Aktuelles Erbe

Kann man zu Erich Kästner noch etwas sagen, was nicht längst schon gesagt wurde? Wahrscheinlich nicht. Aber man kann und sollte immer wieder an ihn erinnern. Und das will ich heute tun, denn vor 40 Jahren starb Kästner in München, 75-jährig. In memoriam habe ich kurzerhand noch einmal  Das fliegende Klassenzimmer und Das doppelte Lottchen gelesen.

kästner klassenzimmerDas Mutmacher-Buch über Johnny Trotz, Uli, Matze, Justus und den Nichtraucher stammt aus dem Jahr 1933. Kästner verpackt darin nicht nur die damals herrschende Armut in der Arbeiterschaft, sondern auch die Macht der Freundschaft und den Mut zu gesunden Menschenverstand. Gerade dieser Mut liegt Kästner am Herzen. Denn ohne Mut und Klugheit lässt sich das Leben nicht gut bewältigen. Das versucht er, den Kindern eindrucksvoll begreiflich zu machen. Mutig ist es demnach nicht, mit einem Regenschirm vom Turngerüst zu springen und sich dabei ein Bein zu brechen, nur weil man sonst als feige angesehen wird. Viel mutiger – und klüger – ist es, sich dem Druck der Mitschüler zu entziehen und sich im rechten Moment den Erwachsenen anzuvertrauen. Dieses Anti-Mobbing-Konzept gilt im Grunde auch heute noch. Womit man wieder bei dem unschlagbaren Punkt von Kästners Büchern ist: Selbst wenn sie über 80 Jahre alt sind, steckt in ihnen eine Aktualität, die immer wieder neu verblüfft.

kästner lottchenÄhnliches gilt für Das doppelte Lottchen. 1949 geschrieben ist das Lottchen vielleicht nicht ganz so „Problem belastet“. Hier erzählt Kästner die unterhaltsame Zwillings-Tausch-Geschichte um Luise und Lotte. Hinter der oberflächlich lustigen Verwechslungskomödie steckt das Drama von Scheidungskindern. Ist Scheidung per se schon meist eine unschöne Angelegenheit, so toppt Kästner das Elend noch, indem er die Zwillingsschwestern auseinander reißt, etwas, das uns heute unvorstellbar erscheint.
Auch hier hat Kästner ein Phänomen vorweggenommen, das heute immer mehr Familien betrifft, wird doch jede dritte Ehe geschieden. Jährlich stehen so in Deutschland über 130 000 Kinder vor zerbrochenen Familienverhältnissen. Kästner, der Moralist, der immer auf der Seite der Kinder steht, nimmt in seinem Roman die Eltern in die Pflicht. Das Wohl der Kinder hat bei ihm Vorrang vor den (Künstler)Wünschen der Eltern. So schenkt er Luise und Lotte ein herzerwärmendes Happy End.

Gibt es für die Scheidungskinder unserer Zeit meist nicht so einen glücklichen Ausgang, so können sie doch immer noch ein bisschen Trost und Rückhalt bei Erich Kästner finden. Und ohne das sollte kein Kind aufwachsen.

Erich Kästner:
Das fliegende Klassenzimmer,  Illustrationen: Walter Trier, Dressler, 169. Aufl. 2012, 174 Seiten, ab 10, 12 Euro
Das doppelte LottchenIllustrationen: Walter Trier, Dressler, 156. Aufl. 2006, 175 Seiten, ab 10, 12 Euro

 

[Jugendrezension] Abenteuerlicher Amazonas

pinaGemeinsam mit Pina am Amazonas auf Erkundungstour gehen, ja, das würde ich auch gerne…
Pina, aus dem Buch Pina reist zum Amazonas von Flávia Lins e Silva, ist ein abenteuerlustiges, nettes und lebhaftes Mädchen. Gemeinsam mit ihrem besten Freund und ihrem Kater hat sie den „CUS“ (Club der unsichtbaren Spione) gegründet. Im Moment suchen die drei Pinas Vater, der vor zehn Jahren verschwunden ist und den Pina schmerzlich vermisst.

Eines Tages entdeckt Pina einen Zeitungsbericht über einen Mann, der in der Umgebung von Rio de Janeiro nach bisher unbekannten Naturschätzen sucht. Jetzt weiß Pina, was zu tun ist! Sie muss schnell ihren Kater Samba und ihren besten Freund Bruno holen und mit ihnen in ihre magische Hängematte springen. Und dann? Natürlich ganz fest hoffen, dass die Hängematte sie nach Rio befördert …

Und? Es klappt. Pina und ihre Freunde landen sicher auf einem Boot, das auf dem Amazonas schwimmt. Hier lernen sie Maiara kennen, die ihnen bei ihrer Suche helfen will. Doch die Suche nach Pinas Vater wird gar nicht so einfach, denn zumindest die Bootsreisenden haben den Mann aus dem Zeitungsausschnitt noch nie gesehen.

Auf ihrer Reise erleben die drei viele Abenteuer. Eine Flussnixe will Bruno verzaubern und ihn auf den Flussgrund ziehen. Bira, ein Junge, den die drei auf dem Boot kenngelernt haben, zeigt ihnen einen wunderschönen Zauberwald, in dem sie einen seltsamen Holzfäller, einen gefährlichen Jaguar und einen netten Professor treffen, der aussieht, wie der Mann aus dem Zeitungsartikel … Und dann verschwindet plötzlich Samba, Pinas Kater …

Doch ob Samba wieder auftaucht und wer dieser nette Professor nun in Wirklichkeit ist, das werde ich nicht verraten, dass musst Du schon selbst herausfinden! Viel Spaß dabei.

Ich fand die Geschichte interessant und lehrreich, da im ganzen Buch auch immer wieder kurze, gut verständliche Infotexte über komplizierte Sachverhalte abgedruckt sind. Außerdem sind die Beschreibungen sehr schön, so dass ich in manchen Momenten dachte, ich wäre wirklich mit auf der Reise durch Brasilien.

Ich empfehle das Buch für Mädchen und Jungen im Alter von 7 bis 12 Jahren. Das Buch ist auch zum Vorlesen geeignet. Besonders gut gefallen wird es denjenigen unter Euch, die auch gern mal ein richtiges Abenteuer am Amazonas erleben wollen und auch denen, die gern wunderschöne Beschreibungen genießen und sich wie am Amazonas fühlen möchten!

