro
ab 6

130412_OKLADA_lay2.inddAnna Czerwińska-Rydel (Text)
Marta Ignerska (Illustration)
Olaf Kühl (Übersetzung)
Die Ton-Angeber
mixtvision Verlag
14,90 Euro
ab 6

Vorschau_F 2013_24.11.2012.inddSebastian Cichocki (Text)
Aleksandra Mizielińska (Illustration)
Daniel Mizielińsky (Illustration)
Thomas Weiler (Übersetzung)
Sommerschnee und Wurstmaschine
Sehr moderne Kunst aus aller Welt
Moritz Verlag, 19,95 Euro

3919Adam Jaromir (Text)
Gabriela Cichowska (Illustration)
Fräulein Esthers letzte Vorstellung
Gimpel Verlag
29,90 Euro
ab 10

 

3920Nikolaus Nützel (Text)
Mein Opa, sein Holzbein und der Große Krieg
Was der Erste Weltkrieg mit uns zu tun hat
arsEdition
14,99 Euro
ab 12

 

Preis der Jugendjury:

3886John Boyne (Text)
Oliver Jeffers (Illustration)
Adelheid Zöfel (Übersetzung)
Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket
Fischer KJB
14,99 Euro
ab 12

Über Barnaby hat Lector3 eine Jugendrezension verfasst.

3887Raquel J. Palacio (Text)
André Mumot (Übersetzung)
Wunder
Carl Hanser Verlag
16,90 Euro
ab 12

Mein Eindruck zu diesem Buch hier.

3888Jostein Gaarder (Text)
Gabriele Haefs (Übersetzung)
2084 – Noras Welt
Carl Hanser Verlag
14,90 Euro
ab 12

 

3889Janne Teller (Text)
Sigrid C. Engeler (Übersetzung)
Birgitt Kollmann (Übersetzung)
Alles – worum es geht
Carl Hanser Verlag
12,90 Euro
ab 13

 

3890Alexia Casale (Text)
Henning Ahrens (Übersetzung)
Die Nacht gehört dem Drachen
Carlsen Verlag
14,90 Euro
ab 13

 

3892Boulet (Text)
Pénélope Bagieu (Illustration)
Ulrich Pröfrock (Übersetzung)
Wie ein leeres Blatt
Carlsen Verlag
18,40 Euro
ab 13

Diesen Comic habe ich hier vorgestellt.

[Jugendrezension] Flucht in ein anderes Leben

zoe willZwei Jugendliche, die erste große Liebe, Freiheit, der Highway – was sich kitschig anhört, entpuppt sich als das Gegenteil. Die Geschichte von Zoe und Will von Kirsten Halbrook ist ein wirklich berührender Liebesroman mit Tiefe und Nachwirkung.

Die 15-jährige Zoe und der 18-jährige Will haben ein Leben voller Leiden hinter sich: Zoes Mutter starb, als sie ein Kleinkind war. Sie wird immer wieder von ihrem betrunkenen Vater verprügelt.  Will wuchs in Kinderheimen und Pflegefamilien auf. Zoe ist die Erste, die an Will glaubt, und er würde alles für sie tun. Um ein anderes Leben zu beginnen, brechen sie eines Nachts mit Wills altem Camaro (ein alter Sportwagen) auf. Zum ersten Mal in ihrem Leben ist alles perfekt – doch Zoe und Will ahnen, dass ihr Glück nicht ewig währen wird …

Mit Die Geschichte von Zoe und Will hat Kristin Halbrook einen tollen Debütroman geschrieben. Eine Besonderheit ist, dass der Roman abwechselnd aus Zoes und Wills Perspektive erzählt, sodass man sich gut in die beiden hineinversetzen kann.

