Jahreszeitenübergangsrituale

herbstIn diesen Tagen gehen in allen Bundesländern die Sommerferien zu Ende, die nächste Generation von Leser_innen betritt die Schulen, und meteorologisch hat auch der Herbst bereits Einzug gehalten. Da passt die Lektüre des reizenden Erstlesebuchs Finn und Frida halten den Herbst auf von Martin Klein und Kerstin Meyer bestens ins Programm.

An einem Sonntagmorgen stellen darin die beiden Helden erstaunt fest, dass es auf einmal richtig kalt geworden ist und die nackten Zehen plötzlich wehtun. Die Zähne klappern, und um warm zu werden müssen die beiden sich gegenseitig durch den Garten jagen. Und auch den Herbst wollen die Geschwister nicht einfach so hinnehmen. Sie veranstalten einen Sonnentanz mit Poolnudel und Taucherbrille um das Planschbecken herum.

Aber statt Sonnenschein schickt der Himmel Regen auf die Erde, und auch die Blätter hält es nicht mehr an den Bäumen. Aber Finn ist ein schlaues Kerlchen und überredet Frida, den Herbst wieder rückgängig zu machen.

Gerade nach den letzten warmen Sommertagen kann man Finn und Frida so richtig gut verstehen, man möchte all die schönen Dingen des Sommers, das Baden, die Sonnenstrahlen, das kühlende Eis, das Geplansche, die nackten Füße und die wenigen Kleidungsstücke am Leib nicht einfach so von einem Tag auf den anderen aufgeben. Der Übergang fällt schwer, Socken und Pulli engen ein, das Haus oder die Wohnung sind auf einmal viel zu klein. Jede Verlängerung des Sommers wäre also wirklich sehr willkommen!

Und so können Finn und Frida als sehr coole Vorbilder dienen, die sich auch von Unausweichlichem nicht so einfach unterkriegen lassen, die dieser neuen Situation mit kreativen Ideen begegnen und so spielerisch Übergangsrituale erfinden, die das Vergangene würdigen und das Neue wahrnehmen. Auch dies ist eine Art, wie man kann die kommende Jahreszeit schätzen und begrüßen kann.

Dieses Erstlesebuch macht es Leseanfängern zudem einfach, einen Übergang vom Bilderbuch zum längeren Roman zu finden. Die Illustrationen von Kerstin Meyer, die in einer Kombination aus bunten Sommerblumen und warmen Herbstfarben strahlen, bieten genügend Pausen im Text. Sie laden zum Schauen ein und kitzeln die eigenen Erinnerungen an den vergangenen Sommer hoch.
Der Text von Martin Klein wiederum besticht durch verständliche, nicht zu lange Sätzen, in denen aber durchaus ungewöhnliche Worte zu finden sind wie „Sommerregentropfen“ oder „Nordsee-Anfang-Juni-Temperatur“. Langweilig wird das sicher nicht.
Und ich bin ganz neidisch, dass die Schulanfänger von heute mit so coolen und kreativen Geschichten lesen lernen!

Martin Klein: Finn und Frieda halten den Herbst auf, Illustratorin: Kerstin Meyer, Tulipan, 2017, 48 Seiten, ab 7, 8,95 Euro

 

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Wetterkunst

wetterÜbers Wetter reden geht ja immer. Nicht nur bei so einem Sturm wie dieser Tage. Ach, diese Kälte. Der Regen macht mich fertig. Es soll endlich Sommer werden. Herrlich, diese Sonne. Jetzt haben mir die Wolken die Sonnenfinsternis verdorben. Wetter geht immer.

Ab jetzt kann man sogar noch sagen:
Ich hab gerade ein irre tolles Buch über das Wetter gelesen.
Ach wirklich?
Ja, echt. Heißt Alle Wetter und ist von Britta Teckentrup.
Kenn ich nicht.
Musst du dir ansehen. So schöne Bilder, übers Wetter.
Ach, echt?