Bücherwurm (12)

Flávia Lins e Silva: Pina reist zum Amazonas, Übersetzung Claudia Stein, Fischer KJB, 2013, 192 Seiten, ab 9, 11,99 Euro

Der Spiegel der Gefühle

Manchmal spielt einem das Leseleben merkwürdige Streiche. Diesmal aus der Abteilung: ein Thema, zwei Varianten. Automatisch fängt man zu vergleichen und kommt auf die unterschiedlichsten Gedanken.

schwarzweißGerade habe ich zwei Bücher gelesen, in denen das Asperger Syndrom eine ausschlaggebende Rolle spielt. In de
m Kinderbuch Schwarz-weiß hat viele Farben von Kathryn Erskine, übersetzt von Ingrid Ickler, lebt die 10-jährige Caitlin mit Asperger. Sie muss den Tod ihres älteren Bruders Devon verarbeiten, der bei einem Amok-Lauf an der Highschool erschossen wurde. Trauer ist ihr fremd, Gesichtsausdrücke ihrer Mitmenschen kann sie nicht deuten, Worte und Sätze nimmt sie wörtlich. Im Laufe des Buches lernt sie ganz langsam, was es heißt, emphatisch zu sein. Sie lernt, um ihren toten Bruder zu trauern.

Bei Das Rosie-Projekt von Graeme Simsion, übersetzt von Annette Hahn, hingegen sucht Professor Don Tillman eine Frau. Das fällt dem Akademiker nicht leicht, denn er hält sich für anders konfiguriert und bringt das überhaupt nicht mit dem Asperger Syndrom in Verbindung. Um das Verehelichungsprojekt effektiv voranzutreiben, entwickelt er einen Fragebogen für die potentielle Gattin, der jedoch nicht mit menschlich-chaotischem Verhalten kompatibel ist.
Sein Freund Gene schickt daraufhin Rosie zu Don, die so überhaupt nicht den Fragebogen-Parametern entspricht. Sie ist unpünktlich, Vegetarierin, raucht. Und sie sucht nach ihrem leiblichen Vater. Gen-Forscher Don ist abgestoßen und fasziniert zugleich und will ihr helfen, was jedoch durch sein mangelndes Einfühlungsvermögen und sein durchstrukturiertes Leben nicht ganz einfach wird.

rosieDas Rosie-Projekt ist eine charmant-chaotische Lovestory, deren Witz sich aus dem Kontrast nährt, dass unser menschlicher Umgang, selbst im alltäglichen Leben von Empathie und Gefühlen geprägt ist, die Asperger-Menschen nicht lesen und entschlüsseln können. Asperger-Menschen können in Gesichtern und dem Mienenspiel ihrer Gesprächspartner keine Emotionen erkennen. Ebenso können sie mit Doppeldeutigkeiten von Sprache nichts anfangen. Im Rosie-Projekt hält der Australier Simsion diesen Kontrast perfekt bis zum Ende durch, mit jeder Menge Wendungen und Gimmicks. Das ist richtig gute Unterhaltungsliteratur, die man wie im Rausch verschlingt und auf deren Verfilmung man sich bereits freut. Gleichzeitig schließt man Don Tillman mit seiner Asperger-Art so ins Herz, dass man diese „andere Konfiguration“ vorbehaltlos akzeptiert.

Caitlin in Schwarz-weiß hat viele Farben der Amerikanerin Erskine hat es da schon schwerer. Sie weiß ganz genau, dass sie das Asperger-Syndrom hat. Und ihre Umwelt, vor allem die Mitschüler, lässt es sie immer wieder wissen. Da wird sie als „verrückt“ und „bekloppt“ bezeichnet. Niemand möchte mit ihr wirklich befreundet sein. Nur der jüngere Michael findet Caitlin ganz normal. Aber die beiden Kinder teilen das gleiche Schicksal: Sie haben ein Familienmitglied bei einem Amok-Lauf verloren. Das schweißt zusammen. Caitlin hat zudem noch Mrs. Brook, die Schulpsychologin. In Gesprächen versucht sie, Caitlin zu helfen und das Erlebte zu verarbeiten.

Die Parallelen dieser beiden Romane sind unübersehbar: Don und Caitlin leben beide mit dem Asperger-Syndrom, beide haben Ausnahmefähigkeiten (Don als Genetiker, Caitlin kann extrem gut zeichnen), beide haben Schwierigkeiten mit Gefühlen. Aber beide entwickeln sich in den Geschichten weiter. Beide bringen dem Leser Menschen mit Asperger näher. Und das ist toll. Sie zeigen, dass man auch ohne Asperger-Syndrom seine Mitmenschen genauer betrachten sollte, als man das gemeinhin so tut. Caitlin nennt das „dem-Menschen-ins-Gesicht-schauen“. Davon kann sich jeder Leser, egal wie alt er ist, eine Scheibe abschneiden.

Was bei diesen beiden Büchern natürlich sofort auffällt, ist, dass den jungen Lesern vom Schwarz-weiß hat viele Farben eine hammerharte Geschichte zugemutet wird. Zwar wird das Drama um den Amok-Lauf an einer Schule ein kleines bisschen abgemildert, da die Story aus Caitlins Perspektive erzählt wird. Dennoch ist es kein einfaches Kinderbuch, sondern eher ein All-Age-Titel mit Anspruch.
Weitere Schlussfolgerungen über die Themenbearbeitung muss jeder Leser selbst ziehen …

Graeme Simsion: Das RosieProjekt, Übersetzung: Annette Hahn,  Fischer/Krüger, 7. Aufl. 2014, 352 Seiten, 18,99 Euro
Kathryn Erskine: Schwarz-Weiß hat viele Farben, Übersetzung: Ingrid Ickler, Knesebeck, 2014, 224 Seiten, ab 10, 14,95 Euro

Oma mischt alle auf

omaSo ein Familienleben kann ganz schön geruhsam sein, wenn man es nett ausdrücken will. Jedenfalls ist das bei der Familie des zehnjährigen Henrik Gruber so: Der Vater interessiert sich nur für seine Modelleisenbahn, der Mutter ist der Garten heilig, die große Schwester hat nur Ohren und Augen für einen Teeniesänger. Henrik selbst interessiert sich eigentlich für … nichts.

Hilfe! Ich will hier raus! – Salah Naouras neuester Roman, der gerade für den Deutsch-Französischen Jugendliteraturpreis nominiert war – fängt ganz harmlos und unschuldig an, bis eines Tages Oma Cordula vor der Tür steht. Angeblich ist ihr Altenheim abgebrannt. Dort hatte Henriks Mutter sie untergebracht, weil sie nach dem Tod ihres Mannes so tüddelig geworden war. Doch nun steht sie vor der Familie und ist alles andere als tüddelig. Resolut macht sie sich im Haus breit und mischt das ruhige Leben der Grubers gehörig auf: Denn ihr Vater hatte vor dem Krieg drei Goldbarren im Garten vergraben. Mutters Heiligtum gleicht schon nach kurzer Zeit einem Schweizer Käse, da alle Familienmitglieder eifrig nach dem Schatz buddeln. Irgendwann wird der Garten zu klein, der angrenzende Kurpark wird von Oma zum möglichen Schatzgebiet erklärt … und damit breitet sich das Goldfieber in der ganzen Stadt aus.