In dem Roman geht es um große Gefühle, die Kristin Halbrook beeindruckend gut schildert.  Zoes und Wills Geschichte ist traurig. Es ist die Geschichte zweier Jugendlicher, denen das Leben übel mitspielt, die sich aber gegenseitig Kraft und Mut geben. Man wünscht den beiden so sehr, dass sie endlich ihr Glück finden. Doch das Leben ist nicht gerecht. Am Ende wird die Handlung immer dramatischer, und man kann das Buch kaum aus der Hand legen.

Zoe und Will sind mir noch lange im Kopf geblieben. Es sind für mich nicht einfach gewöhnliche Romanfiguren. Es gibt viele Zoes und Wills auf dieser Welt. Kristin Halbrook hat ihnen durch diesen Roman eine Stimme gegeben.

Juliane (14)

Kristin Halbroh: Die Geschichte von Zoe und Will, Übersetzung: Beate Brammertz,   Heyne fliegt, 2013,  320 Seiten ab 14, 14,99 Euro

 

London gestern und heute

colferEigentlich bin ich kein großer Fan von Zeitreisegeschichten, über die genauen Gründe meiner Abneigung gegen dieses Gedankenspiel muss ich jetzt allerdings noch mal genau nachdenken. Denn Eoin Colfer hat mit WARP – Der Quantenzauberer eine Variante dieses Genres vorgelegt, die ich nicht mehr aus der Hand legen konnte.

Die 16-jährige Chevron arbeitet als jugendliche Hilfsagentin für das FBI. Nach einem misslungenen Einsatz in Los Angeles wird sie nach London strafversetzt, bis Gras über die Sache gewachsen ist. In der britischen Hauptstadt wartet ein langweiliger Bewachungsjob auf sie – was aber natürlich nicht so bleibt … denn das Objekt, das Chemie im Auge behalten soll, ist eine Zeitreisemaschine des anonymen Zeugenschutzprogramms „Witness Anonymus Relocaton Programme“ – kurz WARP. Damit schickt das FBI gefährdete Zeugen in der Zeit zurück ins 19. Jahrhundert, wo angeblich niemand an sie herankommt. Dass dieses Konzept nicht aufgeht, merkt Chevie ganz schnell, als in dem Ding plötzlich ein Toter und ein Junge aus der Vergangenheit auftauchen.

Der ebenfalls 16-jährige Riley ist Assistent des Zauberers Albert Garrick. Dieser arbeitet jedoch hauptsächlich als Auftragsmörder im London von 1898. Gerade als Riley von Garrick zu seinem ersten Mord gezwungen wird, aktiviert das Opfer einen so genannten Timekey und katapultiert sich durch ein Wurmloch in die Gegenwart. Garrick, der merkwürdigerweise an seinem Assistenten wie an einem Sohn hängt, folgt Riley später in die Zukunft. Ein rasantes Hin und Her zwischen Vergangenheit und Gegenwart entspinnt sich, bei dem Garrick durch das Zeitreisen zu einem Magier mit Superkräften mutiert und nun in James-Bond-Bösen-Manie leicht größenwahnsinnig die Weltherrschaft in seiner Zeit erlangen will.
Chevie, die mit Riley zusammen vor Garrick flüchtet, erlebt nicht nur das sehnlichst herbeigewünschte Agenten-Abenteuer, sondern lernt dabei auch den Gestank und das Elend des viktorianischen Englands kennen. In all dem Trubel von Verfolgungsjagden durch die Zeiten findet Riley schließlich heraus, wer seine Eltern getötet hat …

Eoin Colfer ist ein rasant-frecher Pageturner gelungen, der mit einem Augenzwinkern auf Charles Dickens, Arthur Conan Doyle und Jules Vernes anspielt und auch die Gegenwart mit ihren Absonderlichkeiten aufs Korn nimmt. Claudia Feldmann hat diese Geschichte entsprechend pfiffig ins Deutsche übersetzt. WARP ist spannendes Lesefutter für Liebhaber von Agentengeschichten – und wird zum Glück erst einmal nicht von einer Liebesgeschichte der Helden Chevie und Riley überlagert, sondern lebt ganz von dem Kontrast der verschiedenen Epochen in London. Das wird besonders anschaulich, wenn Riley in der Zukunft feststellt, dass er die Menschen gar nicht mehr riechen kann. Eine feinsinnigere Beobachtung, in was für einer angenehmen und bequemen Zeit wir heutzutage leben, kann es eigentlich kaum geben.

