Über Ulrike Schimming

Ulrike Schimming übersetzt Literatur – von Kinder- und Jugendbüchern bis zu Graphic Novels und Comics – aus dem Italienischen und Englischen und arbeitet als freie Lektorin. Dieses E-Magazin entstand aus ihrer Arbeit für die Jugendzeitschrift stern Yuno. Hier stellt sie Neuerscheinungen oder Klassiker der Kinder- und Jugendbuchliteratur vor, Graphic Novels oder Buch-Perlen, denen sie ein paar mehr Leser wünscht. Weitere Infos zu Ulrike Schimming finden Sie unter www.letterata.de

Die Schuld der Väter

Vaters Befehl oder Ein deutsches MädelWeit weg und doch immer noch nah ist die Zeit des Dritten Reiches. Aber die Generation, die noch unmittelbar davon berichten kann, stirbt aus, seien es die Opfer des Naziterrors, als auch die Täter, als auch ihre Kinder. Die Stimmen, die erzählen können, was damals vor sich ging und wie es sich anfühlte, in einer Diktatur groß zu werden, verstummen langsam.

Umso besser, dass Elisabeth Zöller eine wirklich beeindruckende Geschichte zu genau diesem Thema geschrieben und so eine dieser Stimmen festgehalten hat. Vaters Befehl oder Ein deutsches Mädel handelt von der 15-jährigen Paula, einer begeisterten Anhängerin des Führers. Stolz präsentiert sie der Familie eine signierte Ausgabe von Hitlers Mein Kampf, sie wird Schaftführerin beim BDM und glüht für das nationale Deutschland. Sie schwärmt für den schneidigen Werner und ist der ganze Stolz ihres Vaters, einem Polizeimajor in Münster.

Doch Paula ist auch mit Mathilda befreundet. Aber schon seit zwei Jahren kommt Mathilda nicht mehr in die Schule, und jetzt erfährt das Mädchen nach und nach die wahren Gründe für das Fehlen der Freundin. Mathilda ist Halbjüdin, und die Stimmung im Land wird Juden gegenüber immer feindseliger. Zunächst merkt Paula noch nicht viel davon, doch Mathilda führt ihr vor Augen, was die gelben Bänke in der Stadt bedeuten und dass immer mehr Menschen verschwinden. Auch Mathilda muss weg und kann sich nicht mehr mit Paula treffen. Die Mädchen richten einen geheimen Briefkasten in einem Baumloch ein und schicken sich so immer noch Nachrichten.

Dann zieht Paulas Familie in eine prachtvoll ausgestattete Villa, der Vater ersteigert einen echten Rembrandt, und immer mehr wundert sich die Ich-Erzählerin über diese Veränderungen, denn reich ist die Familie eigentlich nicht. Paula wird misstrauisch, aber noch hat sie Vertrauen zu ihrem Vater. Und so erzählt sie ihm von den „Swingheinis“, deren Laden Werner hochgehen lassen will. Ein paar Tage später entdeckt sie, dass der Vater einen der Jungen der Swingbewegung verhört und misshandelt hat, obwohl er versprochen hatte, ihm nichts zu tun.

Paulas Misstrauen wächst. Sie wird immer aufmerksamer, was in ihrer Umgebung passiert. Die wenigen Brief von Mathilda, die sie noch erreichen, tragen mehr und mehr den Schrecken der Judenverfolgung in Paulas Alltag. Mathildas Familie ist untergetaucht. Dann wird auch noch Paulas Geschichtslehrer verhaftet, der den Kindern das selbstständige Denken beibringen will.

Irgendwann bekommt Paula ein Telefonat des Vaters mit, in dem er die Deportation von Münsteraner Juden vorbereitet. Als es soweit ist, schleicht sie ihrem Vater hinterher, in der Hoffnung, Mathilda am Bahnhof zu treffen. Doch die Freundin ist nicht dabei. Zuhause erwartet sie der wutschäumende Vater – und die Situation eskaliert.

In einer ganz klaren, fast nüchternen Sprache erzählt Elisabeth Zöller von Paulas Schicksal, das auf einer authentischen Geschichte beruht. Anfang 2005 hatte eine alte Dame die Autorin angerufen und sie gebeten, ihre Jugenderlebnisse aufzuschreiben. Diese alte Dame, die nicht namentlich genannt werden wollte, hatte den dringenden Wunsch, dass die Geschichte über die Kinder der Täter bekannt würde. Auch wenn die alte Dame das Erscheinen dieses Buches nicht mehr erlebt hat, können wir ihr für ihren Mut dankbar sein, von ihrem Schicksal berichtet zu haben. Denn Elisabeth Zöller ist es hervorragend gelungen, Paulas kontinuierlichen Wandel von der Nazi-Anhängerin zur Kritikerin eindringlich darzustellen. Langsam und fast unmerklich schleicht sich der Horror der damaligen Zeit in die Geschichte und in Paulas Leben. Die Auseinandersetzung mit dem Vater erweitert diesen politischen Roman um eine grausame psychologische Komponente. Denn der Feind ist nicht nur das System draußen vor der Tür, sondern der eigene Vater. Erschreckend deutlicht wird die deutsche Bürokraten-Mentalität, als der Vater Paula die Regeln für ein korrektes Verhör aus der Kladde vorliest. Und dann in seiner Wut bei der eigenen Tochter über die Strenge schlägt und sie mit dem Lineal fast totprügelt. Das ist verdammt beklemmend, aber gleichzeitig ist Vaters Befehl ein großes und wichtiges Buch über den Alltag in einem Nazi-Haushalt. Ein Buch, das in seiner schnörkellosen Erzählart deutlich macht, dass wir Rassenhass, Verfolgung und Holocaust nie wieder zulassen dürfen. Nirgendwo.

Für junge Leser, die mit dem Thema Nationalsozialismus noch nicht vertraut sind, gibt es im Anschluss an die Geschichte ein Glossar, das die wichtigsten Begriffe, Organisationen, Namen und Vorgängen der Zeit erklärt. Dieses gründlich recherchierte Buch eignet sich bestens für anschauliche Unterrichtsdiskussionen.

Elisabeth Zöller: Vaters Befehl oder Ein deutsches Mädel, Fischer Schatzinsel, 2012, 268 Seiten, ab 12, 12,99 Euro

Wie es sich gehört

Deutschland ist ein Land im Krieg, doch dieser Krieg findet nicht in diesem Land statt, sondern weit weg in Afghanistan. Doch wie auf der Jugendbuch-Tagung in Tutzing Anfang Juni diskutiert wurde, brauchen auch Kinder und Jugendliche ohne solche Erfahrungen Literatur über den Krieg, selbst wenn er für uns weit weg ist. Die Wissenschaft unterteilt die Kriegsromane in ganz unterschiedliche Gattungen: Frontroman, Lazarettroman, Etappenroman, Heimkehrerroman, Kriegsopferroman, Fluchtroman oder Heimatfrontroman. Für jede Facette des Grauens ist also was dabei. Fragt sich nur, was man den Kindern und Jugendlich davon zumuten soll.

