Durch Neapel mit Patrizia Rinaldi

rinaldiDieses hier ist keine Rezension im üblichen Sinne, denn das könnte ich bei Die blinde Kommissarin von Patrizia Rinaldi gar nicht leisten. Dies hier ist viel mehr ein Werkstattbericht und ein Dank an die Autorin – denn sie hat mir bei der Übersetzung dieser Geschichte auf eine ganz entzückende Art geholfen.

Der Fall, den Patrizia Rinaldi erzählt, spielt in Neapel. Der Schlagersänger Jerry Vialdi ist ermordet worden. Drei Ermittler – ein Kommissar, ein Inspektor und die erblindete Blanca – treffen auf eine ganze Reihe von Frauen, die alle dem Charme des Sängers erlegen waren und die alle durchaus ein Motiv haben. Blanca, die zwar seit einem Feuer in ihrer Kindheit nicht mehr sehen kann, zeichnet sich durch ihr feinfühliges Gespür für Stimmungen und Tonlagen aus. Doch hinter dem Tod Vialdis steckt mehr als pure Eifersucht …

rinaldi2Eine weitere Hauptrolle in Rinaldis Geschichte übernimmt die Stadt Neapel. Die Autorin ist dort geboren, lebt dort mit ihrer Familie und liebt diese Stadt über alles. Diese Liebe ist in all den Beschreibungen der Örtlichkeiten, an denen sich ihre Figuren bewegen, ganz deutlich zu spüren. Und diese Liebe machte mich neugierig auf eine Stadt, die ich noch nicht kannte. So bin ich im Zuge der Übersetzung nach Neapel gereist, um mir so viele der Lokalitäten wie möglich persönlich anzuschauen, die in dem Krimi wichtig sind. Da ich zudem einige Fragen an die Autorin zu ihrem Text hatte, der im Italienischen sehr schön klingt und funktioniert, im Deutschen jedoch manchmal unklar blieb, habe ich Patrizia Rinaldi kontaktiert. Und sie schließlich im vergangenen September getroffen.

rinaldi3Begegnungen mit Autoren sind ja grundsätzlich schon interessant, aber die zwei Tage, die ich mit Patrizia Rinaldi verbracht habe, waren extrem schön und aufschlussreich.
Mit dem Auto holte sie mich aus der Innenstadt ab und zeigte mir dann ihre Ecken Neapels, die man als Tourist nicht sofort aufsuchen würde: das Gelände der alten Stahlfabrik ILVA, die Ruine des Palazzo Donn’Anna, den Parco di Villa Avelino in Pozzuoli, Nisida aus der Ferne, den Coroglio. Wir spazierten über den Ponte Nord und genossen den Blick auf Meer und Inseln, wir erkundeten den noch blubbernden Vulkan La Solfatara – zusammen mit einem etwa 90-jährigen Führer, der zwar kaum noch stehen konnte, fast nichts mehr hörte, aber für „seinen“ Vulkan brannte und uns eindrucksvoll mit einer glimmenden Zeitung die Rauchentwicklung im Gestein vorführte. Es folgten ein Besuch beim Sibyllinischen Orakel und in der alten römischen Therme von Baiae mit dem unglaublichen Merkur-Tempel. Bei all dem erzählte Patrizia Rinaldi eine Geschichte, eine Anekdote nach der anderen – ich gebe zu, mir schwirrte der Kopf nach diesen Treffen –  die ich gar nicht alle auf einmal behalten konnten. Daneben haben wir dann beim Essen und manchmal direkt vor Ort meine Fragen zu ihrem Text geklärt, so dass ich jetzt hoffe, dass Die blinde Kommissarin genau die Liebe zu Neapel transportiert, die auch im Original vorhanden ist und mit der mich die Autorin so angesteckt hat, dass ich sicherlich in die Stadt am Golf zurückkehren werde.

Vorauf ich bei der Produktion der deutschen Ausgabe keinen Einfluss hatte, waren der Titel und das Cover des Buches. Mit beidem bin ich ein wenig unglücklich, denn manchmal kommt meine Pingeligkeit durch und dann muss ich einfach sagen, dass Blanca zwar blind, aber keine Kommissarin ist. So wird sie im ganzen Text nicht einmal genannt. Im Original ist sie „sovrintendente“, also Polizeihauptmeisterin, was unschreibbar für den italienischen Kontext ist. Also ist es bei Sovrintendente geblieben. Ein kurzes Glossar am Ende des Buches erklärt einige italienische Begriffe.
Das Bild auf dem Cover hat leider so absolut gar nichts mit Neapel zu tun. Mag der Titel den Verkauf vielleicht fördern, weil er knackig ist und mit Blancas Handikap „spielt“, kann ich die Motivwahl nicht recht verstehen. Dieser Krimi spielt in einer sehr faszinierenden Großstadt, von der es ebensolch faszinierenden Fotos gibt. Das Cover jedoch, das zwar ein eindrucksvolles Foto und sehr italienisch ist, hat damit jedoch so viel zu tun wie Brandenburg mit Hamburg. Nun ja, ich bin gespannt, ob sich das irgendwie niederschlagen wird.

In jedem Fall war für mich die Arbeit an diesem Buch etwas Besonderes und Unvergessliches, und dafür sage ich: Grazie mille, Patrizia!

Nachtrag am 10.5.14: Wie mir heute morgen über Facebook zugetragen wurde, gibt es für die italienische Originalausgabe des Buches – „Tre, numero imperfetto“ – auch einen Buchtrailer von Ciro Orlandini:

 

Patrizia Rinaldi: Die blinde Kommissarin, Übersetzung: Ulrike Schimming, Ullstein TB, 2014, 224 Seiten, 8,99 Euro

Valentina F. – Es geht weiter!

2L8Mädels, ganz ruhig bleiben! Das Buch 2L8 – too late von Valentina F. ist noch nicht erschienen – es kommt erst am 22.1.2015 in die Buchläden. Und trotzdem möchte ich es schon mal kurz verkünden: Der vierte Teil von Valentina F.s Geschichte um Vale, Marco und Mirko ist auf dem Weg.