Leicht und witzig erzählt Salah Naoura diese Familiengeschichte, in der sich mehr versteckt als eine einfache Schatzsuche. Oma Cordula ist der Weckruf, der frische Wind, der die Grubers aufrüttelt und sie aus ihren eingefahrenen Wegen holt. So eine Erinnerung, sein eigenes Leben mal wieder auf langweilige Routine zu überprüfen, kann man auch als Leser immer wieder gut vertragen. Denn nur so entwickelt man sich weiter, wird kreativ oder schafft etwas, das auch für andere Menschen von Bedeutung sein kann.
Gleichzeitig reißt Naoura das heikle Thema der Generationen und des Zusammenlebens an: Oma Cordula fühlte sich im Altenheim nicht wohl, weil sie dort einfach nur ruhig gestellt wurde. Das Leben bei ihrer Familie ist allerdings auch nicht einfach … Die Lösung, die Naoura findet, ist sicher nicht in jeder Familie machbar, literarisch jedoch ganz entzückend – und zeigt, dass es auch im Alter noch Glück und Herausforderungen geben kann.

Hilfe! Ich will hier raus! ist ein kurzweiliger Lesespaß, bei dem auch die erwachsenen Vorleser noch jede Menge Aha-Erlebnisse haben können.

Salah Naoura: HilfeIch will hier raus! Dressler, 2014, 160 Seiten, ab 8, 12,95 Euro 
   

Akustischer Maulzauber

maulinaMittlerweile sollte klar sein, dass ich absoluter Fan von Maulina Schmitt und ihrem Schöpfer Finn-Ole Heinrich bin, was an den Beiträgen auf diesem Blog hier, hier und hier ziemlich offensichtlich ist. Jetzt leg ich noch mal nach, denn neulich trudelte zum einen zu meiner großen Überraschung das Hörbuch zum zweiten Teil von Maulinas Geschichte ein. Zum anderen haben Finn-Ole Heinrich und Rán Flygenring heute den Deutsch-Französischen Jugendliteraturpreis erhalten. Doppelte Freude total! Und maultastische Glückwünsche an die beiden!

Obwohl ich Maulinas neue Erlebnisse, ihr Leben in Plastikhausen, die Verschlechterung von Mamas Gesundheitszustand, ihre Freundschaft zu Paul und ihr schwieriges Verhältnis zu dem Mann, schon kannte, hat mir die Hörversion noch einmal die Feinheiten, den Witz und die Wortgewandtheit von Finn-Ole Heinrich verdeutlicht.
Wie schon bei Teil eins ist es auch hier wieder Sandra Hüller, die perfekte Arbeit leistet. An den richtigen Stellen liest sie nüchtern, fast sachlich, dann wieder mault sie anständig. Sie trifft die leisen Töne, wenn es traurig wird, lässt gleichzeitig die Hoffnung durchschimmern, an die Maulina sich heldinnenhaft klammert. Allem verleiht sie den gehörigen Respekt, so dass Maulina nie albern wirkt. Stattdessen möchte man beim Hören Maulina ständig in den Arm nehmen, mit Pauls Brauseeis trösten und ihr für ihren Mut und ihre Kraft danken, mit dem sie jeden Leser und Zuhörer ansteckt.

Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Die Kombination aus Finn-Ole Heinrich und Sandra Hüller ist der Knaller. Maulina Schmitt ist herzerfrischende und herzzerreißende Literatur, die mit Leichtigkeit die Untiefen des Daseins auslotet und trotz aller Klippen dem Leben eine der schönsten Liebeserklärungen macht.

Finn-Ole Heinrich: Die erstaunlichen Abenteuer der Maulina Schmitt – Warten auf ein Wunder, Sprecherin: Sandra Hüller, Hörcompany, 2014, 150 Minuten, ab 10, 14,95 Euro

 

[Jugendrezension] Wunschchaos

wünscheEine solche Gabe wie Aurora in dem Buch 99 und (m)ein Wunsch von Erica Bertelegni hätte ich auch gern!
Aurora, ein nettes, büchervernarrtes Mädchen, liebt es, in Büchereien zu stöbern und ihre Nase in Bücher zu stecken. Einmal geht sie in eine ihr bisher vollkommen unbekannte Buchhandlung. Dort passiert etwas sehr, sehr Seltsames, was ihr ganzes Leben umkrempeln wird.

Ganz plötzlich hat sie eine ungewöhnliche Gabe, die es ihr ermöglicht, anderen Menschen ihre Wünsche zu erfüllen. Durch einen einzigen Wunsch entstehen die seltsamsten Verwirrungen, UND Aurora kann plötzlich nicht mehr immer alles selbst entscheiden … Sie muss Wünsche anderer wahr werden lassen, egal wie wenig ihr diese manchmal gefallen. Und seit sie sich mit den Wünschen anderer beschäftigt, fällt ihr sehr schnell auf, wie viele Menschen Wünsche haben, und dass auch noch in einer Tour.

Und was für ein Chaos Wünsche verursachen können, kann der Leser in der Mensa von Auroras Schule betrachten. Hier bricht beispielsweise vollkommen unerwartet eine Frikadellenschlacht aus. Aber dies soll nicht das einzige komische Vorkommnis in dieser Schule bleiben.

Allerdings musst DU das Buch schon selber lesen, wenn Du erfahren möchtest, was für andere turbulente Ereignisse in der Schule ihren Lauf nehmen…

ICH finde das Buch FANTASTISCH. Es ist wunderbar geschrieben und einfach nur zum Totlachen. Doch nicht nur das, an manchen Stellen wird es auch richtig romantisch. Ich warte schon gespannt auf einen zweiten Teil bzw. eine Fortsetzung der Geschichten um Aurora!

Das Buch ist geeignet für Mädchen im Alter von 9 bis 13 Jahren, aber auch für alle die, die gerne eine ganz besondere Gabe hätten. Kleiner Tipp, den ich allen geben möchte: Das Buch ist einfach nur SUPERSPITZENKLASSE!

 Bücherwurm (11)

Erica Bertelegni: 99 und (m)ein Wunsch, Übersetzung: Ulrike Schimming, Fischer KJB, 2013, 400 Seiten, ab 10, 14,99 Euro

Monstermäßige Freundschaft

stichkopfSamstag Nachmittag in  Berlin, die Sonne scheint und doch drängen sich etwa 120 Menschen in der Clinker-Lounge der Backfabrik. Sie haben eine gute Wahl getroffen, denn Katharina Thalbach liest aus dem Roman  Stichkopf und der Scheusalfinder von Guy Bass.