Eine fast schon poetische, dafür aber nicht minder bedrückende Variante hat die Holländerin Joke van Leeuwen geschrieben. In Als mein Vater ein Busch wurde und ich meinen Namen verlor erzählt sie die Geschichte des Mädchens Toda. In einem nicht genannten Land ist im Süden Krieg ausgebrochen – „die einen kämpfen gegen die anderen“. Todas Vater wird eingezogen und lernt sich zu tarnen. Kurzfristig passt die Großmutter auf das Mädchen auf, doch dann wird es auch Zuhause zu gefährlich. Toda soll über die Grenze ins Nachbarland, wo ihre Mutter schon seit vielen Jahren lebt.

Auf dem Weg in die Sicherheit erlebt Toda die unterschiedlichsten Abenteuer: geldgierige Schlepper, eitle Generäle, pseudohilfsbreite Mütter, Großmütter, die sich nach ihren Enkeln sehnen, Deserteure, Bürokratenirrsinn. Toda erzählt von ihren Ängsten während der Flucht, schlägt sich in einem fremden Land durch, in dem eine ihr unbekannte Sprache gesprochen wird, und entlarvt bei alldem das widersinnige Verhalten der Erwachsenen, ihren unnützen Anspruch an Mut, Kraft und Stolz. Am Ende schafft Toda es zu ihrer Mutter und kann auf eine Rückkehr zu Vater und Großmutter hoffen.

Dieses schmale Buch, eine Mischung aus Flucht- und Etappenroman, ist sicherlich keine leichte Unterhaltungslektüre, dafür aber eine großartige Reflexion über kriegerisches Verhalten – nicht nur im Krieg, sondern in unser aller Alltag.

Joke van Leeuwen: Als mein Vater ein Busch wurde und ich meinen Namen verlor, Übersetzung: Hanni Ehlers, Gerstenberg Verlag 2012, 128 Seiten, ab 10, 12,95 Euro

Worte zu Bildern

tipp tappLernen in Verbindung mit Technik übt eigentlich auf alle Altersklassen immer wieder eine gesteigerte Faszination aus. Das ist jedenfalls meine ganz persönliche, sicherlich nicht repräsentative Beobachtung. Gerade am Anfang kann man die Finger nicht von dem neuen Spielzeug lassen, meint, vermeintlich besser und schneller zu lernen, als antiquiert mit Büchern, Stift und Papier. Meist verfliegt der Reiz des Neuen ganz schnell, und der Computer wird wieder für angeblich vergnüglichere Dinge benutzt.

Ein interaktives Lernspiel aus diesem Frühjahr hat jedoch gute Chance zu einem Dauerbrenner zu werden: Das interaktive Bildwörterbuch tipp tapp der französischen Illustratoren und Grafiker Boisrobert und Rigaud. Schiebt man die mitgelieferte CD in einen Computer (PC oder Mac), öffnet sich ein Programm, mit dem der Nutzer/die Nutzerin Worte tippen kann. Hört sich erstmal langweilig an. Doch bei jedem Wort, das richtig eingetippt wird, ploppt auf dem Bildschirm die entsprechende Figur oder der jeweilige Gegenstand auf. Und wie von Zauberhand entsteht nach und nach ein Bild. Das Bilderbuch zeigt, welche Dinge auf dem Bildschirm auftauchen können: Mädchen, Junge, Berge, Kühe, Schafe, Bäume, Grashalme, Kleingetier und vieles mehr.

Doch dabei bleibt es nicht, denn das Getier bewegt sich: Schnecken kriechen durchs Bild, Mücken sausen herum, alles ist irgendwie in Bewegung. So entstehen Landschaften, Flüsse, Bauernhöfe, Picknick-Partys, Fantasiewelten. Tippt man „Winter“ oder „Herbst“ ein, verlieren die Bäume beispielsweise die Blätter oder verändern ihre Farbe. Lässt man es regnen, schneien oder stürmen, weht es schon mal die Figuren um. Herrlich! tipp tapp ist wie eine Wundertüte, die unzählige Überraschungen bereithält.

Der Stil der Illustrationen, sowohl im Buch als auch der Figuren auf dem Bildschirm, erinnern mich an Bilder, die man in früheren Zeiten aus Pergamentpapier gebastelt hat. Leicht und durchscheinend sehen die Figuren aus. Überlagern sich zwei Farben, entsteht eine dritte. Die reduzierten Formen aus Kreis, Dreieck und Viereck, verleihen den Figuren abstrakte Klarheit. Überflüssig zu sagen, dass man auch die Farben verändern kann, indem man „rot“ oder „blau“ usw. eingibt.

Die Ergebnisse einer Session kann der Künstler, Schüler, Spieler abspeichern und ausdrucken. So geht nichts von dem Lern- und Spielspaß verloren. Das Bildwörterbuch selbst kann natürlich unabhängig vom Computer als Bilderbuch angeschaut und durchgeblättert werden. Die Geschichten dazu muss man sich dann eben selbst ausdenken …

Manche Worte scheinen mir für die kleinen Computerfreaks fast ein wenig zu lang zu sein, wie beispielsweise „3 FEUERWERKSRAKETEN“, doch hat man sich durch diese Bandwurmworte getippt, wird man mit einem ganz entzückenden Feuerwerk belohnt. Aber wahrscheinlich ist der Lerneffekt so groß, dass gerade auch solche Wortmonster so anregend sind und solch eine Herausforderung darstellen, dass man eben immer weiter mit tipp tapp macht, bis man alle Varianten durchprobiert hat. Mit so einem Programm macht Lernen also nicht nur Laune, sondern auch noch Kunst.

Anouck Boisrobert/Louis Rigaud: tipp tapp. Mein interaktives Bildwörterbuch, Jacoby & Stuart 2012, 48 Seiten mit CD-ROM, ab 4, 19,95 Euro

Von fremden Welten

Zugegeben, ich liebe Atlanten. In Momenten, in denen ich nicht durch unbekannte Gefilde fahren oder wandern kann, bieten mir die geografischen Karten unendliche Möglichkeiten, auf Reisen zu gehen. Dann durchstreife ich fremde Städte, erklimme Gebirgszüge, folge Küstenlinien und Flussläufen. Manche Orte, an denen ich schon mal war, erkenne ich wieder (es sind die wenigsten). Alle anderen befeuern meine Fantasie und die Sehnsucht, vielleicht einmal dorthin zu gelangen.

Ähnliches ist mir jetzt mit einem sehr ungewöhnlichen und sehr schönen Atlas passiert, dem Atlas der fiktiven Orte. Hier gibt es „Karten“ der anderen Art. Sie zeigen keine realen Orte, sondern – wie der Titel schon sagt – 30 erfundene Städte, Länder und Welten aus Literatur, Theater, Film und Fernsehen. Es handelt sich dabei um collageartige Illustrationen von Steffen Hendel, die den Leser nach Avalon, Xanadu, Springfield, aber auch Gondor und auf die Schatzinsel entführen. Die Illus setzen sich aus Fotos, Grundrissen, realen Flussläufen und grafischen Elementen zu Fantasiekarten zusammen. Viele kleine, überraschende Details entdeckt man erst bei genauem Studium.