Nach ZDOZM – Zu dir oder zu mir und SGUTS – Schlaf gut und träum süß habe ich auch diesen Teil übersetzt. Dem war eine wahrlich lange Durststrecke vorausgegangen, weil es in Verlagen nun manchmal so ist, dass Wichtigeres ansteht, dass verhandelt wird, mit italienischen Verlagen kann sich das immer noch einen Schlag länger hinziehen, was auch immer …
Was mir allerdings zum ersten Mal passiert ist, war, dass eine ganze Reihe von Leserinnen mich kontaktiert haben, per Mail, per Facebook, per Twitter – also auf der ganzen Bandbreite der sozialen Netzwerke. Lange wusste ich selbst nicht, wie der Stand der Dinge war, konnte keine guten Nachrichten verbreiten. Die Anfragen der Leserinnen habe ich immer in das Jugendbuchlektorat des Fischer Verlags weitergeleitet. Auch dort gingen in den vergangenen Jahren so viele Fragen nach der Fortsetzung ein, dass schließlich im vergangenen Winter das Buch auf meinem Schreibtisch zum Übersetzen landete. Die Übersetzung ist mittlerweile fertig und muss noch lektoriert und Korrektur gelesen werden.
Seit dieser Woche ist das Buch mit dem Titel 2L8 – too late auch bereits bei Amazon gelistet. Zwar nicht, wie ich zuerst dachte, mit einem Erscheinungstermin im Herbst, sondern erst im nächsten Januar. Aber hey, die Zeit fliegt – und bis Januar haben alte und neue Valentina-F.-Fans  genug Zeit, die Vorgänger-Bände (noch einmal) zu lesen und sich auf den Stand der Geschichte um Vale, Marco und Mirko zu bringen.

Vom Inhalt aus Band 4 verrate ich hier natürlich nichts, nur dass Valentina F. es echt spannend gemacht hat, wie es mit den beiden süßen Jungs in Rom weitergeht. Freut euch schon mal drauf!

Valentina F.: 2L8 – Too late, Übersetzung: Ulrike Schimming, Fischer Sauerländer, 2015, 304 Seiten, ab 12, 8,99 Euro

[Jugendrezension] Vergänglichkeit, Liebe und Veränderung

sommernachtszauberCaroline – in Ellen Alpstens Roman Sommernachtszauber – studiert Schauspiel und wartet auf ihre erste Rolle. Durch Zufall wird sie von einem Regisseur entdeckt, der Romeo und Julia in einem sehr alten, verlassenen Theater neu auf die Bühne bringen will. Sie bekommt die Rolle der Julia und lernt bei heimlichen Proben in der Nacht Johannes kennen. Er ist ein Geist der 1935 in eben diesem Theater auf der Bühne starb, als er den Romeo spielte.

Johannes hilft Caroline beim Proben und die beiden verlieben sich ineinander. Doch es gibt einen Haken an der ganzen Sache und ihre Liebe gerät in Gefahr.

In einer Nebenhandlung geht es um Carolines eigentliche beste Freundin Mia, die sich ebenfalls als Julia beworben hat, aber nur als Kostüm-und Maskenbildnerin eingestellt wurde. Seitdem entfernen sich die beiden Mädchen von einander und das nicht zuletzt deswegen, weil Mia etwas mit ihrem Agenten anfängt, der mindestens 20 Jahre älter ist als sie.

Das ganze Buch besteht aus mehr oder weniger großen Geschichten, die alle ineinander fließen, was das Buch sehr interessant zu lesen macht.

Die meiste Zeit spielt das Buch im Theater und beschreibt wunderbar das Leben und Arbeiten dort. Die Geschichten von Johannes und Caroline sind perfekt aneinander gefügt und bilden eine ganz besondere und spannende Geschichte.

Was mir dagegen nicht so gut gefallen hat, sind die sehr detailliert beschriebenen Beischlafszenen zwischen Carolines Freundin Mia und ihrem Agenten. Diese Nebengeschichte lenkt von der eigentlichen Handlung ab und hat mir den Spaß am Lesen etwas genommen.

Mir hat das Buch leider nur mittelmäßig gut gefallen, was daran liegt, dass ich kein Geister-Fan bin und lieber romantische und nur zart angedeutete Liebesszenen lese. Wem das aber gefällt, kann ich das Buch nur weiterempfehlen!

Fine (15)

Ellen Alpsten: Sommernachtszauber, Coppenrath, 2013, 416 Seiten, ab 14, 17,95 Euro

Die Fragen der Mentalität

kriegFiktive Geschichten über den ersten Weltkrieg habe ich bereits hier, hier und hier vorgestellt. Sie lassen die Geschehnisse für junge Leser lebendig werden, können jedoch immer nur Teile einer komplizierten weltpolitischen Entwicklung anreißen.

Einen Versuch, in einem Sachbuch, die Zeitläufte um den ersten Weltkrieg verständlich zu machen, unternimmt Nikolaus Nützel in seinem Buch Mein Opa, sein Holzbein und der Große Krieg. Ausgangspunkt ist für ihn das Schicksal seines Großvaters, der bereits am 24. August 1914 so schwer im Kampf verletzt wurde, dass ihm ein Bein amputiert werden musste. Für die Familie war dies später immer ein Freudentag, denn für den Großvater war der Krieg damit bereits vorbei.

Dass dies natürlich nicht für alle Soldaten galt, schildert Nützel dann im Folgenden ausführlich, gut verständlich und sehr weitsichtig. Er beschränkt sich nämlich nicht nur auf die Jahre 1914-1918, auf Schlachtendarstellungen, Grabenkämpfe und die Not der Zivilbevölkerung, sondern bindet die Ereignisse in die politischen Strömungen ein und zeigt immer wieder deren Einflüsse bis zum 2. Weltkrieg und bis in unsere Gegenwart auf. Vor allem jedoch macht er die Mentalität und die Denkweisen der Deutschen und ihrer europäischen Nachbarn vor hundert Jahren klar.
Fällt es uns heute schon schwer manche aktuelle Überzeugungen zu verstehen, so erscheint uns das Denken von vor hundert Jahren umso fremder und ferner. Nützel jedoch versteht es, genau dieses Denken zu erklären und einzuordnen.

Das, was im Geschichtsunterricht – zumindest so, wie ich ihn noch erlebt habe – ungeklärt und mysteriös blieb und bleibt, wird hier beantwortet. Allen voran die „Hä-Frage“ (großartig!), nämlich wieso der Mord an dem österreichischen Thronfolgerpaar in Sarajevo den ersten Weltkrieg auslösen konnte. Nützel bringt immer wieder sein persönliches Unbehagen und seine Schwierigkeiten mit ein, die Mentalität von damals zu verstehen. Damit begibt er sich auf eine sehr angenehm unprätentiöse Art auf die Augenhöhe der jungen Leser, die all die geschichtlichen Fakten, die Kriegs-Grausamkeiten und die unverständlichen Winkelzüge von Erwachsenen natürlich nicht sofort verstehen können. Und genau diese Erzählweise, die immer dicht an den Wünschen und Ängsten der Menschen bleibt, macht Nützels Buch auch für Erwachsene zu einer erhellenden Bereicherung.