Ja, echt! In vier Kapiteln erzählt Teckentrup in kurzen, fast poetischen Texten von den unterschiedlichsten Wetterphänomenen – Sonnenschein, Regen, Eis und Schnee, Unwetter. Dazu gibt es phänomenale Bilder, die den Betrachter gefühlsmäßig komplett einfangen. Man spürt förmlich die sommerliche Hitze auf dem gelben Getreideacker, atmet die frische Luft im zartgrünen Frühlingswald, fröstelt bei Nebel, Regen, Schnee und ist doch gleichzeitig fasziniert von den dünnen, dichten Strichen, der Dynamik von Wind und Wolken, träumt sich bei den fallenden Schneeflocken in eine stille Winterlandschaft und möchte dem Fuchs durch den unberührten Schnee folgen.
Die oftmals dunklen Bilder wirken in ihren monochromen Farbgebungen zudem beruhigend, fast meditativ. Man möchte sich darin versenken .
In den Texten erfährt man dann  Dinge über Graupelkörner, Sprühregen, Inversionslage, Kristallisationskerne und Mittelgebirgsstau. Aber all diese Infos treten hinter den eindrucksvollen Bildern ganz schnell zurück. Man schaut und staunt.

Einen Vorgeschmack gibt es hier:

Nach diesem Buch wird man sich wahrscheinlich nie mehr so über das Wetter beschweren, wir wir es sonst in unserer Gleichgültigkeit gerne tun. Man wird viel mehr den Himmel, die Landschaft, die Stadt, die Wolken, den Regen, die unzähligen Schattierungen von Grau-Weiß-Blau-Rosa-Violett, einfach alles genauer beobachten und sich womöglich überlegen, was für ein Kunstwerk man da gerade vor sich hat.

Britta Teckentrup: Alle Wetter! Jacoby & Stuart, 2015, 168 Seiten, ab 6, 24,95 Euro

Kinder an den Herd

kochenErinnert sich noch jemand an Lirum, larum, Löffelstiel? Ja? Doch, bestimmt das ältere Semster hier … Lirum, larum, Löffelstiel war der Kinderkochkurs im ZDF in den 70er Jahren. Schon damals stand TV-Kochen hoch im Kurs. Und ich habe es geliebt. Die Kinder Doris, Heidi und Axel in ihren gelben Schürzen mit den roten Herzen drauf fand ich irgendwie cool, was man damals noch nicht sagte und Axel mit seiner Brille eigentlich immer etwas strebermäßig aussah. Irgendwann bekam ich auch das Buch zur Serie, ob ich daraus gekocht habe, weiß ich nicht mehr. Das Buch habe ich aber immer noch. Und die schlichten Rezepte sind zwar zeitlos – aber auch nicht mehr unbedingt zeitgemäß.

Für die zeitgemäße Heranführung von Kindern ans Kochen – was meines Wissens momentan im TV nicht passiert (klärt mich bitte auf, wenn es auf den Kinderkanälen irgendetwas in der Art gibt …) – gibt es aktuell das herzallerliebste Wimmel-Kochbuch von Rotraut Susanne Berner und der Ernährungsexpertin Dagmar von Cramm.
Entsprechend den Jahreszeiten zeigen die Wimmlinger den Lesern, was man so alles saisonal zubereiten kann, Frühlingssammelsalat beispielweise, mit selbstgepflückten Kräutern aus Wald und von der Wiese. Die botanisch exakten Zeichnungen von Berner klären auf, um was für Gewächse es sich dabei handelt.
In diesem Kochbuch wimmelt es auf jeder Seite. Nicht so sehr mit Zeichnungen wie in den großen Wimmelbüchern, sondern mit vielen größeren und kleineren Texten. Und die haben ein Informationsgewimmel in sich. Denn es gibt hier nicht nur Rezepte, sondern jede Menge Hinweise und Erklärungen zum Kochen, zur Ernährung, zur Herkunft von Nahrungsmitteln und was man alles selber anbauen und ziehen kann. Sicherheitshinweise und Techniken, wie was zu behandeln ist, fehlen natürlich auch nicht.

Die Rezepte selbst sind nicht immer kinderleicht, sondern „normal“ wie von Cramm in ihrem Vorwort erläutert – und so soll es sein. Sicher wird ein vierjähriges Kind nicht gleich indisches Biryani kochen, doch Plätzchen-Ausstechen geht allemal. Spielerisch kochen lernen und dabei den Wert von Lebensmitteln zu erfahren sind hier quasi die Nebeneffekte von abwechslungsreichen, internationalen, leckeren Gerichten. Und die schmecken nicht nur Kindern.
Ich jedenfalls werde diese Kochbuch neben meine anderen stellen und mich immer wieder von dem Gewimmel inspirieren lassen.

Rotraut Susanne Berner/Dagmar von Cramm: Das große Wimmel-Kochbuch. Mit Rezepten für alle Jahreszeiten, Gerstenberg Verlag, 2014,  144 Seiten,  ab 4, 19,95 Euro