Die Karten und die zugrundeliegenden Werke erläutert der Komparatist Werner Nell. In seinen literaturwissenschaftlichen Aufsätzen ordnet er die Bedeutung der Orte in der jeweiligen Geschichte ein, referiert kurz deren Inhalt und stellt Bezüge zu anderen Werken, Genres und gesellschaftlichen Phänomenen her. So regen nicht nur die Karten zum fiktiven Reisen an, sondern auch Nells Analysen und Interpretationen beinhalten jede Menge Entdeckungspotential. In seiner Kombination aus Text und Illustration führt dieser Atlas dem Leser eindringlich vor Augen, dass der Mensch mit seiner Fähigkeit, sich fiktive Geschichten auszudenken, auch seinem tiefen Bedürfnis Ausdruck verleiht, eigene Welten zu erschaffen. So kann er immerhin im literarischen Rahmen ein bisschen Gott spielen.

Genau diese einzigartigen Welten jenseits unserer Realität tragen neben den Handlungen und den Figuren maßgeblich zur Faszination der Bücher, Theaterstücke oder Comics bei, die wir täglich verschlingen. Wir träumen uns weg oder freuen uns diebisch, wenn wir unsere Alltäglichkeiten dort gespiegelt oder aufs Korn genommen vorfinden. So habe ich in diesem Atlas alte Bekannte aus der Kindheit getroffen wie Lummerland und Entenhausen, bin mal wieder auf den Zauberberg gestiegen, habe Metropolis von einer anderen Seite kennengelernt und bin dann in die unbekannten Sphären von Utopia und der Sonnenstadt vorgedrungen. So ein Buch hätte ich mir zu Studentenzeiten gewünscht, als mein strukturalismusfixierter Professor über Orte in der Literatur monologisierte, ohne das der Funke für Literatur übersprang. Anregend geht anders, wie dieses Kompendium zeigt.

Als Nebenwirkung der gerade erlebten Fantasiereisen muss ich jetzt mit dem dringenden Bedürfnis leben, so schnell wie möglich auch die Originaltexte zu lesen, die ich bis jetzt noch nicht kenne. All die fremden Welten muss ich jetzt unbedingt selbst erkunden. Für ein Buch, das so etwas in mir auslöst, bin ich den beiden Autoren sehr dankbar.

Werner Nell/Steffen Hendel: Atlas der fiktiven Orte. Utopia, Camelot und Mittelerde. Eine Entdeckungsreise zu erfundenen Schauplätzen, Meyers, 2011, 160 Seiten, 29,95 Euro

Mitten ins Schwarze

Mit Bogenschießen habe ich bis jetzt eigentlich nicht so richtig etwas anfangen können. Ich weiß, dass es das gibt, dass es auch die östliche Variante des Zen-Bogenschießens gibt, aber das war’s auch schon. Doch dann landete das Sachbuch Mein Pfeil- und Bogenbuch von Wulf Hein bei mir, und ich wurde darauf gestoßen, wie sehr Pfeil und Bogen Teil des menschlichen Zivilisationsprozesses waren und heute beispielsweise auch noch Teil der Literatur sind. Kaum ein Fantasyroman kommt ohne Bogenschützen aus, man denke an Legolas im Herr der Ringe. Robin Hood wäre ohne Pfeil und Bogen nicht vorstellbar und erst damit rettet sich Katniss durch Die Tribute von Panem. Und googelt man den Begriff „Bogenschießen“ erhält man rund drei Millionen Treffer. Zudem ist Bogenschießen seit 1972 zudem eine olympische Disziplin. Da ist ganz gehörig etwas an mir vorbeigegangen …

Aufklärung bringt also nun Wulf Hein, Experte für experimentelle Archäologie und Archäo-Technik. In seinem Buch leitet er an, wie man sich Pfeil und Bogen selber bauen kann. Das richtige Werkzeug, das geeignete Holz, die besten Federn, das nötige Zubehör: Alles, was man für eine ordentliche Ausrüstung braucht, erklärt er ausführlich und leicht verständlich. Klassische Illustrationen – ebenfalls von Wulf Hein – veranschaulichen die Arbeitsschritte. Für handwerklich begabte Kinder beginnt der Spaß am Bogenschießen damit schon vor dem ersten Schuss.

Neben den praktischen Anleitungen macht der Blick auf die Geschichte und Entwicklung des Bogenschießens das Buch zu einer runden Sache. Die zehn goldenen Regeln mahnen zum richtigen Einsatz der potentiell gefährlichen Sportgeräte.

Dieses Buch ist so liebevoll gemacht, dass man sofort in den Wald laufen und die richtigen Stöcke suchen möchte. Bei all diesen sinnlichen Betätigungen – wie schnitzen, schneiden, schmirgeln, spannen, stecken, kleben – und anschließend beim konzentrierten Schießen mit den selbstgebauten Geräten bleiben Playstation, Wii oder Xboxen ganz bestimmt in der Ecke liegen.

Wulf Hein: Mein Pfeil- und Bogenbuch. Bogenbau für Kinder und Jugendliche, Verlag Angelika Hörnig, 2011, 207 Seiten, ab 8, 29,80 Euro

Die Bestie Mensch

Historische Romane haben mich schon in meiner Kindheit und Jugend fasziniert. Zwischen den Buchdeckeln auf vielen bedruckten Seiten konnte ich eintauchen in vergangene Zeiten, konnte mich wegträumen und erfuhr im besten Fall historische Fakten, die im drögen Geschichtsunterricht nie zur Sprache kamen.

Meine jüngste Zeitreise in die Vergangenheit führte mich nach Frankreich, ins Gévaudan im Jahr 1767. In ihrem Roman Wolfszeit rekonstruiert Nina Blazon in einer gelungenen Mischung aus Fakten und Fiktion eine Mordserie an Mädchen und Kindern. Eine Bestie treibt ihr Unwesen, zerfleischt und enthauptet ihre Opfer. Die Bewohner der Umgebung sind verunsichert. Ist es ein Mensch oder ein wildes Tier? Keiner hat die Bestie je gesehen. Gerüchte und Spekulationen verbreiten sich und dringen bis nach Paris und Versailles. Dort ist der junge Thomas Auvray, Zeichenschüler und Naturforscher an der königlichen Akademie, völlig von dem Untier fasziniert. Er skizziert, kombiniert und schafft es mit Verstand und Mut durchzusetzen, dass er an den offiziellen Jagden auf die Bestie teilnehmen darf.

In der Provinz begegnet er der schönen Grafentochter Isabelle. Das Mädchen ist traumatisiert, seit sie einem Angriff der Bestie entgangen ist. Thomas erhofft sich genauere Auskunft über die Bestie von ihr. Er gewinnt ihr Vertrauen und verliebt sich schließlich rettungslos in sie.

Blazon schafft aus diesem klassisch anmutenden Setting eine psychologische fundierte Aufklärungsgeschichte.  Der vernunftbegabte, aufklärerisch veranlagte Geist von Thomas trifft auf Aberglaube, Mythen und Volksglaube. Mit seiner Beobachtungsgabe sieht der junge Mann Zusammenhänge, die anderen verborgen bleiben. So löst er nicht nur das Rätsel um die Bestie, sondern kommt auch hinter das große Familiengeheimnis um Isabelle.