Das Buch Mein Opa, sein Holzbein und der Große Krieg ist mit jeder Menge Bildern, Karten, Original-Dokumenten sowie Glossar, Zeittafel und weiterführender Literatur ausgestattet – und wird damit zu einem überaus vielschichtigen und anregenden Geschichtsbuch, das Lust darauf macht, die Historie genauer zu betrachten.

Nikolaus Nützel: Mein Opa, sein Holzbein und der Große Krieg. Was der Erste Weltkrieg mit uns zu tun hat. Nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2014, Kategorie Sachbuch, arsEdition, 2014, 144 Seiten,  ab 12, 14,99 Euro

[Jugendrezension] Das ganze All ist eine unendliche Abwandlung des Zeitworts „tun“

edenIn ihrem Roman Eden & Orion: Lichtjahre zu dir beschreibt Helen Douglas die ungewöhnliche Geschichte von Eden und Ryan. Eden wohnt mit ihrer Tante in einem kleinen Dorf in Cornwall und bereitet sich dort auf ihren Abschluss vor. Mitten während des Schuljahrs wechselt der gut aussehende Ryan auf ihre Schule. Eden fühlt sich zu ihm hingezogen, glaubt aber, dass sie bei ihm keine Chance haben würde.

Doch Ryan scheint ein besonderes Interesse an ihr zu haben, und sie freunden sich relativ schnell an. Obwohl Eden sich in ihn verliebt, fallen ihr an ihm viele kleine Seltsamkeiten an ihm auf. Er weiß nicht, was Pizza ist, zeigt sich übermäßig entsetzt darüber, dass Burger aus echtem Fleisch bestehen und hat noch nie von Hitler oder Gandhi gehört. Als sie versehentlich ein Buch von ihm einpackt, das offenbar die Autobiographie ihres besten Freundes Connor ist, die im Jahr 2081 erschienen ist, erkennt sie: Ryan kommt aus der Zukunft.

Helen Douglas hat einen sehr einnehmenden Schreibstil. Sie schreibt flüssig und verständlich, auch wenn an einigen Stellen die Sprache etwas gestelzt klingt. Die Handlung ist vorhersehbar, aber gleichzeitig weiß man nie genau, was als nächstes passiert. Das Buch ist weder tiefgründig noch spannend, aber angenehm zu lesen. Ein Grund dafür ist der liebevoll beschriebene Charakter der Protagonistin. Man kann sich wunderbar in Eden hineinversetzen, in deren Perspektive Helen Douglas schreibt. Eden ist praktisch veranlagt, vernünftig und sehr sympathisch.

Das Buch ist nicht nur witzig, gut geschrieben und astronomisch korrekt, sondern auch eine der unschuldigsten, ehrlichsten Liebesgeschichten, die ich seit Langem gelesen habe. Helen Douglas hat alten Sci-Fi-Idealen neues Leben eingehaucht und sie mit vielen eigenen Ideen aufgepeppt.

Leider kommt das Ende etwas abrupt und ist nicht so schön ausgeführt wie der Rest. Man kann sich sozusagen ein wunderschönes, buntes Bild vorstellen, bei dem jemand die Schattierungen vergessen hat.

Also, wer mal wieder abschalten und etwas Leichtes, aber gleichzeitig Romantisches lesen will, sollte sich an diesem Buch versuchen, denn es ist wirklich lesenswert.

Ich würde sagen, dass man mindestens 12 Jahre alt sein muss, um das Buch, die Hintergründe und das Handeln der Personen ganz zu verstehen.

Emilia (15)

Helen Douglas: Eden & Orion – Lichtjahre zu dir, Übersetzung: Almut Werner, FISCHER Sauerländer, 2013  272 Seiten, ab 1416,99 Euro

Radtour durch Rom

ariaDie Aktion Blogger schenken Lesefreude geht in die zweite Runde. Und wie es der Zufall so will, verlose ich auch dieses Jahr eine frisch erschienen Übersetzung von mir: Aria – Das Schicksal fährt Fahrrad von der italienischen Autorin Miriam Dubini.

Und wie es der Zufall so will, spielt auch Aria – wie im vergangenen Jahr 99 und (m)ein Wunsch – in Rom. Ich schwöre, das ist keine Absicht!

Dieses mal sind es die Jugendlichen Aria und Anselmo, die Rom erkunden, per Fahrrad. Denn Anselmo hat eine besondere Gabe: Er findet verlorene Nachrichten und überbringt sie zu einem späteren Zeitpunkt den richtigen Empfängern. Bei einer seiner Touren durch Rom begegnet er der eigenwilligen Aria. Und für beide ändert sich plötzlich das Leben …

1920412_275348749290574_984065118_nAria ist ein fluffig-leichte Geschichte über Freundschaft, erste Liebe, die Leidenschaft des Radfahrens und über Rom. Ein Hauch von mysteriöser Fantasy liegt in der Luft, an der Mädchen ab 12 mit einem Hang zum Träumen ihren Spaß haben können.
Für den Herbst ist dann Band 2 dieser Trilogie geplant …
Einen entzückenden Eindruck, was passiert, wenn zwei Fahrrad-Verrückte aufeinandertreffen, vermittelt der italienischen Buchtrailer.

Wenn du an der Verlosung von fünf Exemplaren dieses Buches teilnehmen möchtest, dann schreibe mir bis zum 27. April 2014, 12 Uhr, in den Kommentar, was du oder deine Familie mit Rom verbindet.

Miriam Dubini: Aria – Das Schicksal fährt Fahrrad,  Übersetzung: Ulrike Schimming, Planet Girl, 2014, 208 Seiten, ab 12, 12,99 Euro

[Jugendrezension] Zetas Weg

dreisongsZeta, die Hauptfigur in Lola Renns Roman Drei Songs später, ist 16 Jahre alt und auf den ersten Blick ein ganz normales Mädchen mit ganz normalen Problemen. Doch dieses Bild täuscht. Zu Hause hat sie viele Probleme. Ihr Vater trinkt, brüllt sie ständig an und hält sie für nicht zurechnungsfähig. Auch ihre Mutter ist keine große Hilfe, denn sie stimmt immer ihrem Vater zu, um Streit zu vermeiden. Zeta ist verzweifelt. Das Einzige was sie will, ist Tänzerin werden, doch auch dort funkt ihr der Vater dazwischen. Und dann gibt es da noch das Problem mit der Schule und den Noten …

Doch ganz alleine ist sie nicht. Ihre Freundin Sahra, Sahras Mutter und ihr Freund Micha versuchen, ihr aus dieser schwierigen Situation zu helfen.