In dieses Buch hatte ich mich verliebt, noch bevor ich es aufgeschlagen hatte, denn die Illustration der kleinen Hauptfigur auf dem Cover hat sofort mein Herz erobert. Nun gibt Katharina Thalbach Stichkopf und den anderen Figuren der Geschichte eine lebhafte Stimme. Sie sitzt vorne auf einem Stuhl, aber alles an ihr ist in Bewegung: Sie fuchtelt mit dem Armen, sie rollt mit den Augen, sie verzieht das Gesicht zu herrlichen Grimassen und grrrrooaaarrrhtt so unglaublich, dass alle gebannt sind. Die Kinder im Publikum bevölkern die Stufen zu ihren Füßen und rücken immer näher. Die Lacher kommen nicht nur von ihnen, sondern auch von den Erwachsenen. Denn die Geschichte ist monstermäßig komisch:

Stichkopf ist das erste Ungetüm, das Professor Erasmus in jungen Jahren auf Burg Grottenow geschaffen und zum Halbleben erweckt hat. Frankenstein gleich versucht der Professor seitdem, immer üblere, grausigere, furchterregendere, schrecklichere Monster zu kreieren: da ist die sechsarmige Nacktschnecke, der Riesenfisch mit Aufziehfüßen, der Totenkopf mit Dampfantrieb. Seinen Erstling, Stichkopf, hat der Professor schon lang vergessen, obwohl er ihm einst ewige Freundschaft geschworen hat. Stichkopf hingegen hat das nicht vergessen und assistiert dem Professor im Hintergrund unermüdlich, indem er die schlimmsten Eigenschaften der Monster durch Gegenmittel und Zaubertrünke unschädlich macht.
So kuriert er die jüngste Kreatur, das Ungetüm, mit einem Heiltrank vor „plötzlicher und/oder akuter Werwolferei“. Ungetüm mit den drei Armen wird zu einem lammfrommen Wesen, das Stichkopf nicht mehr von der Seite weicht. Sehr zum Leidwesen von Stichkopf, der keine Freunde mehr will, seit er vom Professor so fürchterlich enttäuscht worden ist.
Doch Ungetüm lässt sich nicht beirren und hilft Stichkopf gegen den machtgierigen Schadalbert Scheusalfinder, der auf Jahrmärkten angebliche Monsterwesen ohne großen Erfolg zur Schau stellt und sich nun auf der Burg Grottenow den Schöpfer der scheußlichsten aller Scheusale holen will. Doch Stichkopf, Ungetüm und das Mädchen Arabella werfen sich schützend vor den Professor.

Stichkopf ist in vielerlei Hinsicht ein total liebenswertes Buch: Die Geschichte um das kleine freundliche Monster geht ans Herz und beschwört die Macht der Freundschaft, auch unter ungleichen Gesellen. Unterstützt wird dieser Eindruck durch die knuffigen Illustrationen von Pete Williamson, der die Seitenränder einschwärzt, als wären sie angekokelt, den Monstern ein gruselig-skurriles Aussehen verleiht und im Dunkel seiner Schwarzweißbilder jede Menge kleine Details versteckt, so dass man richtig viel schauen hat.
Übersetzer Salah Naoura, der auch Der unvergessene Mantel 
von Frank Cottrell Boyce (Deutschen Jugendliteraturpreis 2013, Kategorie Kinderbuch) übersetzt und Dilip und der Urknall  geschrieben hat,  hat hier kongeniale Arbeit geleistet. Er reimt und dichtet nach, schöpft neue Worte und verpasst der ganzen Geschichte eine sprachliche Leichtigkeit, dass man sie in einem Zug verschlingt. Schöner kann man eine kleine Geschichte um Andersartigkeit und Freundschaft nicht verpacken.

Katharina Thalbach nun hat das Hörbuch zu Stichkopf eingelesen und das ganz hinreißend! Sie nuschelt, lispelt, groaaarrt, leiht Angst, Verschlagenheit, Überraschung, Warmherzigkeit und Schusseligkeit ihre großartig wandelbare Stimme, erweckt die Figuren zu einem monstermäßigen Fastleben.
Begleitet wird die Lesung auf den CDs von ganz feiner Musik von Henrik Albrecht, die in der Backfabrik leider gefehlt hat.

Dort wurde Katharina Thalbach gefragt, warum sie keine Berührungsängste mit Kinderbuchliteratur hätte, worauf sie fast verwundert antwortete, dass sie eine Affinität zu guter Literatur hat, egal ob es sich um Kinderliteratur oder „große“ Literatur handele. Schöner kann man dem ewigen Schubladendenken in Sachen Literatur eigentlich keine Abfuhr erteilen. Der Spaß am Vorlesen ist Katharina Thalbach jedenfalls ins Gesicht geschrieben, genauso wie ihre Leidenschaft für Stichkopf und ihr junges Publikum. Sie liebt nämlich die Unbestechlichkeit der Kinder, die gute Geschichten ohne Umschweife würdigen – und dafür hat ihr ein Mädchen nach der Lesung erstmal Schokolade geschenkt.

Nachtrag am 22. Oktober 2014: Katharina Thalbachs Lesung von Stichkopf erhält den Preis der Kinderjury des BEO 2014. In der Pressemitteilung heißt es:

Katharina Thalbachs Lesung von Stichkopfs erstem Abenteuer konnte die Kinderjuroren der Herman-Nohl-Schule in Berlin-Neukölln restlos überzeugen. In ihrer Begründung schreiben die jungen Hörer und Literaturkritiker:
»Wir haben das Hörbuch Stichkopf und der Scheusalfinder zum BEO-Preisträger 2014 gewählt, weil es gruselig und sehr lustig zugleich ist – wir haben uns totgelacht. Das Schicksal von dem kleinen, traurigen Stichkopf, der von seinem Meister vergessen wurde und so einsam ist, ist eigentlich traurig und hat uns sehr berührt. Er weiß es selber nicht, aber er ist ein Held und alles geht gut aus. Und es geht auch um Freundschaft. Das hässliche Ungetüm ist so liebenswert und ein wirklich ›bestester‹ Freund.
Die Geschichte ist einfach toll und die Sprecherin liest sie spannend vor. Durch die gut verstellte Stimme werden die Monster richtig lebendig! Außerdem ist die Musik sehr passend und cool. Wenn wir Stichkopf gehört haben, waren wir nicht mehr in der Schule, sondern auf der Burg Grottenow.«

Die Preisverleihung findet am 12. November 2014 im Thalia Theater in Hamburg statt. Herzlichen Glückwunsch!

Guy Bass: Stichkopf und der Scheusalfinder, Übersetzung: Salah Naoura, Illustration: Pete Williamson, Fischer KJB,  2014,  192  Seiten, ab 8, 11,99 Euro

Guy Bass: Stichkopf und der Scheusalfinder, Übersetzung: Salah Naoura, gesprochen von Katharina Thalbach, Argon Hörbuch, 2014, 2 Audio-CDs, 14,95 Euro

[Jugendrezension] Ein Höllenjob

hölleWer Geld verdienen will, muss manchmal durch die Hölle gehen. Das zeigt der Comic-Roman Was zur Hölle?! von Patrick Wirbeleit.