Über dem ganzen Roman hängt beständig ein Hauch von Mystery – die Fantasie gaukelt dem Leser trotzt Thomas’ heldenhafter Vernunft immer wieder vor, dass vielleicht doch eine Art Werwolf sein Unwesen treiben könnte. Doch Blazon gelingt es vorzüglich, diese Vermutung beständig neu zu zerstreuen und im Laufe der Geschichte deutlich zu machen, dass nicht die Wölfe die Untiere sind, sondern viel mehr der Mensch selbst zur Bestie werden kann.

Die nervenaufreibende Jagd mit ihren überraschenden Wendungen macht diesen Roman zu einem Pageturner allererster Güte, den man erst aus den Händen legt, wenn Thomas die Bestie entlarvt hat.

Nina Blazon: Wolfszeit, Ravensburger Buchverlag, 2012, 567 Seiten, ab 13, 17,99 Euro

Fantastische Faxen

Man könnte sich fragen, welche Relevanz Märchen heutzutage noch haben, jenseits der charakterbildenden Grimmschen Klassiker oder der romantisiert-verkitschten Disney-Versionen, die immerhin das Bedürfnis nach Evasion befriedigen. Wenn die Märchenprinzessin Petunia heißt und der Mondhase Flappi das Kommando übernimmt, dann bekommen Schloss, König, Drache und Co. ganz neuen Drive.

Gelungen ist diese herzerfrischende Märchenneuerung der britischen Moderatorin und Puppenspielerin Sue Monroe mit ihrem ersten Kinderbuch Prinzessin Petunia und der Mondhase Flappi von Krempel. Darin treibt die verwöhnte Göre P. F. Eigensinn, ihres Ranges Prinzessin am Hof von König Eugen und Königin Elsie, mit ihren ausgefallenen Wünschen die Eltern quasi zur Verzweiflung. Erst möchte das Kind einen Drachen mit allem Drum und Dran, verspricht, sich um ihn zu kümmern, doch kaum geht der Wunsch in Erfüllung, ist ihr der Feuerspucker schon wieder egal. Jetzt möchte P.F. einen Hasen, und zwar den Mondhasen. Ein Alptraum für alle Eltern.

P.F. bettelt wie verrückt, doch den Mond können auch Königs ihr nicht schenken. Brauchen sie aber auch nicht, denn eines nachts hält Flappi von Krempel, der Mondhase, von selbst Einzug ins Kinderzimmer. Und zeigt dem Prinzesschen, wie es ist, wenn man nicht nur an sich selbst denkt. Anstatt, dass die Königstochter von einem Helden errettet wird, muss sie selbst ran und den Vater aus den Fängen des neurotischen Nachbarkönigs befreien.

Flappi, der einen Hang zu Streifenstrumpfhosen und Kleptomanie hat, nennt P.F. respektlos „Pfuschpupsmädchen“ und mausert sich zu einem durchgeknallten Pippi-Langstrumpf-Wiedergänger des 21. Jahrhunderts. Dieser Hase ist einfach anbetungswürdig.

Monroes Einfälle sind ein Feuerwerk charmant-schräger Fantasie, vom zickigen Drachen mit Marzipan-Vorliebe, dem klauenden Hasen, der seine Beute in der Strumpfhose versteckt bis zu den liebenswert-trotteligen Königseltern. Die Übersetzung von Sigrid Ruschmeier trägt mit all den „voll blöööd“, „tollherrlich“ und „glitzerig“ zu einer frech-frischen Stimmung bei, die den Leser von der ersten bis zur letzten Seite bei Laune hält. Vervollkommnet wird dieses Lesefest durch die wunderbar kantigen Illustrationen von Pe Grigo, bei denen auch das Gummiband für die Königskrone nicht fehlt, und das Buch zu einem Gesamtkunstwerk machen.

Der Wandel Petunias von der verzogenen Göre zur netten, nicht mehr so ansprüchlichen Hasen- und Drachen-Freundin kommt ohne erhobenen Zeigefinger, dafür aber mit umso mehr Faxen und Spaß daher. Und das macht dieses Märchen extrem relevant.

Sue Monroe: Prinzessin Petunia und der Mondhase Flappi von Krempel, Illustration: Pe Grigo, Übersetzung: Sigrid Ruschmeier, Fischer Verlag, 2012, 136 Seiten, ab 8, 12,99 Euro

Endlich.

buddha 40 Jahre nach dem ersten Erscheinen in Japan bringt der Hamburger Carlsen Verlag nun den Manga Buddha von Osamu Tezuka heraus. Besser spät als nie, könnte man anfügen.

Doch vielleicht braucht auch alles seine Zeit, um angemessen gewürdigt zu werden. Carlsen veröffentlicht Tezukas Werk jedenfalls unter dem Label „Graphic Novel“, was vor ein paar Jahren wahrscheinlich nicht denkbar gewesen wäre.

Die Umetikettierung von Comics in Graphic Novel ist ein Phänomen der vergangenen Jahre und zeigt, wie sehr in deutschen Köpfen eigentlich immer noch das Vorurteil gegen den „Schund“ der Bildergeschichten herumgeistert. Comics, das sind Donald Duck, Micky Maus, Tim und Struppi, Asterix und Obelix – und somit angeblich nur was für Kinder (Donaldisten mal ausgenommen). Graphic Novels hingegen sind erwachsen, anspruchsvoll, gebildet und cool – also genau richtig für vermeintlich fortschrittliche Hipster. Und so verkaufen sich Comics und Mangas unter dem neuen Genre-Namen plötzlich besser und sind en vogue.

Auch wenn ich über diesen „Etikettenschwindel“ manchmal noch den Kopf schüttele, so soll er mir doch recht sein, wenn dadurch Bildergeschichten wie die von Osamu Tezuka endlich wertgeschätzt und ins Deutsche übersetzt werden.

Tezuka, der Schöpfer von Astro Boy und Kimba, der weiße Löwe, wird in Japan als „Gott der Manga“ verehrt. Ein Stellenwert, den hierzulande kein Comic-Zeichner bis jetzt erreicht hat. Seit ich vor Jahren Tezukas Pentalogie Adolf verschlungen habe, gehört er zu meinen persönlichen Favorits. Dementsprechend gespannt war ich auf den ersten Teil seiner Buddha-Biografie – und bin jetzt mal wieder so richtig angefixt.

In dynamischen Bildern, kräftigen Strichen und abwechselungsreichen Panels erzählt er in Band 1 von einer zutiefst ungerechten, hierarchischen Gesellschaft, in der das Kastensystem vor allem die Ärmsten der Armen knebelt. So hoffen die Menschen auf einen Erlöser, der sie aus ihrem unverschuldeten Elend befreien soll. Der Mönch Naradatta wird ausgeschickt, nach diesem Auserwählten zu suchen. Er trifft die Jungen Tatta und Chapra, die aus den untersten Kasten stammen. Gemeinsam entkommen sie mordenden Soldaten und gelangen in die Stadt Kapilavastu. Dort mehren sich die Anzeichen, dass ein Wunder kurz bevorsteht. Wenig später bringt Prinzessin Maya ihren Sohn Siddhartha zur Welt.