Das Buch ist in einem sehr schönen, schnellen Tempo geschrieben. Es gibt viele kleine Kapitel und Absätze, die die Geschichte sehr bildhaft darstellen. Die Personen sind perfekt geschildert, vor allem der Vater. Schon wenn man anfängt zu lesen, kann man ihn nicht leiden. Die Hauptperson Zeta gefällt mir auch sehr gut, ihre Art nicht alles zu machen, was ihr durchgeknallter Vater von ihr will und dass sie sich traut zu widersprechen, wenn ihr etwas seltsam vorkommt. Auch Micha, der im Laufe der Geschichte ihr Freund wird, gefällt mir. Eigentlich gefallen mir alle Personen, weil sie, jede auf ihre eigene Art sehr besonders sind. Das einzige was ich nicht zu 100 Prozent super fand, aber zu 98 Prozent, ist das Ende. Es kommt ein wenig überraschend und ich hätte es mir dramatischer vorgestellt, aber trotzdem ist Drei Songs später von Lola Renn ein wunderbares Buch, das man nur weiterempfehlen kann. Es hat super großen Spaß gemacht es zu lesen!!!

Ein Buch, das mit wenigen Seiten eine ganze Geschichte erzählt!

Fine (15)

Lola Renn: Drei Songs später, bloomoon, 2013, 160 Seiten, 12,99 Euro

[Jugendrezension] Wunschchaos

wünscheEine solche Gabe wie Aurora in dem Buch 99 und (m)ein Wunsch von Erica Bertelegni hätte ich auch gern!
Aurora, ein nettes, büchervernarrtes Mädchen, liebt es, in Büchereien zu stöbern und ihre Nase in Bücher zu stecken. Einmal geht sie in eine ihr bisher vollkommen unbekannte Buchhandlung. Dort passiert etwas sehr, sehr Seltsames, was ihr ganzes Leben umkrempeln wird.

Ganz plötzlich hat sie eine ungewöhnliche Gabe, die es ihr ermöglicht, anderen Menschen ihre Wünsche zu erfüllen. Durch einen einzigen Wunsch entstehen die seltsamsten Verwirrungen, UND Aurora kann plötzlich nicht mehr immer alles selbst entscheiden … Sie muss Wünsche anderer wahr werden lassen, egal wie wenig ihr diese manchmal gefallen. Und seit sie sich mit den Wünschen anderer beschäftigt, fällt ihr sehr schnell auf, wie viele Menschen Wünsche haben, und dass auch noch in einer Tour.

Und was für ein Chaos Wünsche verursachen können, kann der Leser in der Mensa von Auroras Schule betrachten. Hier bricht beispielsweise vollkommen unerwartet eine Frikadellenschlacht aus. Aber dies soll nicht das einzige komische Vorkommnis in dieser Schule bleiben.

Allerdings musst DU das Buch schon selber lesen, wenn Du erfahren möchtest, was für andere turbulente Ereignisse in der Schule ihren Lauf nehmen…

ICH finde das Buch FANTASTISCH. Es ist wunderbar geschrieben und einfach nur zum Totlachen. Doch nicht nur das, an manchen Stellen wird es auch richtig romantisch. Ich warte schon gespannt auf einen zweiten Teil bzw. eine Fortsetzung der Geschichten um Aurora!

Das Buch ist geeignet für Mädchen im Alter von 9 bis 13 Jahren, aber auch für alle die, die gerne eine ganz besondere Gabe hätten. Kleiner Tipp, den ich allen geben möchte: Das Buch ist einfach nur SUPERSPITZENKLASSE!

 Bücherwurm (11)

Erica Bertelegni: 99 und (m)ein Wunsch, Übersetzung: Ulrike Schimming, Fischer KJB, 2013, 400 Seiten, ab 10, 14,99 Euro

Monstermäßige Freundschaft

stichkopfSamstag Nachmittag in  Berlin, die Sonne scheint und doch drängen sich etwa 120 Menschen in der Clinker-Lounge der Backfabrik. Sie haben eine gute Wahl getroffen, denn Katharina Thalbach liest aus dem Roman  Stichkopf und der Scheusalfinder von Guy Bass.

In dieses Buch hatte ich mich verliebt, noch bevor ich es aufgeschlagen hatte, denn die Illustration der kleinen Hauptfigur auf dem Cover hat sofort mein Herz erobert. Nun gibt Katharina Thalbach Stichkopf und den anderen Figuren der Geschichte eine lebhafte Stimme. Sie sitzt vorne auf einem Stuhl, aber alles an ihr ist in Bewegung: Sie fuchtelt mit dem Armen, sie rollt mit den Augen, sie verzieht das Gesicht zu herrlichen Grimassen und grrrrooaaarrrhtt so unglaublich, dass alle gebannt sind. Die Kinder im Publikum bevölkern die Stufen zu ihren Füßen und rücken immer näher. Die Lacher kommen nicht nur von ihnen, sondern auch von den Erwachsenen. Denn die Geschichte ist monstermäßig komisch:

Stichkopf ist das erste Ungetüm, das Professor Erasmus in jungen Jahren auf Burg Grottenow geschaffen und zum Halbleben erweckt hat. Frankenstein gleich versucht der Professor seitdem, immer üblere, grausigere, furchterregendere, schrecklichere Monster zu kreieren: da ist die sechsarmige Nacktschnecke, der Riesenfisch mit Aufziehfüßen, der Totenkopf mit Dampfantrieb. Seinen Erstling, Stichkopf, hat der Professor schon lang vergessen, obwohl er ihm einst ewige Freundschaft geschworen hat. Stichkopf hingegen hat das nicht vergessen und assistiert dem Professor im Hintergrund unermüdlich, indem er die schlimmsten Eigenschaften der Monster durch Gegenmittel und Zaubertrünke unschädlich macht.
So kuriert er die jüngste Kreatur, das Ungetüm, mit einem Heiltrank vor „plötzlicher und/oder akuter Werwolferei“. Ungetüm mit den drei Armen wird zu einem lammfrommen Wesen, das Stichkopf nicht mehr von der Seite weicht. Sehr zum Leidwesen von Stichkopf, der keine Freunde mehr will, seit er vom Professor so fürchterlich enttäuscht worden ist.
Doch Ungetüm lässt sich nicht beirren und hilft Stichkopf gegen den machtgierigen Schadalbert Scheusalfinder, der auf Jahrmärkten angebliche Monsterwesen ohne großen Erfolg zur Schau stellt und sich nun auf der Burg Grottenow den Schöpfer der scheußlichsten aller Scheusale holen will. Doch Stichkopf, Ungetüm und das Mädchen Arabella werfen sich schützend vor den Professor.