Jonas braucht Geld, sehr viel Geld und sehr dringend. Er spart nämlich auf eine Vespa. Und die Vespa braucht er, um ein Mädchen zu beeindrucken. Jedenfalls – seine Eltern kann er nicht nach Geld fragen. Die haben keins, weil sie arbeitslos sind. Alle Nebenjobs in der Stadt, sofern es einmal einen gibt, sind sofort besetzt. Also geht Jonas zur Stellenangebotswand im Rathaus. Dort hängen zwar fast nie Zettel, doch Jonas hat Glück:  Eine Anzeige für einen Aschefeger hängt dort: „Aschefeger gesucht. Viel Dreck, viel Arbeit, wenig Bezahlung. Bitte wählen Sie bei Interesse …“ Wohl oder übel, Jonas muss den Job annehmen. Zum Glück bekommt er ihn auch. Am nächsten Tag um 6 Uhr kommt er zum ersten Mal zur Arbeit. Dort  erschrickt er, weil ihn gleich mehrere Teufel erwarten, die ihm sagen, was er tun muss: Die Öfen reinigen. Alles wäre gut gegangen, wenn nicht ein Teufel auf die Idee gekommen wäre, sich umzubringen … Wie aber wird Jonas aus seiner Situation wieder herauskommen? Und wird er am Ende sogar die Vespa kaufen können?

Mir hat das Buch sehr gut gefallen, weil es voller witziger Einfälle steckt und streckenweise – vor allem zum Ende hin – spannend ist. Man fiebert mit Jonas in seiner gefährlichen Lage mit und hofft, dass alles ein gutes Ende nimmt.

Die Zeichnungen fand ich besonders schön, sie sind sehr witzig gezeichnet und machen die Geschichte lebendig. Das Buch ist empfehlenswert für Kinder ab 10 Jahren, die ihre Bücher sehr lustig mögen.

Lector03 (11)

Patrick Wirbeleit: Was zur Hölle?! FISCHER Sauerländer, 2014, 96 Seiten,  ab 10, 12,99 Euro

[Jugendrezension] Backzauber

magischeEngelshauch Biscuit, Krosse Croissants und Himmlische Hörnchen – die nahezu überirdischen Spezialitäten aus der Küche der 12-jährigen Rose Glyck – würde ich auch sehr gern probieren!

In der Glücksbäckerei  und auch in der ganzen Stadt, in der diese steht, ist nicht mehr viel passiert, seit das Zauberbackbuch der Familie Glyck verschwunden ist. Die ganze Stadt ist grau und nirgendwo sieht man mehr ein Lächeln. Roses  „Tante“ hat neben dem Zauberbackbuch auch das Lächeln der Menschen dieser Stadt geklaut.

Dagegen muss etwas unternommen werden. Dass findet auch Familie Glyck. Sie müssen ihr Backbuch zurückbekommen. Dafür lassen sie sich etwas einfallen. Rose fordert ihre diebische  „Tante“ zu einem Backduell heraus.

Sie und ihre „Tante“ nehmen an einer internationalen Backmeisterschaft teil. Doch für die beiden steht mehr auf dem Spiel als der Gewinn der Meisterschaft. Denn der Gewinner – Rose oder ihre „Tante“ – soll rechtmäßiger Besitzer des Zauberbackbuches sein.
Aber wie soll Rose ohne ihre Zauberrezepte gewinnen? So hat sie doch nicht den Hauch einer Chance. Oder? Doch! Und zwar nicht nur eine klitzekleine, sondern sie hat wahrhaftig eine riesengroße Aussicht auf Erfolg! Wie der Backwettbewerb ausgeht, ob das Zauberbackbuch nun doch wieder in die richtigen Hände gelangt und ob das Lächeln in die Stadt zurückkehren kann, musst du schon selber nachlesen!

Ich finde das Buch Die Glücksbäckerei – Die magische Prüfung von Kathryn Littlewood fantastisch, denn ich liebe Magie und Zauberei. Ich habe vorab allerdings den ersten Band gelesen und hätte nicht gedacht, dass die Geschichte so eine interessante Wendung nehmen wird. Tipp: Lies vorher den ersten Band!!!

Ich empfehle das Buch für Mädchen im Alter von 8-14 Jahren.

Bücherwurm (11)

Kathryn Littlewood: Die Glücksbäckerei – Die magische Prüfung, Übersetzung: Eva Riekert,  Fischer KJB, 2. Aufl. 2013, 336 Seiten, ab 10, 14,99 Euro

 

Preiswürdig

Dieses Mal habe ich es nicht nach Leipzig auf die Buchmesse geschafft. Dennoch verfolge ich das Geschehen – so gut es eben geht aus der Ferne. Mit wehem Herzen. Denn die Atmosphäre in den Glashallen zwischen all den neuen Büchern, die verkleideten Cosplayern, die Lesegrüppchen an allen Ecken und Enden, die Gespräche mit Kollegen, ach ja, all das fehlt schon ein bisschen.

Um so schöner sind dann solche Nachrichten, dass nun die Nominierungen für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2014 feststehen. Im dritten Jahr meines Blogs kann ich nun mit einem kleinen Grinsen feststellen, dass sich darunter doch einige „alte“ Bekannte finden, die ich hier im vergangenen Jahr vorgestellt habe. Gleichzeitig geht nun wieder das Nachhollesen los … Aber auch das ist eine Freude.

Allen Beteiligten an den Büchern gratuliere ich nun schon mal zur Nominierung – jetzt bleibt es spannend bis zum Oktober in Frankfurt!

Nominiert wurden:

Bilderbücher:

mne_HK_Ligne_Cov_z_Layout 1Jimi Lee (Illustration)
Überall Linien
Michael Neugebauer Edition
14,95 Euro
ab 3

Von Jimi Lee habe ich Unsere Erde vorgestellt.

3895Gus Gordon (Text, Illustration)
Gundula Müller-Wallraf (Übersetzung)
Herman und Rosie
Eine Geschichte über die Freundschaft
Knesebeck Verlag
14,95 Euro, ab 5

Bournay_24301_MR.inddDelphine Bournay (Text, Illustration)
Julia Süßbrich (Übersetzung)
Krümel und Pfefferminz
Wilde Tiere
Carl Hanser Verlag
7,90 Euro
ab 5

 

Moritz_VS_H_2013_17.04.inddClaude K. Dubois (Text, Illustration)
Tobias Scheffel (Übersetzung)
Akim rennt
Moritz Verlag
12,95 Euro, ab 7

3898Regina Kehn (Herausgeber, Illustration)
Das literarische Kaleidoskop
Fischer KJB
16,99 Euro
ab 8

Meine Rezension gibt’s hier.