Wohin die Erzählstränge um Naradatta, Tatta und Chapra führen werden, bleibt in diesem ersten von insgesamt zehn Teilen natürlich unbeantwortet. Doch Tezukas humanistischer Anspruch ist schon hier sehr eindrücklich zu spüren. Unmenschlichkeit und Ungerechtigkeit stellt er an den Pranger. Dass er diese Geschichte vor über 40 Jahren gezeichnet hat, ist dem Werk in keinem Panel anzusehen, viel mehr reißen die augenzwinkernden Anspielungen auf die Gegenwart den Leser immer wieder aus der erzählten Zeit heraus und verweisen darauf, dass die Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft auch 2500 Jahre nach Buddha immer noch die Welt regieren.

Man muss kein Buddhist sein, um den Wert dieses Mangas schätzen zu können. Mit Band 1 startet ein beeindruckendes Werk der grafischen Literatur, das in keiner Comic-Sammlung fehlen darf. Nur gut, dass die nächsten Bände in kurzen Abständen erscheinen – dann dauert die Qual des Wartens nicht allzu lange.

Osamu Tezuka: Buddha, Bd.1 Kapilavastu, Übersetzung: John Schmitt-Weigand, Carlsen Verlag, 2012, 310 Seiten, 22,90 Euro

Kampf um Selbstbestimmung

meto das hausIn den vergangenen Monaten sind zahlreiche dystopische Romane auf meinen Schreibtisch gelandet. Manche habe ich gelesen, manche nach den ersten Seiten wieder zur Seite gelegt. Méto, der Auftaktband von Yves Grevets Trilogie, wanderte ziemlich lange von einer Ecke in die andere. Bis ich jetzt endlich anfing – und nicht mehr aufhören konnte.

Dabei ist die Geschichte eigentlich etwas sonderbar, geheimnisvoll und erstaunlich sperrig. Der 14-jährige Méto erzählt von seinen Erlebnissen im „Haus“. Wie er dorthin gekommen ist und was er vorher gemacht hat, weiß er nicht. Jetzt lebt er mit 63 anderen Jungen in eine Art Internat mit verschärften Regeln. Die Kinder sind nach Alter in Gruppen unterteilt, dürfen keine neugierigen Fragen stellen, müssen Sport treiben und nur eine gewisse Anzahl an Bissen pro Mahlzeit zu sich nehmen. Halten sie sich nicht an die Regeln der Cäsaren, ihrer Aufseher, drohen heftige Strafen: der Ohrfeigenkreis, Essensentzug und die Kühlkammer. Zudem werden die Jungen mit wachstumshemmenden Spritzen behandelt und mit Schlafmitteln ruhiggestellt. Kein Ort, an dem man gern ist oder der auf eine lustige Internatsgeschichte schließen lässt.

Im Laufe der Zeit stellt Méto sich immer mehr Fragen. Denn sobald ein Kind zu groß für das eigene Bett wird, muss es das Haus verlassen – und niemand weiß, was dann aus ihm wird. Der Ich-Erzähler fängt an zu forschen, sucht den Sinn hinter den harten Regeln und sehnt sich nach Freiheit und Selbstbestimmung. Er findet Verbündete, muss sich aber auch vor Verrätern und Monster-Soldaten hüten. Nach und nach organisiert er die Revolution und sieht sich plötzlich neuen Herausforderungen und Gefahren ausgesetzt.

Irritierend an diesem Roman sind verschiedene Aspekte. Der Handlungsort, also das Haus, ist irgendwie nicht fassbar. Die Zeit, irgendwann in der Zukunft, ebenfalls nicht. Grevet beschreibt kaum, weder Räumlichkeiten, noch Figuren und schon gar nicht die Gefühle der Jungen. Seine Sprache ist nüchtern und staubtrocken. Adjektive und geschmeidige Übergänge scheint er nicht zu kennen. Die Jungen, die allesamt altrömische Namen tragen, wirken unnahbar. Man bleibt als Leser fast ein wenig allein in diesem beklemmend düsteren Szenario und weiß zunächst nicht, mit wem man sich möglicherweise identifizieren soll. Und dennoch entwickelt die Geschichte einen Sog. Denn die vielen offenen Fragen und Geheimnisse um das Haus und die Gesellschaft, in der die Jungen leben, befeuern Fantasie und Neugierde des Lesers.

In dem Moment, wo die Revolution gelingt und die Jungen sich einen neuen Tagesablauf und einen neuen Umgang mit den zuvor versklavten Dienern überlegen müssen, kommt eine neue politische Note dazu. Méto und seine Mitstreiter stehen vor der Frage, ob man eine faschistoide Gesellschaft mit einem Schlag in eine freiheitlich-demokratische verwandeln kann. Dass das nicht so einfach ist, merken die Aufständischen, als sie beinahe die Bestrafungen ihrer eigenen Peiniger übernehmen. Hier liegt meines Erachtens das Bedeutsame der Geschichte, die jugendliche Leser zum Nachdenken und Diskutieren bringen wird.

Wie sich die Revolution und Métos Rolle darin weiterentwickelt, bleibt derweil offen. Denn im wohl spannendsten Moment der Geschichte, endet der erste Teil. Die Fortsetzung erscheint im kommenden Oktober. Bis dahin ist Geduld und ein langer Atem gefragt.

Yves Grevet: Méto – Das Haus, Übersetzung: Stephanie Singh, dtv/Reihe Hanser, 2012, 217 Seiten, ab 14, 14,95 Euro

Unvermisst

marit kaldhol allein unter SchildkrötenDer Mensch ist im Grunde allein. Aber der Mensch ist auch ein soziales Wesen. Und wird er von den anderen nicht gesehen, so stürzt ihn dies in quälende Seelenpein.

Über so einen Menschen schreibt die Norwegerin Marit Kaldhol in ihrem Roman Allein unter Schildkröten. In kurzen Texten lässt sie den 19-jährigen Mikke in Tagebucheinträgen von sich erzählen. Soweit eigentlich nichts Ungewöhnliches. Allerdings beschleicht den Leser auf den ersten 65 Seiten immer stärker das dumpfe, ungute Gefühl, dass bei Mikke etwas ganz gewaltig schief läuft. Oberflächlich scheint alles in Ordnung: Er begeistert sich für Biologie, betreut einen behinderten Jungen und ist gerade zum ersten Mal richtig verliebt. Sein Vater hat die Familie zwar vor Jahren verlassen, die Mutter aber eine neue Liebe gefunden. Mit seinem Stiefvater steht sich der Junge richtig gut. Aber trotzdem fühlt Mikke sich einsam, rutscht langsam in eine Depression und setzt seinem Leben schließlich ein Ende.

Kaldhol schildert dieses Drama unaufgeregt und in keiner Weise voyeuristisch oder reißerisch. Nachdem Mikkes Tagebuchaufzeichnungen enden, erinnert sich zunächst seine Mutter an ihn und auch an ihr eigenes Leben. Im dritten Teil des Buches verabschieden sich die Väter und Freunde mit Briefen von dem Jungen. So fügen sich im Laufe der Lektüre diese Stimmen wie ein Puzzle zusammen und zeichnen das Bild eines im Grunde lebenslustigen, sportlichen, gutaussehenden Teenagers, der aber einem modernen Werther gleich an der Welt leidet.