Stichkopf ist in vielerlei Hinsicht ein total liebenswertes Buch: Die Geschichte um das kleine freundliche Monster geht ans Herz und beschwört die Macht der Freundschaft, auch unter ungleichen Gesellen. Unterstützt wird dieser Eindruck durch die knuffigen Illustrationen von Pete Williamson, der die Seitenränder einschwärzt, als wären sie angekokelt, den Monstern ein gruselig-skurriles Aussehen verleiht und im Dunkel seiner Schwarzweißbilder jede Menge kleine Details versteckt, so dass man richtig viel schauen hat.
Übersetzer Salah Naoura, der auch Der unvergessene Mantel 
von Frank Cottrell Boyce (Deutschen Jugendliteraturpreis 2013, Kategorie Kinderbuch) übersetzt und Dilip und der Urknall  geschrieben hat,  hat hier kongeniale Arbeit geleistet. Er reimt und dichtet nach, schöpft neue Worte und verpasst der ganzen Geschichte eine sprachliche Leichtigkeit, dass man sie in einem Zug verschlingt. Schöner kann man eine kleine Geschichte um Andersartigkeit und Freundschaft nicht verpacken.

Katharina Thalbach nun hat das Hörbuch zu Stichkopf eingelesen und das ganz hinreißend! Sie nuschelt, lispelt, groaaarrt, leiht Angst, Verschlagenheit, Überraschung, Warmherzigkeit und Schusseligkeit ihre großartig wandelbare Stimme, erweckt die Figuren zu einem monstermäßigen Fastleben.
Begleitet wird die Lesung auf den CDs von ganz feiner Musik von Henrik Albrecht, die in der Backfabrik leider gefehlt hat.

Dort wurde Katharina Thalbach gefragt, warum sie keine Berührungsängste mit Kinderbuchliteratur hätte, worauf sie fast verwundert antwortete, dass sie eine Affinität zu guter Literatur hat, egal ob es sich um Kinderliteratur oder „große“ Literatur handele. Schöner kann man dem ewigen Schubladendenken in Sachen Literatur eigentlich keine Abfuhr erteilen. Der Spaß am Vorlesen ist Katharina Thalbach jedenfalls ins Gesicht geschrieben, genauso wie ihre Leidenschaft für Stichkopf und ihr junges Publikum. Sie liebt nämlich die Unbestechlichkeit der Kinder, die gute Geschichten ohne Umschweife würdigen – und dafür hat ihr ein Mädchen nach der Lesung erstmal Schokolade geschenkt.

Nachtrag am 22. Oktober 2014: Katharina Thalbachs Lesung von Stichkopf erhält den Preis der Kinderjury des BEO 2014. In der Pressemitteilung heißt es:

Katharina Thalbachs Lesung von Stichkopfs erstem Abenteuer konnte die Kinderjuroren der Herman-Nohl-Schule in Berlin-Neukölln restlos überzeugen. In ihrer Begründung schreiben die jungen Hörer und Literaturkritiker:
»Wir haben das Hörbuch Stichkopf und der Scheusalfinder zum BEO-Preisträger 2014 gewählt, weil es gruselig und sehr lustig zugleich ist – wir haben uns totgelacht. Das Schicksal von dem kleinen, traurigen Stichkopf, der von seinem Meister vergessen wurde und so einsam ist, ist eigentlich traurig und hat uns sehr berührt. Er weiß es selber nicht, aber er ist ein Held und alles geht gut aus. Und es geht auch um Freundschaft. Das hässliche Ungetüm ist so liebenswert und ein wirklich ›bestester‹ Freund.
Die Geschichte ist einfach toll und die Sprecherin liest sie spannend vor. Durch die gut verstellte Stimme werden die Monster richtig lebendig! Außerdem ist die Musik sehr passend und cool. Wenn wir Stichkopf gehört haben, waren wir nicht mehr in der Schule, sondern auf der Burg Grottenow.«

Die Preisverleihung findet am 12. November 2014 im Thalia Theater in Hamburg statt. Herzlichen Glückwunsch!

Guy Bass: Stichkopf und der Scheusalfinder, Übersetzung: Salah Naoura, Illustration: Pete Williamson, Fischer KJB,  2014,  192  Seiten, ab 8, 11,99 Euro

Guy Bass: Stichkopf und der Scheusalfinder, Übersetzung: Salah Naoura, gesprochen von Katharina Thalbach, Argon Hörbuch, 2014, 2 Audio-CDs, 14,95 Euro

Rache ist …

antoinetteSchulzeit, schwere Zeit. Nicht nur, weil man von den Lehrern mit neuem Stoff gepiesackt wird und lernen muss, sondern auch, weil es Mitschüler gibt. Olivia Vieweg hat dieses bittere Kapitel im Leben in einen eindrucksvollen Comic gepackt: Antoinette kehrt zurück.

Antoinette lebt seit Jahren in Los Angeles, ist erfolgreich und mit einem berühmten Filmstar verheiratet. Was will man mehr? Doch die junge Frau wird von dem Gedanken an die alte Heimat in Deutschland gequält. Obwohl sie ihre Herkunft verschweigt, ja fast verleugnet, wirft sie täglich über eine Webcam einen Blick auf ihr altes Dorf.
Eines Tages taucht eine weibliche Figur vor der Kamera auf, die Antoinette verdammt ähnlich sieht. Der Protagonistin bleibt nichts anderes übrig als noch einmal nach Hause zurückzukehren.