 

3899Peter Sís (Text, Illustration)
Brigitte Jakobeit (Übersetzung)
Die Konferenz der Vögel
Aladin Verlag
24,90 Euro
ab 8

 

Kinderbücher:

Vorschau_F 2013_24.11.2012.inddChristian Oster (Text)
Katja Gehrmann (Illustration)
Tobias Scheffel (Übersetzung)
Besuch beim Hasen
Moritz Verlag
9,95 Euro
ab 5

3901Susan Kreller (Herausgeber)
Sabine Wilharm (Illustration)
Henning Ahrens (Übersetzung)
Claas Kazzer (Übersetzung)
Der beste Tag aller Zeiten
Weitgereiste Gedichte
Carlsen Verlag
24,90 Euro,  ab 6

3902Tamara Bos (Text)
Annemarie van Haeringen (Illustration)
Ita Maria Berger (Übersetzung)
Papa, hörst du mich?
Verlag Freies Geistesleben
13,90 Euro
ab 7

 

3903Polly Horvath (Text)
Sophie Blackall (Illustration)
Christiane Buchner (Übersetzung)
Herr und Frau Hase
Die Superdetektive
Aladin Verlag
12,90 Euro
ab 9

3904Martina Wildner (Text)
Königin des Sprungturms
Beltz & Gelberg
12,95 Euro
ab 11

 

 

3905Synne Lea (Text)
Maike Dörries (Übersetzung)
Leo und das ganze Glück
Verlag Friedrich Oetinger
12,95 Euro
ab 11

 

 

Jugendbuch:

3906Sarah Crossan (Text)
Cordula Setsman (Übersetzung)
Die Sprache des Wassers
mixtvision Verlag
13,90 Euro
ab 13

Sarah Crossans Buch habe ich hier besprochen.

3907James Proimos (Text)
Uwe-Michael Gutzschhahn (Übersetzung)
12 Things To Do Before You Crash and Burn
Gerstenberg Verlag
12,95 Euro
ab 14

 

3909Joanne Hornimann (Text)
Brigitte Jakobeit (Übersetzung)
Über ein Mädchen
Carlsen Verlag
15,90 Euro
ab 14

Meine Meinung dazu gibt es hier.

3908Inés Garland (Text)
Ilse Layer (Übersetzung)
Wie ein unsichtbares Band
Fischer KJB
14,99 Euro
ab 14

Inés Garland hat mir ein paar Fragen zu ihrem Buch beantwortet.

3910Rainer Merkel (Text)
Bo
S. Fischer Verlag
22,99 Euro
ab 15

 

 

cleverprinting 2009Stefanie de Velasco (Text)
Tigermilch
Verlag Kiepenheuer & Witsch
16,99 Euro
ab 16

 

 

Sachbuch:

CV_KARTOFFELKOENIG.inddChristoph Niemann (Text)
Der Kartoffelkönig
Verlagshaus Jacoby & Stuart
12,95 Euro
ab 5

CoverHeidi Trpak (Text)
Laura Momo Aufderhaar (Illustration)
Gerda Gelse
Allgemeine Weisheiten über Stechmücken
Wiener Dom-Verlag
14,90 Euro
ab 6

130412_OKLADA_lay2.inddAnna Czerwińska-Rydel (Text)
Marta Ignerska (Illustration)
Olaf Kühl (Übersetzung)
Die Ton-Angeber
mixtvision Verlag
14,90 Euro
ab 6

Vorschau_F 2013_24.11.2012.inddSebastian Cichocki (Text)
Aleksandra Mizielińska (Illustration)
Daniel Mizielińsky (Illustration)
Thomas Weiler (Übersetzung)
Sommerschnee und Wurstmaschine
Sehr moderne Kunst aus aller Welt
Moritz Verlag, 19,95 Euro

3919Adam Jaromir (Text)
Gabriela Cichowska (Illustration)
Fräulein Esthers letzte Vorstellung
Gimpel Verlag
29,90 Euro
ab 10

 

3920Nikolaus Nützel (Text)
Mein Opa, sein Holzbein und der Große Krieg
Was der Erste Weltkrieg mit uns zu tun hat
arsEdition
14,99 Euro
ab 12

 

Preis der Jugendjury:

3886John Boyne (Text)
Oliver Jeffers (Illustration)
Adelheid Zöfel (Übersetzung)
Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket
Fischer KJB
14,99 Euro
ab 12

Über Barnaby hat Lector3 eine Jugendrezension verfasst.

3887Raquel J. Palacio (Text)
André Mumot (Übersetzung)
Wunder
Carl Hanser Verlag
16,90 Euro
ab 12

Mein Eindruck zu diesem Buch hier.

3888Jostein Gaarder (Text)
Gabriele Haefs (Übersetzung)
2084 – Noras Welt
Carl Hanser Verlag
14,90 Euro
ab 12

 

3889Janne Teller (Text)
Sigrid C. Engeler (Übersetzung)
Birgitt Kollmann (Übersetzung)
Alles – worum es geht
Carl Hanser Verlag
12,90 Euro
ab 13

 

3890Alexia Casale (Text)
Henning Ahrens (Übersetzung)
Die Nacht gehört dem Drachen
Carlsen Verlag
14,90 Euro
ab 13

 

3892Boulet (Text)
Pénélope Bagieu (Illustration)
Ulrich Pröfrock (Übersetzung)
Wie ein leeres Blatt
Carlsen Verlag
18,40 Euro
ab 13

Diesen Comic habe ich hier vorgestellt.

Die menschliche Natur

fuchsVor einiger Zeit hatte die Presseabteilung von Carlsen in das Verlagshaus in Hamburg geladen und die Neuerscheinungen für das Frühjahr vorgestellt. Stapelweise lagen da die neuen Bücher, die es noch nicht im Laden gab. Für jede/n Bücherfreund/in eine Wonne.

Eine Wonne war auch die kurze Lesung des Berliner Theatermacher Ulrich Hub aus seinem neuen Buch Füchse lügen nicht. Hatte ich beim ersten Herumschauen bei dem Buchtitel nur mit den Schultern gezuckt und kurz gedacht: „Aha, ein Tierbuch. Interessiert mich nicht“, so wurde ich innerhalb von zehn überaus kurzweiligen Minuten eines besseren belehrt und gestehe nun: Es interessiert mich doch – und zwar sehr.

Hub las von einer Handvoll Tiere, die in der Animallounge eines Flughafens auf ihren Flieger warten. Die Gans sucht beständig ihren Reisepass, die Klon-Schafe reden im Chor, der Affe schmeißt beständig Pillen ein, der Tiger rühmt sich seiner Fernsehkarriere und der Panda ruht sich auf seinem Artenschutzpass aus. Der Wachhund versucht das Chaos, das sich langsam ausbreitet, einzugrenzen. Während die Tiere tagelang warten, reden und irgendwann die Duty-Free-Shops stürmen, taucht ein Fuchs auf und bringt das wohlige Stelldichein durcheinander. Nach und nach hält er den Individuen den Spiegel vor, bohrt in Seelenwunden, desillusioniert und kommt Lügengespinsten auf die Spur. Und rettet allesamt schließlich vor einer großen Katastrophe.