Die kurzen Kapitel wirken poetisch, sind aber vor allem von Mikkes philosophischen Betrachtungen über das Leben, das Sterben und die eigene Identität geprägt. Neben der Frage nach den Gründen für seinen Freitod regt gerade Mikkes Suche nach einer eigenen Persönlichkeit, nach einem Platz in der Gesellschaft, in der er sich so verlassen vorkommt wie das Gelege einer Meeresschildkröte, zum intensiven Nachdenken an. Der Leser wird dabei auf sich selbst zurückgeworfen, auf seine eigene Sicht der Dinge, ob er von anderen tatsächlich gesehen wird und ob er selbst die anderen wirklich sieht. Die Betrachtungen der Mutter und der anderen Figuren erweitern die Geschichte dann um die psychologische Dimension, die jedes Aufeinandertreffen von menschlichen Wesen zwangsläufig mit sich bringt. Man leidet mit den Menschen, die keine vorsätzlichen Fehler begangen haben, mit, weil man weiß, dass man einer von ihnen sein könnte.

So wird dieses schmale, stille Buch zu einer Lektüre mit Tiefe und Nachhall. In Zeiten von Krach, Oberflächlichkeit und Egozentrismus ein bewegender Kontrapunkt.

Marit Kaldhol: Allein unter Schildkröten, Übersetzung: Maike Dörries, mixtvision, 2012, 136 Seiten, ab 14, 12,90 Euro

Pflicht der Erinnerung

rosa winkelEigentlich hatte ich die Graphic Novel Rosa Winkel als leuchtendes Beispiel für gelungene Geschichtsaufarbeitung vorstellen wollen. Doch nachdem dieser Tage in St. Petersburg zwei Homosexuelle festgenommen wurden, weil sie sich offen zu ihrer sexuellen Neigung bekannt haben, hat die folgende Geschichte an trauriger Aktualität gewonnen.

Comic-Autor Michel Dufranne erzählt zusammen mit Comic-Zeichner Milorad Vicanovic und Kolorator Christian Lerolle die Geschichte des schwulen Andreas, der Anfang der 1930er Jahre in Berlin lebt. Er arbeitet als Werbezeichner, feiert, genießt das Leben, hat ein Verhältnis mit einem SA-Mann und sieht dem Aufstieg der Nazis eher gelassen entgegen. Anders seine Freunde, die durchaus den Umschwung gegenüber Homosexuellen spüren und vor Repressalien warnen.

So dauert es auch nicht lange, bis Andreas denunziert wird, Drohbriefe erhält, seinen Job verliert und eingeknastet wird. Die Behörden machen ihm das „Angebot“, sich kastrieren zu lassen. Andreas geht nicht darauf ein und erträgt viel mehr die Demütigungen und die Gewalt der Zellengenossen und Polizisten.

Als er nach vierzehn Monaten entlassen wird und glaubt, alles überstanden zu haben, steht plötzlich die Gestapo vor seiner Tür. Der Schrecken geht weiter und findet seine Steigerung im KZ Sachsenhausen, in das Andreas gebracht wird. Auch das übersteht er, jedoch als gebrochener Mann. Nach dem Krieg hofft er auf Anerkennung als Opfer der Nazi-Verfolgung, doch er muss feststellen, dass eine Inhaftierung aufgrund des Paragraphen 175 nicht als entschädigungswürdig angesehen wird. Denn die Entschädigung sei „für die echten Opfer vorgesehen“. Eine Feststellung die eigentlich schlimmer und verletzender ist, als die erlittenen Schmerzen vorher, und bei der man als Leser selbst heftig schlucken muss.

Auch im Nachkriegsdeutschland findet Andreas keine Ruhe und muss sich in eine Scheinehe mit einer lesbischen Freundin flüchten, um unbeschadet leben zu können. Die neugegründete Bundesrepublik behält 1949 den Paragraphen 175 immer noch bei. Das ist zuviel für Andreas und seine Frau. Sie gehen nach Frankreich.

Dem französisch-bosnischen Comic-Trio ist hier eine eindrucksvolle und zutiefst berührende Geschichte über die Verfolgung von Homosexuellen in der Nazizeit gelungen. Eingebettet in eine Rahmengeschichte der Gegenwart, sind die Kapitel schon durch ihre unterschiedliche Koloration eindeutig markiert: Das bunte Heute, wechselt zur sepiagehaltenen Schilderung der „Braunen Jahre“, um schließlich in den „Schwarzen Jahren“ zum ultimativ bedrückenden Schwarzweiß zu werden.

Ein kurzer Abriss zur Geschichte des Paragraphen 175 und der Diskriminierung Homosexueller klärt am Ende darüber auf, dass dieser schändliche Paragraph erst 1994 im wiedervereinten Deutschland endgültig abgeschafft wurde.

Rosa Winkel ist eine bewegende Erinnerung an das Unrecht, das Schwulen und Lesben angetan wurde, und eine Mahnung, so etwas nicht zu vergessen und vor allem nie wieder zu dulden. Auch nicht in Russland.

Michel Dufranne/Milorad Vicanovic: Rosa Winkel, Koloration: Christian Lerolle, Übersetzung: Edmund Jacoby, Jacoby & Stuart, 2012, 144 Seiten, 18 Euro

Mohnschnecke ahoi!

die wilden PiroggenpiratenWenn man so darüber nachdenkt, wie die Helden und Protagonisten in Romanen beschaffen sind, so sind es doch in der Mehrzahl Menschen, die die unterschiedlichsten Abenteuer erleben. Manchmal gehören die Figuren zu fantastischen Spezies wie Feen, Vampiren, Hobbits oder Engeln. Treten Tiere als Akteure auf, sprach man früher von Fabeln. Doch spätestens seit Lewis Carrols Alice im Wunderland oder Rudyard Kiplings Dschungelbuch können Tiere auch jenseits von belehrender Absicht Geschichten erzählen.

Ganz selten findet man Gemüse und Obst als Romanhelden. Gianni Rodari brachte 1951 Le Avventure di cipollino (Zwiebelchen) heraus, in dem ein Zwiebeljunge seinen Zwiebelvater aus dem Gefängnis befreien will und sich gegen die Ungerechtigkeiten der Welt auflehnt.

Bei meiner Recherche stieß ich dann noch auf Philippe Bertrands Der Krieg der Gemüse, in dem sich das Grünzeug die Köpfe einschlägt. Falls es weitere Romane mit essbaren Helden gibt, bitte ich um Aufklärung, aber mir ist beim Grübeln über dieses Thema schließlich nur noch Bernd das Brot eingefallen. Aber der ist TV-Star und kein Romanheld.

Mit diesem Exkurs möchte ich auf ein wirklich einzigartiges Buch aufmerksam machen, deren Protagonisten zur Gattung des Backwerks gehören. Ja, richtig gelesen: Backwerk. Also Krapfen, Laib Brot, Mohnstrudel, Honigkuchen, Eclair, Empanada, Wan Tan, Piroggen, Pelmen, Pumpernickel, Zwieback und was die Backstube noch so hergibt. Der lettische Autor Maris Putnins muss eine große Leidenschaft für Gebäck hegen, denn er lässt diese Leckerbissen in einer absolut wahnwitzigen Abenteuergeschichte agieren, in: Die wilden Piroggenpiraten.

