Die Depression ist eine fiese Krankheit. Zunächst einmal für die Betroffenen, die oft ihr Leben nicht mehr bewältigen können. Doch auch für die Angehörigen ist die Depression eines geliebten Menschen eine Belastung. Für Kinder nun, die ein erkranktes Elternteil haben, ist es extrem schwierig zu verstehen, was eigentlich passiert.
So ergeht es dem fünfjährigen Jan, in dem Buch Als Mama nur noch traurig war von Anja Möbest.
Seit einiger Zeit ist seine Mama nur noch traurig, starrt auf den Boden, weint viel, vergisst, den Schokokuchen für das Kindergartenfest zu backen. Sie weiß selbst gar nicht, was eigentlich mit ihr los ist. Als sie eines Tages auch noch Papa anschreit, begreift sie, dass sie Hilfe braucht. Papa schlägt vor, dass sie zum Ritter geht.
Jan, der fürchtet, dass er schuld an Mamas Zustand ist, freut sich, dass es einen Ritter gibt, der Mama helfen kann. Natürlich ist der Ritter kein echter Ritter, sondern ein liebenswerter alter Herr mit Namen Ritter, der als Psychotherapeut arbeitet. Er erklärt Jan, dass Mamas Seele ein Loch hat, durch das die Grummelgrame von Mama Besitz ergreifen. Zusammen überlegen sie, mit welchen Zaubersprüchen sie die Grummelgrame vertreiben können …
Das ernste Thema der Depression fasst Anja Möbest in wunderbar klare, leicht verständliche Worte und Sätze. Illustratorin Barbara Korthues zeigt Jan, seine Familie, den Ritter und die Grummelgrame auf ebenso unaufgeregte und liebenswerte Art. Jans Enttäuschung und seine Wut, wenn Mama ihn nicht beachtet oder ihm nicht zuhört, ist vollkommen nachvollziehbar. Gleichzeitig vermittelt die Autorin die typischen Symptome einer Depression, also Trauer, Erschöpfung, Müdigkeit, Antriebslosigkeit, so dass die Kinder von Betroffenen das Verhalten ihrer Eltern hier konkret wiederfinden können.
Wichtig ist zudem, dass Jan seine Mama mindestens einmal zum Therapeuten begleitet. Dort erfährt er vom Experten dann genauer, was mit Mama los ist und wie er ihr helfen kann. Dieser offene Umgang mit der Krankheit Depression und die deutliche Ansage, dass es Hilfe gibt, sind die große Stärke dieses Bilderbuches. Auch mit Fünfjährigen kann man nämlich sehr wohl darüber reden. Genau dies macht auch das Nachwort der Kinderpsychotherapeutin Ina Knocks deutlich. Kinder brauchen in solchen Fällen die Wahrheit. Nicht über die Krankheit zu reden oder den Kindern zu verbieten, mit anderen darüber zu reden, hilft nicht, auch wenn man meint, die Kinder schützen zu müssen.
Das mag sich unglaublich schwierig und schier unmöglich anhören, doch mit der Lektüre von Anja Möbest und Barbara Korthues Bilderbuch ist der erste Schritt zu einem Dialog gemacht. Vielleicht fällt es danach Kind und Eltern leichter, den nächsten zu machen, und trotz der fiesen Krankheit bald wieder ein fröhliches Familienleben zu führen.
Anja Möbest: Als Mama nur noch traurig war. Wenn ein Elternteil an Depression erkrankt, Illustration: Barbara Korthues, Coppenrath, 2017, 32 Seiten, ab 4, 14,95 Euro