Eoin Colfer: WARP – Der Quantenzauberer, Übersetzung: Claudia Feldmann, Loewe Verlag, 201,4 352 Seiten, ab 14, 16,95 Euro

PS: Und endlich gibt es mal einen wirklich reizenden Buchtrailer, den ich hier gerne einbinde…

 

[Jugendrezension] Vertraue niemandem

boynobodyIn dem Buch Boy Nobody von Allen Zadoff geht es um einen jungen Soldaten, der auf Anweisung von Unbekannten Menschen töten soll…

Ein 12-Jähriger, der immer wieder einen anderen Namen trägt, wird nach und nach zu einem Soldaten ausgebildet.
Nun ist er 16 Jahre alt, und seine  Eltern sind tot. Seine Auftraggeber soll er „Mutter“ und „Vater“ nennen, da es bei Telefonaten nicht auffällt. Für ihn gibt es immer wieder neue Umgebungen, neue Identitäten und neue Zielobjekte. Er selber hat gelernt zu kämpfen, sich zu verteidigen und emotionslos zu sein. Bekommt er einen Auftrag, versucht er, zunächst das Vertrauen des Opfers zu gewinnen. Hat er dies geschafft, tötet er es leise und still und verschwindet. Hauptsache weg. Dann wartet er auf den nächsten Auftrag.

Der junge Soldat hat schon mehrere Aufträge erfolgreich beendet, doch nun bekommt er einen, der sein schwierigster werden soll. Sein nächstes Zielobjekt ist ein bedeutender Mann in New York. Hatte er sonst immer ein paar Monate Zeit, so drängt dieses Mal  die Zeit. Nur fünf Tage, dann muss der Auftrag erledigt sein. Eigentlich wäre es ein Auftrag wie jeder andere,  wären da nicht die kurze Vorbereitungszeit … und die Tochter des Opfers. Der junge Killer entwickelt Gefühle, die er bisher immer unterdrückt hat. Er muss sich zwischen Liebe und seinem Auftrag entscheiden.

Das Buch ist sehr interessant geschrieben. Durch die Ich-Perspektive und durch kurze Sätze, wirkt alles so, als ob man mitten im Geschehen steht. Die Kapitel sind relativ kurz, was mir den Anreiz gab, immer weiter zu lesen. Auch die Überschriften der Kapitel waren etwas Neues, denn sie bestanden aus ganzen Sätzen und waren ab und zu, so schien es mir, gleich der erste Satz des Kapitels.

Ich fand Boy Nobody sehr aufregend und spannend. Allerdings war das Ende sehr traurig. Einerseits kann ich es verstehen, aber andererseits auch wieder nicht. Als ich es gelesen habe, war ich auf jeden Fall sehr erstaunt. Ich dachte, dass das Rätsel, das in diesem letzten Auftrag liegt, leicht zu erraten wäre, doch es stellte sich das genaue Gegenteil heraus. Durch viele Details und Wendungen wurde ich immer wieder überrascht.

Ich würde das Buch auf jeden Fall weiterempfehlen.

Laura (14)

Allen Zadoff: Boy Nobody. Ich bin dein Freund. Ich bin dein Mörder, Übersetzung: Petra Post/Andrea von Struve,  bloomoon, 2013, 336 Seiten, ab 14, 16,99 Euro

[Jugendrezension] Kampf den Abtrünnigen

dancing maxDie Geschichte um ein böses Buch geht in die zweite Runde…

Dancing Jax – Zwischenspiel von Robin Jarvis ist der zweite Teil einer Trilogie, deren ersten Teil ich hier bereits besprochen habe.