Und während sie lange Stunden im Flugzeug sitzt, tauchen die ersten Erinnerung von ihrer Vergangenheit auf: die grausamen Mitschüler, die das schlaue Mädchen ausgrenzen, verhöhnen  und demütigen. Kaum setzt Antoinette einen Fuß ins Dorf, trifft sie auch schon eine von den verhassten Peinigerin von früher. Wie im falschen Film sieht sie auf einer Geburtstagsfeier auch die anderen verhassten Menschen wieder. Die sind nun erwachsen, „vernünftig“ und schmeißen sich an die „Berühmtheit“ aus LA ran. Ihren Neid können sie nur schlecht verbergen. Man weiß nicht, was schlimmer ist, Vergangenheit oder Gegenwart. Nur Jonathan fehlt. Der hatte Antoinette am schlimmsten von allen gequält …

In sonnengelb-grau-schwarzen Panels eröffnet Vieweg einen tiefen Blick in die Psyche eines Mobbing-Opfers. Das heitere kalifornische Gelb kontrastiert mit dem satten Schwarz der Seelenabgründe und aus der scheinbaren harmlosen Rückkehr in die Heimat wird langsam ein düsterer Rachefeldzug – für den man das vollste Verständnis entwickelt, wenn Antoinette mit ihrem Engelshaar sich nach und nach an alle schrecklichen Details ihrer Qual erinnert. Gleichzeitig fragt man sich beständig, wie weit Rache wirklich gehen darf, um die Geister der Vergangenheit wieder loszuwerden. Und ob man Antoinette daher noch nett und sympathisch finden darf. Das ist eine ziemlich harte Nuss, die Vieweg dem Leser hier zu knabbern gibt. Wie und ob dies alles irgendwie zu beurteilen und aufzuwiegen ist, diese Schlussfolgerungen muss jeder Leser selbst ziehen.

Antoinette kehrt zurück, für den Olivia Vieweg 2012 das Comic-Stipendium der Egmont Verlagsgesellschaften gewann, zeigt wieder einmal, dass sich das Medium Comic extrem gut für die visuelle Darstellung und somit für die Bewusstmachung von psychischen Abgründen eignet. Die leeren weißen Augen von Antoinettes Doppelgängerin sind so eindrucksvoll gruselig und erschreckend, dass die ganze Dimension von Mobbing für die Opfer mit einem Bild klar wird. Dafür brauchen andere Medien manchmal endlos lange Seiten oder Sequenzen. Vieweg schafft das mit ein paar klaren Strichen.

Olivia Vieweg: Antoinette kehrt zurück, Egmont Graphic Novel, 2014, 96 Seiten, 14,99 Euro

[Jugendrezension] Ein Höllenjob

hölleWer Geld verdienen will, muss manchmal durch die Hölle gehen. Das zeigt der Comic-Roman Was zur Hölle?! von Patrick Wirbeleit.

Jonas braucht Geld, sehr viel Geld und sehr dringend. Er spart nämlich auf eine Vespa. Und die Vespa braucht er, um ein Mädchen zu beeindrucken. Jedenfalls – seine Eltern kann er nicht nach Geld fragen. Die haben keins, weil sie arbeitslos sind. Alle Nebenjobs in der Stadt, sofern es einmal einen gibt, sind sofort besetzt. Also geht Jonas zur Stellenangebotswand im Rathaus. Dort hängen zwar fast nie Zettel, doch Jonas hat Glück:  Eine Anzeige für einen Aschefeger hängt dort: „Aschefeger gesucht. Viel Dreck, viel Arbeit, wenig Bezahlung. Bitte wählen Sie bei Interesse …“ Wohl oder übel, Jonas muss den Job annehmen. Zum Glück bekommt er ihn auch. Am nächsten Tag um 6 Uhr kommt er zum ersten Mal zur Arbeit. Dort  erschrickt er, weil ihn gleich mehrere Teufel erwarten, die ihm sagen, was er tun muss: Die Öfen reinigen. Alles wäre gut gegangen, wenn nicht ein Teufel auf die Idee gekommen wäre, sich umzubringen … Wie aber wird Jonas aus seiner Situation wieder herauskommen? Und wird er am Ende sogar die Vespa kaufen können?

Mir hat das Buch sehr gut gefallen, weil es voller witziger Einfälle steckt und streckenweise – vor allem zum Ende hin – spannend ist. Man fiebert mit Jonas in seiner gefährlichen Lage mit und hofft, dass alles ein gutes Ende nimmt.

Die Zeichnungen fand ich besonders schön, sie sind sehr witzig gezeichnet und machen die Geschichte lebendig. Das Buch ist empfehlenswert für Kinder ab 10 Jahren, die ihre Bücher sehr lustig mögen.

Lector03 (11)

Patrick Wirbeleit: Was zur Hölle?! FISCHER Sauerländer, 2014, 96 Seiten,  ab 10, 12,99 Euro

[Jugendrezension] Backzauber

magischeEngelshauch Biscuit, Krosse Croissants und Himmlische Hörnchen – die nahezu überirdischen Spezialitäten aus der Küche der 12-jährigen Rose Glyck – würde ich auch sehr gern probieren!

In der Glücksbäckerei  und auch in der ganzen Stadt, in der diese steht, ist nicht mehr viel passiert, seit das Zauberbackbuch der Familie Glyck verschwunden ist. Die ganze Stadt ist grau und nirgendwo sieht man mehr ein Lächeln. Roses  „Tante“ hat neben dem Zauberbackbuch auch das Lächeln der Menschen dieser Stadt geklaut.

Dagegen muss etwas unternommen werden. Dass findet auch Familie Glyck. Sie müssen ihr Backbuch zurückbekommen. Dafür lassen sie sich etwas einfallen. Rose fordert ihre diebische  „Tante“ zu einem Backduell heraus.

Sie und ihre „Tante“ nehmen an einer internationalen Backmeisterschaft teil. Doch für die beiden steht mehr auf dem Spiel als der Gewinn der Meisterschaft. Denn der Gewinner – Rose oder ihre „Tante“ – soll rechtmäßiger Besitzer des Zauberbackbuches sein.
Aber wie soll Rose ohne ihre Zauberrezepte gewinnen? So hat sie doch nicht den Hauch einer Chance. Oder? Doch! Und zwar nicht nur eine klitzekleine, sondern sie hat wahrhaftig eine riesengroße Aussicht auf Erfolg! Wie der Backwettbewerb ausgeht, ob das Zauberbackbuch nun doch wieder in die richtigen Hände gelangt und ob das Lächeln in die Stadt zurückkehren kann, musst du schon selber nachlesen!