Einem erwachsenen Leser wird natürlich schnell klar, dass hier der Mensch und seine Schwächen in allerfeinster Manier dargestellt wird. Hub, der beim Lesen als erfahrener Theatermann die Figuren durch verschiedene Stimmlagen zusätzlich charakterisierte, greift dabei auf die Geschichte Reineke Fuchs zurück.
Angeregt davon habe ich versucht Goethes Fuchs-Version zu lesen, bin aber an dem Versepos vorerst gescheitert. Goethe ist leider nicht so unterhaltsam wie Hub. Denn von der Situationskomik der eingesperrten Tiere mal abgesehen, gibt es für Erwachsene doch so einige Anspielungen – auf aktuelle Flughafenproblematiken unserer Hauptstadt oder Wachholderhaltige Getränke –, die einen zwischen Schmunzeln und stimmendem Kopfnicken ob der menschlichen Abgründe gut amüsieren.
Man muss also mitnichten eine Vorbildung in Sachen Reineke Fuchs besitzen, um dieses Buch schätzen zu können.
Und junge Leser werden ihren Spaß an den Macken der Helden haben und viel über das moralische Spiel mit den großen und kleinen Lügen lernen, die sowohl die Tiere, als auch wir selbst täglich erzählen.

Eine Facette, die dieses Buch zusätzlich liebenswert macht, sind die Illustrationen von Heike Drewelow. Jedem Tier verpasst sie ein eigenes Gesicht. Hub bezeichnete diese Menagerie nach der Lesung als „liebenswert und grenzdebil“. Genauso könnte man das ganze Buch bezeichnen, wobei ich „grenzdebil“ durchaus als Kompliment verstehe, denn diesen schmalen Grat zwischen feinsinnigem Humor und Klamauk muss man entlanglaufen können. Und Ulrich Hub kann das meisterhaft.

Ulrich Hub: Füchse lügen nicht, Illustrationen: Heike Drewelow, Carlsen,  2014, 144 Seiten, ab 8, 12,90 Euro

[Jugendrezension] Wunscherfüllung

pixieKlug und mit einem großen Herzen – ganz genau – exakt mit diesen Worten würde ich Pixie Pinker, die Heldin aus dem gleichnamigen Buch von Jenny Alexander, beschreiben. Pixie Pinker ist ein liebenswürdiges Mädchen, die einen großen, streng geheimen Wunsch hat. Wie Wünsche wahr werden? Wenn Pixie das nur wüsste! Bisher ist sie leider nicht sehr erfolgreich bei der Verwirklichung ihrer Träume. Es gibt nichts, außer einer Vielzahl von Rückschlägen.

Das ist schlimm! Sehr schlimm! Und es soll noch schlimmer kommen…

Nun ist Pixie schon so traurig, und dann läuft auch noch ihr Lieblingshund, um den sie sich mittags in der Hundepension immer kümmert, weg…

Ohne eine gute Fee scheint die Situation aussichtslos, aber leider scheint die Fee keine Zeit für Pixie übrig zu haben. Hoffnungslosigkeit macht sich breit. Oder taucht die Fee etwa in der Gestalt ihres Nachbarn auf? Denn dieser steht plötzlich vor ihrer Tür, mit einem guten Rat zur Wunscherfüllung.

Endlich hat Pixie den notwendigen Anstoß bekommen, um vielleicht doch noch ihren haarigen Freund wiederzufinden und sogar ihren geheimen Wunsch wahr werden zu lassen…

Ich finde das Buch Pixie Pinker oder Wie man kriegt, was man will  einfach nur Spitzenklasse und habe es direkt am Stück an einem regnerischen Nachmittag „verputzt“. Das Buch ist für Mädchen im Alter von 9-12 Jahren geeignet. Ich würde es uneingeschränkt mit bestem Gewissen an alle, die Familiengeschichten mögen oder vielleicht auch einen streng geheimen Wunsch haben, weiterempfehlen.

Bücherwurm (11)

Jenny Alexander: Pixie Pinker oder Wie man kriegt, was man will, Übersetzung: Katrin Weingran, Illustration: Elini Zabini, Fischer KJB, 2013, 176 Seiten, ab 8, 10,99 Euro

 

Trinkgeld fürs Leben

maulinaZweite Bände von Geschichten sind nicht zu beneiden. Noch bevor sie käuflich zu erwerben sind, ist die Erwartungshaltung bei den Lesern bereits gesetzt. Und die ist hoch, vor allem wenn Band eins ein Knaller war. Der Druck auf den Autor und sein Baby ist enorm, wahrscheinlich größer, als bei einer neuen, unabhängigen Geschichte. Finn-Ole Heinrich und seine Maulina Schmitt kann das jedoch nicht schrecken, erfüllen die beiden zusammen mit Rán Flygenrings Illustrationen doch in Warten auf ein Wunder alle Wünsche.

Maulina lebt weiterhin in Plastikhausen, redet immer noch nicht mit dem Mann und muss mit ansehen, wie es ihrer Mutter von Tag zu Tag schlechter geht. Bei den Dingen im Haushalt hilft Ludmilla mit und bekocht Mutter und Tochter mit köstlichen Suppen-Variationen. Im Laufe des Sommers zieht Rollstuhl Rolf in das winzige Haus ein. Er mag zwar angeblich die Mobilität der Mutter erleichtern, doch er ist ein sichtbares Zeichen eines behinderten Lebens. Maulina lässt sich davon aber immer noch nicht unterkriegen. Sie wartet mit dem General für Käse auf ein Wunder. Zur Überbrückung der Wartezeit hilft sie Paul bei einem Referat über die Berufe der Eltern, woraus sich ein Business für Brauseeis entwickelt.
Derweil hat der Mann eine neue Freundin, die Maulina von ihren Freunden bespitzeln lässt und so mit den neuesten Neuigkeiten versorgt wird. Wenn es wirklich unumgänglich ist, kommuniziert Maulina mit dem Mann über schriftliche Botschaften,  entführt kurzerhand das Zebra aus Mauldawien und nähert sich langsam dem Mann zwischen einer Maulplosion und der nächsten wieder an …

Das bis obenhin vollgepropfte Leben von Maulina lässt keine Zeit für Atempausen oder Langeweile – weder ihr noch dem Leser. An allen Ecken und Enden scheint es zu brennen: die MS-Krankheit der Mutter, der neu verliebte Vater, Pauls Eltern-Geheimnis, das Brauseeis-Unternehmen. Mit all dem jongliert Maulina auf bewundernswerte Weise, ohne dass ein Ball herunterfällt. Finn-Ole Heinrich verleiht ihr dabei – wie schon im ersten Band – eine Leichtigkeit, die ihresgleichen sucht. Die übersprudelnden Ideen verpackt Heinrich wie gewohnt und geliebt in flockig-freche Sprache und zeigt dabei so viel Wärme und Menschlichkeit, dass man ganz ergriffen vor all dem Glück und Unglück zurück bleibt.
In genau so einem Augenblick, in dem Maulina total glücklich ist, möchte sie dem Leben ein Trinkgeld geben. Es ist zum Heulen. Und Lachen. Und Nachsinnen, wann man selbst mal dieses Trinkgeld  gegeben hat oder hätte geben sollen. Man nimmt sich sofort vor, nach diesem Moment im eigenen Leben zu suchen.
Und man möchte Maulina sofort, jetzt, hier in die Arme nehmen, sie schnuckeln und ihr die Auszeichnung in Gold für außerordentliche Tapferkeit und Maulhaftigkeit verleihen.
Der Autor bekommt zudem den Orden für das Wunder einer extrem hellsichtigen männlichen Selbstreflektiertheit, deren Sprachrohr natürlich Maulina ist.