Das Buch „Dancing Jax“ hat nun schon ganz Großbritannien in Besitz genommen und versucht nun, sich weiter auszubreiten. Immer mehr Bücher werden produziert. Bereits 63 Millionen Exemplar sind verkauft, fast jeder Brite besitzt ein Buch. Doch es gibt immer noch Abtrünnige.
Da viele Kinder bis 16 Jahren immun gegen das Buch sind, werden sie eingesammelt und in ein Camp gebracht. Ihnen sagt man, dass sie ein schönes Wochenende haben werden, was sich aber schon bald als anders herausstellt. Dieses Mal gibt es keine wirkliche Hauptfigur, sondern die Kinder stehen im Mittelpunkt. Jedes Kind ist anders und jedes hat ein bestimmtes Merkmal und eine eigene Persönlichkeit: Da ist das mit der Gitarre, das dicke Kind, der Macho …

Der Ismus, der König von Mooncaster, versucht mit allen Mitteln, die Kinder mit dem Buch in Besitz zu nehmen und wie ganz Großbritannien zu kontrollieren.
Unter den Kindern befindet sich jedoch der so genannte Castle Creeper. Dieser kann die Menschheit vor Mooncaster schützen und die Bücherverbreitung stoppen. Denn er kann  zwischen Mooncaster und der Realität hin und her reisen.
Er ist eine Gefahr für den Ismus, weil er Sachen stehlen und Pläne kaputt machen  kann.
Doch zuerst muss der Ismus den Castle Creeper finden, denn erst dann, kann er ihn für seine Zwecke einsetzen. Es beginnt eine aufregende Geschichte. Kann die Verbreitung des bösen Buches noch gestoppt werden?

Dieser zweite Teil der Trilogie ist noch besser als Dancing Jax – Auftakt. Es fängt sofort spannend an und endet genau so packend – und keine Stelle in dem Buch ist langweilig. Die Handlung spielt sowohl in der Traumwelt Mooncaster, als auch in der Realität, also insgesamt sehr abwechslungsreich. Im ganzen Buch gibt es ein großes Rätsel, welches am Ende aufgelöst wird und sehr überraschend ist.

Aber es ist auch schockierend, wie die Kinder im Camp behandelt werden.  Bei jeder Kleinigkeit gibt es eine Strafe. Ein Mädchen wird zum Beispiel zwei, drei Tage ohne Essen und Trinken eingesperrt. Oder die Kinder werden geschlagen. Es ist ab und zu schon sehr hart. Die Kinder haben mir beim Lesen richtig Leid getan. Sie können nichts dagegen tun, was mit ihnen gemacht wird. Ich habe die Verzweiflung schon fast gespürt.

Außerdem bringt das Buch zum Nachdenken: Wenn niemand mehr eine eigene Meinung hätte, würde alles nur von einem Menschen kontrolliert, wie hier vom Ismus. Keiner kann dann mehr entscheiden, was er machen will, und keiner traut sich mehr etwas zu sagen, weil er Angst hat, dass er bestraft wird. Das finde ich nicht gut.

Ich empfehle Dancing Jax – Zwischenspiel jedem, der das erste Buch auch schon mochte denn es übertrifft das erste Buch sogar. Für jeden der Spannung, Fantasy und eine Hand voll Rätselspaß mag, ist es genau das Richtige.

Auf den dritten Teil bin ich schon sehr gespannt.

Laura (14)

Robin Jarvis: Dancing Jax – Zwischenspiel, Übersetzung: Nadine Mannchen,  script5, 2013, 544 Seiten, ab 14, 14,95 Euro

[Jugendrezension] Verborgene Erinnerungen

janafreyKassandra Armadillo ist die jugendliche Hauptfigur aus dem Roman Weil du fehlst von Jana Frey. Kassandra ist in den Staaten geboren, zieht aber, seit dem Tod ihres Vaters, mit ihrer Mutter und ihrer hochbegabten kleinen Schwester Oya von einer Stadt in die nächste, da ihre Mutter es nirgendwo lange aushält.