Mohnschnecke Eloise aus Murseille, Tochter von Mohnstrudel und einer Wiener Mohnpotitze, ist eine gute Partie. Der Angestellte des Vaters, Eclair, ist rettungslos in sie verliebt. Doch eines Tages funkt das arrogante Hörnchen in Eclairs Liebesbemühungen und lädt Mohnschnecke auf seine Yacht ein. Diese wird von Piroggenpiraten geentert, Mohnschnecke entführt, Hörnchen über die Planke geschickt. Glücklicherweise landet der Schnösel in Eclais Ruderboot und kommt noch mal davon.

Was nun folgt, ist eine verwickelt komische Rettungsaktion: Eclair macht sich umgehend auf die Suche nach der Geliebten, schließt sich dafür sogar den erfolglosen Pelmen an und lässt nichts unversucht. Hörnchen wird von seinem geschäftstüchtigen Vater ausgeschickt, um die Mohntochter, die vermutlich auf dem Sklavenmarkt von Djadida verkauft werden wird, einfach zurückzukaufen und einen ordentlichen Gewinn zu machen.

Und das arme Opfer? Frauen an Bord bringen Unglück, hieß es früher in Seefahrerkreisen. Die Piroggenpiraten würden das möglicherweise ähnlich sehen, denn Mohnschnecke ist alles andere als das fügsame Opfer. Auf der Brigg ‚Speckkugel’ findet sie Gefallen an dem wilden Piratenleben mit der fetten Beute, und so stellt sie im Laufe der Geschichte das Leben der ungehobelten Piroggen gehörig auf den Kopf: Mohnschnecke zieht in die Kapitänskajüte, führt an Bord die ‚Hügjene’ ein, legt die damenhaften Kleider ab und schlüpft in Piratenklamotten. Dann übernimmt sie das Kommando …

Die unzähligen Irrungen und Wirrungen dieser drei Erzählstränge kann ich hier jetzt natürlich nicht aufführen oder gar verraten. Nur so viel muss gesagt werden: Das Backwerk bleibt nicht unter sich, denn es tummeln sich in diesen über 600 Seiten auch noch stinkiges Käsegebäck in Tschiesburg, kriegerische Blutwürste, die viel zu schnell ihre Füllung verlieren, und der Große Konditor, der alles geschaffen hat. Am Himmel strahlen der Große und der Kleine Bäckerwagen. Auf der Erde zeigen Groß- und Kleingebäck, was für eine Füllung in ihnen steckt (mein Favorit: Hippopotamusspeck). Und die Piraten schießen mit unreifen Pfirsichen, Dörrpflaumen oder grünen Kartoffeln aus allen Rohren.

Wie gesagt, etwas Vergleichbares ist mir noch nicht untergekommen. Dieses Buch ist ein Riesenspaß, eine Explosion der Fantasie. Die Wortschöpfungen von Übersetzer Matthias Knoll sind die humoristischen Sahnehäubchen in diesem Back- und Piratenuniversum. Dabei wirken die Analogien zur realen Welt in all der Leichtigkeit trotzdem wie ein kritischer Spiegel unserer Gesellschaft – und bringen den Leser im nächsten Moment gleich wieder zum Grinsen. Und was Mohnschneckes Durchgreifen und Erfindungsgeist angeht: Jack Sparrow kann einpacken.

Maris Putnins: Die wilden Piroggenpiraten. Ein tollkühnes Abenteuer um eine entführte Mohnschnecke und ihre furchtlosen Retter, Übersetzung: Matthias Knoll, Illustrationen: Karsten Teich, Fischer Schatzinsel, 2012, 652 Seiten, ab 10, 14,99 Euro

In memoriam

Unglaubliche Geschichten von ausgestorbenen TierenDer Mensch ist ein grausames Tier. Dort, wo er seinen Fuß hinsetzt, wächst kein Gras mehr. Zugegeben, das ist etwas überzogen, aber Fakt ist auch, dass der Mensch Schuld daran ist, dass viele Tierarten ausgestorben sind und immer noch aussterben.

Eine Hommage und Erinnerung an frühere Bewohner unseres Planeten haben die Illustratorin Hélène Rajcak und Autor Damien Laverdunt in einem eindrucksvollen Mix aus Comic und Bilderbuch herausgebracht: Unglaubliche Geschichten von ausgestorbenen Tieren. 27 Tierarten, darunter der Dodo, das Tretretretre, das Glyptodon oder der Sizilianische Zwergelefant, stellen sie jeweils auf einer Doppelseite vor. Legenden, Anekdoten, Geschichten über Expeditionen und Forscher wie Charles Darwin finden sich jeweils auf der linken Seite in einem Comic. Die Fakten zur ausgerotteten Tierart schließen sich rechts an, inklusive einer kleinen Vignette, die die jeweiligen Größenverhältnisse zum Menschen anschaulich macht.

Dass die Tiere nicht schon seit tausenden von Jahren von der Erde verschwunden sind, wird einem spätestens bei der Geschichte über den Chinesischen Flussdelphin klar. Noch 2006 haben Wissenschaftler nach ihm gesucht – vergeblich. Und das Artensterben geht weiter. So wird dieses Buch mit seinen klaren Zeichnungen und charmanten, aber auch überaus dramatischen und traurigen Geschichten zu einem eindringlichen Aufruf, sorgsamer mit der Natur umzugehen.

Vollgepackt mit Wissen erweitert dieses rundum schöne Buch den Horizont von kleinen und großen Lesern, allerdings ohne moralinsauer den Zeigefinger zu heben. So ein Sachbuch macht einfach Spaß.

Hélène Rajcak/ Damien Laverdunt: Unglaubliche Geschichten von ausgestorbenen Tieren, Wiss. Beratung: Cécile Colin/Luc Vives, Staatl. Naturkundemuseum, Paris, 
 Übersetzung: Sarah Pasquay, Verlagshaus Jacoby & Stuart, 2012, 
80 Seiten, ab 10, 18,95 Euro

Ein Fest für Augen und Ohren

Herzlichen Glückwunsch, kleines HuhnNeulich hatte ich seit langem mal wieder eine wohlige Gänsehaut. Als die ersten Takte von „Es klappert die Mühle am rauschenden Bach“ aus meinen Boxen tönten, ahnte ich, dass mich hier etwas ganz Besonderes erwartet. Nach einer knappen Stunde war ich völlig hingerissen.

Das Kinderliederbuch Herzlichen Glückwunsch, kleines Huhn! erzählt in 24 ganzseitigen Bildern und ebenso vielen Liedern auf einer beigelegten Audio-CD die Geschichte einer großen Party. Von der Mühle am Bach berichtet das Eichhörnchen Eddie in einer 24-Stunden-Übertragung aus dem Baum-Studio, wie sich Mutter Huhn auf den Schlupf ihres Kükens freut und alle Bewohner der Mühle eine zünftige Geburtstagsfeier vorbereiten. Zu den Gästen gehören allerdings nicht nur hiesige Zwei- und Vierbeiner, sondern auch Affe, Elefant und Krokodil.