Die erstaunlichen Abenteuer der Maulina Schmitt – Warten auf ein Wunder ist ein Hoffnungsbuch. Jungen Lesern zeigt Finn-Ole Heinrich, dass Krankheit kein Grund für absolute Verzweiflung sein muss. Das, was er im ersten Teil schon zum Niederknien angelegt hat, führt er in Band zwei weiter und erfüllt damit alle Erwartungen. Die Andeutungen zum nächsten Band lassen zwar schon Schlimmes erahnen, doch bei Maulinas sonniger Maulhaftigkeit ist man als Leser bereits guter Dinge, dass sie die ganz großen Herausforderungen des Lebens ebenfalls heldenhaft meistern wird.

Auch diesen zweiten Band hat Rán Flygenring wieder total liebevoll und detailreich illustriert und bereichert: das ist das nächste Wunder in diesem Wunderbuch. Einen herrlichen Eindruck von ihrem Strich und der gezeichneten Maulina gibt es hier:

Finn-Ole Heinrich/Rán Flygenring: Die erstaunlichen Abenteuer der Maulina Schmitt – Warten auf Wunder, Hanser, 2014, 208 Seiten, ab 10,  12,90 Euro

 

[Jugendrezension] Klein, aber richtig schlau

munkel 2Ein kleiner Mann in der großen Welt der Riesen, ja das ist Munkel Trogg. Er ist der kleinste Riese von allen, doch gleichzeitig auch der Schlauste. Der König der Riesen will ihn deshalb zum weisen Mann ernennen, doch Munkel Trogg hat Angst, dass die anderen Riesen finden, er könnte für eine solche Ehre zu klein sein. Warum sollte er zu klein hierfür sein, werdet ihr euch vielleicht fragen. Tja, er wird schon mal gemobbt wegen seiner Winzigkeit, nur sein kleiner Bruder, der ihn im Übrigen um einige Meter überragt, hält immer zu ihm.

Es gibt eine weitere Angelegenheit, die Munkel große Sorgen bereitet. Der Vulkan Rumpelberg, die Heimat der Riesen, scheint sich auf einen Ausbruch vorzubereiten, dass weiß er von seiner „Menschenfreundin“ Emily, die in ihrer eigenen Menschen-Welt im Rumpelbergtal lebt. Natürlich muss Munkel seine Freundschaft zu einem Menschenkind vor den anderen Riesen geheim halten.

Gemeinsam mit Emily versucht Munkel Trogg nun, eine gute Lösung für die beiden unterschiedlichen Probleme zu finden und das in großer Eile, denn mittlerweile herrscht Alarmstufe „rot“…

Alle Menschen aus dem Rumpelbergtal – außer Emily – sind bereits auf der Flucht vor den erwarteten Lavamassen…

Ich finde das Buch von Janet Foxley sehr interessant, denn in den meisten Büchern gibt es entweder Riesen oder Menschen. In diesem Buch funktioniert eine Kombination aus Menschen- und Riesenwelt.
Zu Beginn der Geschichte hatte ich ein paar Schwierigkeiten, mich in die Handlung einzufinden, was aber auch damit zusammenhängen kann, dass mir der erste Munkel-Trogg-Band unbekannt ist. Im Verlauf der Geschichte habe ich dann aber begonnen, sehr stark mitzufiebern, ob vielleicht ein gewisser „Esel“ bei der Rettung der Heimat von Riesen und Menschen helfen kann, und habe auch kräftig um das Schicksal des Riesen gebangt.

Kleiner Tipp am Rande: Ich würde empfehlen, zunächst den ersten Band von Munkel Trogg zu lesen. Meiner Meinung nach ist das Buch für Jungen – aber auch für Mädchen – im Alter von 9-12 Jahren geeignet. Ich kann es mit gutem Gewissen zum Lesen empfehlen.

Übrigens: Mein Bruder, der sonst eigentlich nur Bücher liest, auf denen an irgendeiner Stelle der Begriff „Star Wars“ aufgedruckt ist, hat jetzt Munkel Trogg neben seinen Bett liegen…

Bücherwurm (11)

Janet Foxley: Munkel Trogg – Der kleinste Riese der Welt und der fliegende Esel,
Übersetzung: Sigrid Ruschmeier, Illustration: Steve Wells, Fischer KJB, 2013, 256 Seiten,  ab 8, 12,99 Euro

[Jugendrezension] Über den Wolken

barnabyBei dem Buch Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket von John Boyne haben mir gleich das Titelbild und die Bilder sehr gefallen, weil sie sehr lustig gezeichnet sind.

In dem Buch geht es um den zehn Jahre alten Barnaby Brocket, der – wie man nach dem Titelbild schon vermuten kann – etwas ganz Besonderes ist: Er schwebt. Er kann seit seiner Geburt nicht aus eigener Kraft auf dem Boden bleiben. Um nicht fortzuschweben, muss er an ein Seil gebunden werden oder einen Rucksack mit Sandsäcken tragen. Das Erste  wird ihm fast zum Verhängnis, als seine Spezialschule abbrennt und er, während  alle anderen fliehen, an seinen Stuhl gebunden vergessen wird. Er muss jetzt auf eine normale Schule gehen und, damit er nicht unangenehm auffällt, den Rucksack mit Sandsäcken tragen. Das geht gut, bis eines Tages seine Mutter Eleanor Brocket mit ihm spazieren geht und ein Loch in Barnabys Sandsäcke schneidet. Der Sand läuft aus und als logische Konsequenz fliegt Barnaby los. Zum Glück sammeln ihn zwei Ballonfahrerinnen auf, die ihn zu ihrer Kaffeeplantage in Brasilien mitnehmen. Barnaby will zurück nach Sydney, ahnt aber noch nicht, dass das Beginn einer spannenden und teilweise auch gefährlichen Weltreise ist. Doch darüber schreibe ich nichts, weil es ansonsten die ganze Geschichte verrät und dem Leser die Spannung nimmt.

Im Ganzen sind Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket sehr schön, sehr spannend und immer wieder, auch wegen der Bilder von Oliver Jeffers, lustig.

Das Buch ist nur zu empfehlen. Es ist für Kinder ab 9 oder 10 Jahren sehr gut geeignet, für jüngere Kinder ist es wohl noch zu aufregend.

Lector03 (10)

John Boyne: Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket, Übersetzung: Adelheid Zöfel, Illustration: Oliver Jeffers,  Fischer KJB, 2013, 288 Seiten, ab 10, 14,99 Euro