So hat sie schon in einem kleinen Dorf in Rumänien, in Prag, auf der italienischen Insel Stromboli und in Paris gelebt. Als Kassandra siebzehn ist zieht die kleine Familie (inklusive Kater Billyboy) zurück nach Amerika. Dort wird Kassandra mit ihrer Vergangenheit konfrontiert…

Jana Frey hat einen unglaublichen Schreibstil, der sehr eigenwillig ist, an den man sich jedoch schnell gewöhnt und ihn schätzen lernt. Man kann sich zu Beginn gut in Kassandra hineinversetzen und selbst die Randcharaktere haben ausgeprägte Persönlichkeiten. Die Geschichte ist gut durchdacht, obwohl man schon am Anfang ahnt, was passieren wird. Sie wird langsam aufgebaut, wie ein Turm, eine Skulptur, die etwas in ihrem Inneren versteckt. Teilweise droht sie zu zerbrechen und zu zeigen, was sie versteckt. Leider ist es nicht wirklich witzig, abgesehen von ein  paar Stellen die (wahrscheinlich unfreiwillig) komisch sind. Zu Beginn ist die Geschichte sehr spannend, flacht dann aber merklich ab und wird fast langweilig.

Das Familiendrama ist gut überlegt und wirklich interessant geschrieben, aber bei etwa der Hälfte scheint die Autorin diesen Strang der Geschichte leider zu verlieren und verzettelt sich in einem absurden wie unnötigen Handlungsstrang über die Beziehung zwischen Kassandra und ihrem Vertrauenslehrer Mr. Rosen.
Es ist sehr schade das die Geschichte über ihre Familie so unvollkommen im Nichts verläuft und durch eine Liebesgeschichte abgelöst wird, deren trauriges Ende vorherzusehen ist. Das Handeln der Personen wird undurchschaubar und verwirrend und man möchte es eigentlich so machen wie Oya: Wenn es seltsam wird, nach Schweden ziehen und alles vergessen. Auch das Buch.

Dieses Buch ist vor allem etwas für Mädchen und keinesfalls für unter 14-Jährige geeignet.

Emilia (15)

Jana Frey: Weil du fehlst, Fischer KJB, 2013,  224 Seiten, ab 12, 12,99 Euro

[Jugendrezension] Der Fluch des Namens

edelherbEdelherb ist der zweite Band einer Trilogie von Gabrielle Zevin. Über den ersten Band Bitterzart habe ich hier bereits eine Rezension geschrieben.

Die Geschichte spielt in New York im Jahre 2083: Schokolade und Kaffee sind verboten. In dieser düsteren Zukunft lebt die 16-jährige Anya Balanchine. Ihre Familie gehört zu den fünf großen Schokoladen-Dynastien und beherrscht den illegalen Schokoladenhandel in New York. Anyas Eltern leben nicht mehr, und sie muss allein für ihre Schwester, ihren Bruder und die Großmutter sorgen. Der erste Band endet damit, dass der Staatsanwalt – der gleichzeitig der Vater ihres Freundes Win ist – Anya unschuldig in die Erziehungsanstalt Liberty einweisen lässt.

Nach einiger Zeit kann Anya aus der Erziehungsanstalt fliehen und sich in Mexiko auf einer Kakaoplantage verstecken. Während sie sich Sorgen um ihre Geschwister und ihren Freund Win in New York macht, lernt sie allerhand über Schokolade. Anya ist eine wahre Balanchine. Ihr wird klar, dass Schokolade ihr Schicksal ist. Doch was soll sie mit dieser Erkenntnis anfangen? Früher als gedacht muss Anya nach New York zurückkehren …

Ich habe Edelherb ebenso wie Bitterzart in kurzer Zeit verschlungen. Der Schreibstil der Autorin fesselt. Die Figuren der Geschichte verändern sich mit der Zeit, und so lernt man nicht nur Einiges über Schokolade, sondern auch über Menschen. Anya wird aufgrund ihres Nachnamens verurteilt. Er ist ein Fluch. Überall ist sie nur die Tochter eines Mafiabosses, sie kann dem Familiengeschäft nicht entfliehen. Deshalb steht Anya vor einer Entscheidung: Soll sie ihre Stellung in der Familie nutzen und das Beste daraus machen? Oder weiter unter ihrer Herkunft leiden? Dabei geht es nicht nur um sie selbst. Ihre Geschwister könnten durch sie in Gefahr geraten.