Ich finde das Buch Die Glücksbäckerei – Die magische Prüfung von Kathryn Littlewood fantastisch, denn ich liebe Magie und Zauberei. Ich habe vorab allerdings den ersten Band gelesen und hätte nicht gedacht, dass die Geschichte so eine interessante Wendung nehmen wird. Tipp: Lies vorher den ersten Band!!!

Ich empfehle das Buch für Mädchen im Alter von 8-14 Jahren.

Bücherwurm (11)

Kathryn Littlewood: Die Glücksbäckerei – Die magische Prüfung, Übersetzung: Eva Riekert,  Fischer KJB, 2. Aufl. 2013, 336 Seiten, ab 10, 14,99 Euro

 

Soundtrack einer Flucht

tonspurMusik kann ein starker Motor sein. Das muss man wohl niemandem erklären. Was wir nur heute gern vergessen, ist, dass wir diesbezüglich in einer überaus bequemen Welt leben, in der jede Art von Musik jederzeit verfügbar ist, selbst nachts übers Internet können wir so gut wie alles kaufen, streamen, kopieren. Dass es Zeiten und Länder gab, in denen das alles anderes als selbstverständlich war, davon erzählen Olaf Hintze und Susanne Krones in Tonspur.

Doch es geht natürlich um mehr als Musik, denn bei dieser Geschichte handelt es sich um Hintzes autobiografischen Bericht, wie er im Sommer 1989 aus der DDR flüchtet. Aber die Musik aus dem Westen ist einer der treibenden Faktoren, die den damals 25-Jährigen dazu bringen, Eltern, Geschwister, Freunde zu verlassen. Hintze ist ein Kulturmensch, der ohne Musik und Literatur nicht leben kann und will. Die Einschränkungen, die der sozialistische Staat ihm auferlegt, drücken mit der Zeit immer mehr. Sein Wunsch nach Abitur und Studium bleibt ihm unerfüllt, da sich der Junge nicht den politischen Vorgaben und Ansprüchen der DDR-Gesellschaft anpasst. Auf eine ruhige Art bleibt Hintze ein Außenseiter, für den Stefan Zweigs „Die Welt von Gestern“ zu einem Wegweiser und Lebensbuch wird.

Im August 1989 reist Hintze mit Freunden durch Rumänien und Bulgarien, setzt sich schließlich von der Gruppe ab und fährt nach Sopron. Er erkundet die Gegend, sucht nach Möglichkeiten, die Stacheldrahtzäune der österreich-ungarischen Grenze zu überwinden. Dass die Grenze durchlässig geworden ist, entnimmt er westdeutschen Zeitungen. Dennoch ist er sich der Gefahr bewusst, der er immer noch ausgesetzt ist. Seine Flucht gelingt – allerdings anders, als man es bei dem Ort Sopron gemeinhin denken mag.

Tonspur ist auf eine ganz besondere Art ein packendes Buch. Die Schilderung von Olaf Hintzes Flucht ist verpackt in die Erinnerung an seine Kindheit in der DDR. Er erzählt vom Alltag des Mangels, vom Schlangestehen, von den kleinen Gefälligkeiten für ein bisschen besseres Leben. Von einer Schule, in der die politische Haltung wichtiger ist als das Wissen, von einer Zeit bei der Armee, die eigentlich nur Schikane ist, von seiner Leidenschaft für Nachrichtentechnik und selbstgebastelten Radios. Und davon wie er sich bei jeder Gelegenheit, in der DDR kaum zu bekommende Musik-Platten besorgt. So unspektakulär sich das vielleicht anhört, so sehr zieht einen dieser scheinbar ewige Hindernislauf in den Bann.
Flankiert wird der Text von Fotos aus Hintzes Leben – und Abbildungen von den Beschriftungen seiner geliebten Mixtapes. Die sind einfach rührend, denn lange Zeit hatte Hintze keine Möglichkeit, die Namen der Künstler und die englischen Titel irgendwo abzuschreiben. Lautmalerisch hat er die aufgezeichneten Künstler und Songtitel dokumentiert, so dass man dort dann von „Mikel Schäksen“ und „Biedet“ liest. Mag man im ersten Reflex grinsen, so offenbaren diese liebenswerten Kleinigkeiten doch die immens große Sehnsucht nach selbstbestimmtem Musikgenuss und im Endeffekt nach Freiheit.

Im Jahr 25 nach dem Mauerfall stellt Tonspur eine rundum gelungen Erinnerung an eine Welt von Gestern dar, an die ältere Generationen sich noch erinnern, manche sie möglicherweise verherrlichen werden, die die jüngeren Leser aber nicht mehr kennen. In der Geschichte von Hintze und Krones finden sie einen klaren Blick auf das „normale“ Leben in der DDR, der gleichzeitig den Luxus unserer Welt von Heute spiegelt und zeigt, wie wertvoll ein selbstbestimmtes Leben ist.

Olaf Hintze/Susanne Krones: Tonspur – Wie ich die Welt von gestern verließ, dtv/Reihe Hanser, 2014, 360 Seiten, ab 14, 14,95 Euro

[Jugendrezension] Traumboy

eveadamDas Buch Eve & Adam von Michael Grant und Katherine Applegate handelt von dem Mädchen Evening, das nach einem grausamen Unfall  in einer Privatklinik behandelt wird. Das Krankenhaus gehört ihrer Mutter und wird auch von ihr geleitet. Unerwartet schnell geht es Evening besser, trotzdem darf sie das Krankenhaus noch nicht verlassen. Sie soll sich zunächst mit einem geheimen Projekt ihrer Mutter beschäftigen. Dafür soll sie am Computer einen Menschen ganz nach ihren Vorstellungen zusammenbasteln, von dem ihre Mutter verspricht, ihn zum Leben zu erwecken.  Evening glaubt dies zwar nicht, setzt sich aber trotzdem an den PC. Sie bastelt sich einen Jungen, den sie langsam, Schritt für Schritt, aus vielen Einzelteilen zusammenfügt.

Während sie noch an dem Auftrag ihrer Mutter arbeitet, erfährt Evening auf einmal etwas, dass sie, gemeinsam mit einem jungen Krankenpfleger namens Solo, mit dem sie sich angefreundet hat, aus der Klinik fliehen lässt. Ihre Mutter soll kriminell sein!