Auf jedem der Bilder von Illustratorin Franziska Biermann gibt es Unmengen zu entdecken, von den Thymian-Töpfen, den Kokosnusstours bis zu den Spiegeleiern, die merkwürdigerweise auf dem Sonnenschirm brutzeln. Es wimmelt so unglaublich, dass man schon ganz genau hinschauen muss, um mitzubekommen, dass aus einem Ei plötzlich drei werden, aus denen kleine kroko-gänse-hühnchenartige Geburtstagskinder schlüpfen.

Die Musik zu den Bildern tut ihr Übriges, damit die Party richtig rockt. Altbekannte Kinderlieder, neubetextete Melodien und zwei Eigenkompositionen von Nils Kacirek und Franziska Biermann zeigen aufs Schönste, dass Kinderlieder alles anderes als getragen und eintönig sein müssen.

Das ist sicherlich keine neue Erkenntnis, aber die Arrangements zwischen Jazz, Swing, Country oder Latin von Nils Kacirek und Jörg Hochapfel packen die Zuhörer vom ersten Takt an. Da bleibt niemand auf dem Sofa hocken, sondern alles tanzt, wippt, hampelt. Denn die Bläsersätze grooven, das Akkordeon entführt nach Paris und das Katzenduett animiert zum Mitsingen.

Überhaupt singen: Man kann gar nicht anders, man muss einfach mitsingen. Das wird einem zusätzlich leicht gemacht, da Texte und Noten der Lieder mitgeliefert werden. Die Ausrede der mangelnden Textkenntnis zählt nicht mehr. Die Dichtungen von Hoffman von Fallersleben, Herder oder Matthias Claudius erklingen hier in zeitgemäßem Gewand. Das Spiel mit Texten und Melodien zeigt wie das Prinzip volkstümlicher Musik funktionieren muss: Aus Altbewährtem etwas Zeitgemäßes machen, das einen Bogen von Vergangenheit und Tradition zu den Bedürfnissen und Hörgewohnheiten der Gegenwart schlägt. Das ist hier vortrefflich gelungen.

Und das Schöne an diesen Liedversionen ist, dass man sie sich nicht so schnell überhört. Da wird es auch die Erwachsenen gar nicht stören, wenn die Kinder nicht mehr von Buch und Musik lassen können und die CD in die Endlosschleife schicken.

Franziska Biermann/Nils Kacirek/Susanne Koppe: Herzlichen Glückwunsch, kleines Huhn! Die 24 schönsten Kinderlieder zum Anschauen, Hören und Mitzwitschern! Carlsen, 2013, mit Audio-CD, ab 4, 19,95 Euro

Facebook-Tod und Hausbesetzung

Edvard ist 14 einhalb und hätte gern Haare auf der Brust. Außerdem ist er immer noch nicht im Stimmbruch, und Constanze will absolut nichts von ihm wissen. Keine gute Ausgangssituation für ein gelungenes Leben. Um an Constanze heranzukommen, hat er einen Facebook-Account gefakt und gibt sich dort als Jason aus Chicago aus. Constanze ist mittlerweile total in Jason verknallt, bombardiert ihn mit Anfragen und will schließlich sogar seine Telefonnummer. Das geht so gar nicht.

Edvard lässt Jason auf Facebook sterben. Jasons fiktiver Bruder James überbringt die Nachricht im Netz. Edvard glaubt, nun wieder Ruhe zu haben. Doch dem ist nicht so. Stattdessen richtet Constanze eine Gedenkseite für Jason ein und in kürzester Zeit steigen die Gefällt-mir-Klicks in die Hunderttausende. Alle wollen der Familie des Toten helfen und den angeblichen Ärztepfusch vor Gericht bringen. Die Angelegenheit verselbständigt sich immer mehr: Krankenschwester und Sanitäter werden interviewt, ein privates Spendenkonto wird eingerichtet und die Facebook-Freunde wollen unbedingt auf die eine oder andere Art helfen. Edvard ist völlig überfordert und stürzt sich erst einmal in ein anderes Projekt.

Sein merkwürdiger Nachbar, der immer die Haufen seines Pudels auf dem Bürgersteig liegen lässt, in die Edvard mit schöner Regelmäßigkeit reinlatscht, stellt sich als Astrophysik-Professor Tannenbaum heraus. Er ist Edvards großes Idol. Die beiden freunden sich an, der Professor gibt dem Jungen Nachhilfe-Unterricht.

Als Tannenbaum eines Tages verkündet, dass seine Vermieterin Eigenbedarf angemeldet hat und er aus seinem Geburtshaus ausziehen müsse, entwickelt Edvard ungewohnten Kampfeswillen und weckt auch in der Mutter die alte Revoluzzerlust. Gemeinsam mit Freunden besetzten sie Tannenbaums Haus, malen Transparente und erregen die Aufmerksamkeit der Presse. Schließlich bietet die Besitzerin dem Professor an, das Haus zu kaufen. Doch woher soll er so viel Geld nehmen?

Am Mittwoch, 28.9., 04:03 Uhr kommt Edvard die rettende Idee. Noch einmal wendet er sich als James über Facebook an Constance, die das private Spendenkonto verwaltet …

In den Einträgen eines Blogs erzählt der Held offenherzig und strunz-ehrlich von seinen Missgeschicken, Wünschen, Höhen und Tiefen – inklusive Allergieschock, Alkoholvergiftung und Knutschübungen mit einem Mädchen, das er eigentlich gar nicht will, bei dem er aber ständig einen Ständer kriegt. Mit anderen Worten: Edvard nimmt kein Blatt vor den Mund. Und das macht er so charmant und witzig, dass ich aus dem Lachen nicht mehr herausgekommen bin. Dabei versinkt Autorin Zoë Beck nicht im platten Slapstick, sondern stattet ihren Protagonisten mit einer ordentlichen Portion Selbstironie aus. In all diesem Chaos sucht Edvard seinen eigenen Weg, jenseits der kulturell auf- und abgeklärten Bestrebungen von Dirigenten-Vater und Galeristen-Mutter, und bleibt dabei ganz beharrlich bei seiner Leidenschaft, der vermeintlich drögen Astrophysik. Sein Vorhaben, Tannenbaum zu helfen, führt schließlich dazu, dass in der Mutter das Rebellentum der eigenen Jugend wieder aufbricht.

Und dieser Seitenhieb richtet sich an die Eltern der jugendlichen Leser: Beck hält der Erziehergeneration den Spiegel der eigenen Angepasstheit und Saturiertheit vor und erinnert sie an ihre eigenen Träume und Weltverbesserungsbestrebungen.

So sehr hier auf der einen Seite das Facebook-Phänomen in wunderschönster Weise ad absurdum geführt wird, umso mehr steckt in der Geschichte auch die Sehnsucht nach dem leidenschaftlichen Kampf für eine wahre und gerechte Sache. Sie macht aus diesem urkomischen Jugendbuch eine All-Age-Lektüre mit Tiefgang.

Zoë Beck: Edvard. Mein Leben, meine Geheimnisse, Baumhaus Verlag, 2012, 190 Seiten, ab 14, 12,99 Euro