Auch am Ende des zweiten Bandes ist noch alles offen. Deshalb hoffe ich, dass der dritte Band bald veröffentlicht wird!

Juliane (14)

Gabrielle Zevin: Edelherb, Übersetzung: Andrea Fischer, Fischer FJB, 2013, 528 Seiten, 16,99 Euro

[Jugendrezension] Kann man Glück stehlen?

bücherdiebinAls ich Die Bücherdiebin von Markus Zusak in einer Buchhandlung entdeckte, las ich zunächst nur den Klappentext und legte das Buch wieder zurück. Doch Liesels Geschichte und das Buch gingen mir nicht mehr aus dem Kopf, und ein paar Tage später ging ich in die Stadt und kaufte es mir. Eine sehr gute Entscheidung, wie ich rückblickend sagen muss! Die Bücherdiebin ist eins von den Büchern, die man gelesen haben sollte.

In dem Roman geht es um Liesel Meminger. Zu Beginn der Geschichte ist sie neun Jahre alt und lebt im Jahr 1939. Da ihr verstorbener Vater Kommunist war, gibt Liesels Mutter sie und ihren kleinen Bruder Werner zu Pflegeeltern, um sie zu schützen. Aber ihr Bruder kommt niemals dort an und verstirbt auf dem Weg. Auf seiner Beerdigung findet Liesel ihr erstes Buch im Schnee. Obwohl sie nicht lesen kann, steckt sie es ein. Ihr Pflegevater bringt ihr das Lesen bei, und Wörter werden zum Einzigen, das Liesel in diesen Tagen Mut und Hoffnung schenkt. Fortan stiehlt sie Bücher und teilt ihre Schätze mit anderen. Im Schutzbunker liest sie den Nachbarn vor. Irgendwann beschließt sie auch, ihre eigene Geschichte aufzuschreiben. Doch das Buch ist nicht aus Liesels Sicht erzählt. Der Erzähler ist der Tod. Seine Wege haben die des jungen Mädchens so oft gekreuzt, dass er sie ins Herz schließt und ihre Geschichte weitererzählt.

Die Idee, die Geschichte aus der Sicht des Todes zu schildern, fand ich sehr originell. Das Buch ist an vielen Stellen lustig, aber auch oft nachdenklich und traurig. Liesel wird älter. Ihr Leben geht durch Höhen und Tiefen, und der Leser leidet mit ihr. Ihre Geschichte hilft, die Handlungen, Ängste und Probleme der Menschen im Dritten Reich besser zu verstehen. Außerdem wird bewusst, welche Macht Worte besitzen. Ich weiß nicht, ob Liesel ohne ihre Bücher – die ihr immer wieder Hoffnung schenkten – überlebt hätte. Liesel übersteht Bombennächte und sieht, wie Juden nach Dachau verschleppt werden. Doch das Buch ist nicht traurig. „Markus Zusak hält mühelos die Waage zwischen Ernst, Angst, Hass und Humor“, so die Jury, die für Die Bücherdiebin den Deutschen Jugendliteraturpreis 2009 verlieh. Dem kann ich mich nur anschließen!

Juliane (14)

Markus Zusak: Die Bücherdiebin, Buch zum Film, ausgezeichnet mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2009, Kategorie Preis der Jugendjury und dem Jugendbuchpreis Buxtehuder Bulle 2008. Übersetzung: Alexandra Ernst, Blanvalet, 7. Auflage  2009, 608 Seiten, ab 12, 9,95 Euro

bücherdiebinAb Februar 2014 wird es bei cbj das Buch zum Film geben, der im selben Monat ins Kino kommt.