Ihre Mutter sah diese Entwicklung voraus, und es gelingt ihr tatsächlich, Evenings Computer-Traumjungen zu verwirklichen: Adam wird lebendig. Er erhält von Evenings Mutter den Auftrag, die Tochter zurückzuholen. Evening und Adam begegnen sich. Dieses erste, unerwartete  Treffen mit Adam macht Evening Angst, dennoch ist sie fasziniert von ihm und er ist etwas ganz Besonderes für sie…

Ich finde das Buch spitze, obwohl es mir erst schwerfiel, in die Handlung hinein zu schlüpfen. Nach den ersten Kapiteln war ich dann aber vollkommen in der Handlung gefangen.

Das Buch ist für Mädchen ab 11 Jahren geeignet. Ich empfehle es allen, die Spaß an fantastischen, verwirrenden Geschichten haben, deren Ausgang nicht abzusehen ist.

Bücherwurm (11)

Katherine Applegate/Michael Grant: Eve & Adam, Übersetzung: Wolfram Ströle,  Ravensburger Buchverlag, 2014, 352 Seiten, ab 14, 16,99 Euro

Die Vielfalt des Lebens, die große Liebe und der eigene Weg

levithanGibt es jemanden, der nicht schon mal gern das Leben eines anderen führen wollte? Wohl kaum. Zu unzufrieden sind wir oftmals mit unserem Dasein, zu neidisch auf andere, zu neugierig, zu ehrgeizig. Doch wir sind in unseren Körper und unserem Alltag gefangen und müssten uns schon ziemlich anstrengen, mal ein komplett anderes Leben zu führen.

David Levithan hat in seinem neuen Roman Letztendlich sind wir dem Universum egal ein Gedankenspiel auf sehr faszinierende Weise zu Ende gebracht.
Die 16-jährige Hauptfigur A wacht jeden Morgen im Körper eines anderen Jugendlichen auf. Jeden Morgen muss er/sie sich an einen neuen Körper, neuen Namen, neue Eltern, neues Haus, neue Umgebung, neue Stadt, neue Schule, neue Freunde oder Feinde gewöhnen. A kann diese Fähigkeit nicht steuern, er/sie weiß nie, wo er/sie am nächsten Morgen aufwacht. Eine Kontinuität gibt es nicht, und wenn dann liegt sie nur im beständigen Wandel.

Eines Tages jedoch steckt er/sie im Körper von Jason, der mit Rhiannon zusammen ist, das Mädchen jedoch nicht besonders gut behandelt. A verliebt sich auf den ersten Blick in sie und verbringt mit ihr einen wunderschönen, perfekten Tag am Meer. Von da an versucht A, so oft es geht zu Rhiannon zu fahren und sie zu treffen. Da A jedoch ständig in einem anderen Körper, also mal als Junge, mal als Mädchen, auftaucht, muss er/sie das Mädchen irgendwann in sein Geheimnis einweihen.
Natürlich will sie von diesem merkwürdigen Zustand zunächst nichts wissen, zu absurd ist diese Vorstellung. Doch je öfter A bei ihr auftaucht, umso schneller erkennt sie A in den verschiedenen Körpern wieder. Nach und nach kommen sich die beiden immer näher …

David Levithan hat hier vermutlich eine der ergreifendsten und ungewöhnlichsten Liebesgeschichten geschrieben, die mir je untergekommen ist. Trotz der fantastischen Idee ist man bereits auf den ersten Seiten gebannt, akzeptiert das Konstrukt, das Levithan im Laufe der Geschichte genau erklärt, uneingeschränkt. Und während man bei der Lektüre immer mehr mit A und Rhiannon liebt und leidet und sich fragt, wie das alles enden soll, erfährt man so ungemein viel über das Leben von anderen Menschen. Denn A steckt zwar immer wieder in neuen Körpern, kann aber durch seine Erfahrung und durch seinen „Außenblick“ ganz genau erkennen, ob der jeweilige Mensch gut oder schlecht zu seinem Körper ist.

Dabei sind zunächst das Geschlecht und die Hautfarbe völlig egal. A ist mal Junge, mal Mädchen, mal schwul, mal lesbisch, mal transsexuell, er/sie ist weiß, Afroamerikaner_in, Latino/a. Es ist egal, seine Liebe zu Rhiannon bleibt unverändert, und auch ihr ist es zunehmend egal.
Aber A ist daneben auch schon mal alkoholabhängig, übergewichtig, depressiv. Er/Sie steckte eines Tages im Körper eines Mädchens, das Suizidabsichten hegt. Normalerweise hält A sich aus den Leben der anderen heraus, hinterlässt keine Spuren, nur vage Erinnerungen an den Tag, an dem er/sie Besitz von dem/der anderen genommen hat. Doch in diesem Fall hält er/sie sich nicht heraus.
Ansonsten wertet A die körperlichen Zustände der anderen Jugendlichen nicht, zeigt aber, dass die Missachtung des eigenen Körpers ihn/sie an diesen Tagen in Schwierigkeiten bringt. Allerdings macht er/sie auch immer klar, dass es für diese Missachtung durchaus Gründe gibt, die eigentlich hinterfragt werden müssten. Doch dafür reicht sein/ihr einer Tag im Leben eines anderen nicht aus.
In diesen Betrachtungen findet man eine große Liebe und jede Menge Respekt für alle möglichen Lebensarten, bis A schließlich klar macht, dass man sich von den Dingen, die man vielleicht erstrebt und haben möchte auch wieder frei machen muss, um schließlich seinen ganz eigene Weg zu gehen.

Sprachlich gilt bei diesem Roman mein ganzer Respekt der Übersetzerin Martina Tichy, die es ganz fein verstanden hat, dieser ungewöhnlichen Figur A eine geschlechtsneutrale Sprache zu geben. Da A ja eigentlich körperlos ist und daher auch kein festgelegtes Geschlecht hat, kann er/sie nicht durch männliche oder weibliche Sprache charakterisiert werden. Ich-Erzähler_in A, der/die nie eine Aussage macht, welches Geschlecht ihm/ihr am liebsten wäre, erzählt daher in einer so unaufdringlichen und neutralen Sprache, das man als Leser nie stolpert oder gar zu einer Schlussfolgerung über As Geschlecht genötigt wird. Das im Deutschen so hinzukriegen ist eine große Kunst.

Letztendlich sind wir dem Universum egal ist ein großartiger Roman über die Liebe, das Leben und den Respekt, den man allen Arten von Liebe und Leben entgegenbringen sollte. Und das kann man in der heutigen Zeit nicht oft genug zum Ausdruck bringen.

David Levithan: Letztendlich sind wir dem Universum egal, Übersetzung: Martina Tichy, Fischer FJB, 2014, 400 Seiten, 16,99 Euro