Markus Zusak: Die Bücherdiebin, Buch zum Film, cbj, 2014, 592 Seiten, ab 12, 9,99 Euro

Reise zu den Wurzeln

ascheEin Mal im Jahr scheine ich ein Buch über Grabschändung und den perfekten Ort für eine Bestattung rezensieren zu können. War es im vergangenen Jahr der Roman von Boris Koch, so ist es nun Anke Webers Regenbogenasche. Vielleicht wird ja eine Tradition daraus…

Auch in Regenbogenasche geht es darum, einem Toten seinen letzten Willen zu erfüllen: Rhinas Vater ist bei einem Unfall gestorben. Seine große Sehnsucht war Namibia, und die fast 15-jährige Rhina setzt sich in den Kopf, seine Asche dorthin zu bringen und an dem schönsten Ort zu verstreuen. Zusammen mit ihrem Schulkameraden Unkas, schmiedet Rhina zunächst den Plan, die Urne unbemerkt auszubuddeln.
Später schließen sich die beiden Jugendlichen einer namibischen Kulturorganisation an, die Reisen in das afrikanische Land organisieren. Mit umgefüllter und eingefärbter Asche machen sich Rhina und Unkas auf nach Namibia.

Für Rhina ist diese Reise jedoch mehr, als nur den toten Vater an seinen Lieblingsort zu bringen. Sie war sieben als ihr Vater starb, seitdem vermisst sie ihn und kann irgendwie kein eigenes Leben beginnen. Unkas, der ihr bei diesem Abenteuer treu zur Seite steht, wird zu ihrem Vertrauten und besten Freund. Und je mehr Rhina über ihren Vater, seine Herkunft und seinen Tod herausfindet, um so mehr wandelt sie sich zu einem freien Mädchen, das ihren eigenen Lebensweg geht und die Liebe kennenlernt.

Anke Weber schafft es auf faszinierende, fesselnde Art und Weise, die Gegensätze von Leben und Tod in einem spannend Road-Roman zu vereinen. Sie macht jugendlichen Lesern deutlich, dass das eigene Leben von dem der Eltern mehr beeinflusst wird, als man so manches Mal meint oder es sich wünscht. Die Schatten der elterlichen Vergangenheit legen sich immer auch auf das Leben der Kinder. Weber erzählt das jedoch mit einer Leichtigkeit und dem exotischen Touch der namibischen Wüste, das man ganz gebannt Rhinas gesetzwidrige Grabschändung akzeptiert, mit ihr liebt, leidet und sich schließlich freut, als sie in Namibia nicht nur ihr Ziel erreicht, sondern auch eine große Überraschung erlebt.

Regenbogenasche variiert das Thema Grabschändung auf eine fast unbeschwerte Art und zeigt, wie wichtig es für Jugendliche ist, über die Herkunft und die Traumata der Eltern aufgeklärt zu werden. Jeder Mensch hat zwar durchaus ein Recht auf Geheimnisse, doch sobald diese sich auf die Nachkommen auswirken, haben diese wiederum ein Recht, sie zu erfahren. Erst dann können Jugendliche sich bewusst entscheiden, wie sie ihren eigenen Lebensweg einschlagen. So wie Rhina, die ihr Glück und ihren inneren Frieden erst findet, als sie das Geheimnis ihres Vaters gelüftet hat und den toten Vater am richtigen Ort weiß. Damit macht sie jugendlichen Lesern Mut, sich den eigenen Familiengeheimnissen zu stellen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Der düstere Tod wandelt sich in diesem Buch zu einer kunterbunten Liebeserklärung an das Leben.

Anke Weber: Regenbogenasche, Ueberreuter, 2013, 256 Seiten,  ab 12, 12,95 Euro