Spukgruselig & fußballfiebrig

max

Normalerweise versuche ich, meinen SUB schön der Reihe nach, kontinuierlich durchzulesen – doch es gibt Momente, in denen auch ich alles über den Haufen werfe und mich kopfüber in ein neues Buch ziehen lasse. Aktuell geschehen mit dem zweiten Band der Reihe Max und die Wilde Sieben von Lisa-Marie Dickreiter und Winfried Oelsner.

Da das Personal aus dem ersten Band mir noch lebhaft in Erinnerung war, war ich nach den ersten Sätzen sofort wieder auf Burg Geroldseck, dem Seniorenheim, in dem Max mit seiner Mutter lebt und wo er an Tisch Sieben in Vera, Kilian und Horst allerbeste Freunde gefunden hat. Danach war klar, dass ich das Buch nicht so schnell wieder aus der Hand legen würde. Denn die sympathische Generationsbande muss einen neuen Fall lösen: Vera wird des Nächtens von einer Geisterstimme terrorisiert und um den wichtigen Schlaf gebracht. Die Schauspielerin ist mit den Nerven am Ende und überlegt ernsthaft, das Angebot eines anderen Seniorenheims unten in der Stadt anzunehmen, um endlich wieder Ruhe zu haben.
Die drei „Jungs“ können das natürlich nicht zulassen und nehmen die Ermittlungen auf. Für Max kommt allerdings erschwerend hinzu, dass er in der Schule weiterhin von Ole gemobbt wird und prompt das Probetraining für die Schulfußballmannschaft versemmelt. Dabei ist Max ein echt guter Kicker. Das stellt Horst, der ehemalige Trainer, nach nur fünf Minuten fest.
Zu Maxens Leidwesen interveniert Horst in der Schule und als Ergebnis muss die Schulmannschaft gegen eine Alt-Knacki-Auswahl plus Max antreten. Es geht um die Ehre.
Max erlebt in mehrfacher Hinsicht ein Wechselbad der Gefühle. Die Geisterjagd setzt ihm zu und das mit dem Fußball, dem Mut und der Ehrlichkeit ist auch nicht so einfach zu meistern.

Die Autoren Dickreiter und Oelsner schaffen es erneut, den Leser von der ersten Seite in den Bann zu ziehen. Man freut sich, die alten Bekannten, ja, Freunde, wiederzulesen und fiebert mit Max und Konsorten mit und wird von den diversen Wendungen im Plot und den Wandlungen der Figuren dann doch immer wieder überrascht. Die Auflösungen der beiden Herausforderungen sind sehr lange Zeit nicht offensichtlich und auch nicht vorhersehbar, was ganz fein gemacht ist!
Max und die Wilde Sieben nimmt richtig Fahrt auf, lässt sich hervorragend vorlesen und wird die Leselust von Jungen und auch Mädchen mit Sicherheit befördern. Ein dritter Band ist auch schon angekündigt – mögen noch viele folgen, damit dieses Lesevergnügen noch lange fortdauert …

Lisa-Marie Dickreiter/Winfried Oelsner: Max und die Wilde Sieben – Die GeisterOma, Illustration: Ute Krause, Oetinger, 2015, 272 Seiten,  ab 8, 12 Euro

Demokratisch von klein auf

demokratieEin Freund sagte neulich zu mir: „Mit Demokratie kann man sich auch den Abend verderben.“ Ja, möchte man manchmal seufzen – aber was wären die Alternativen zur Demokratie? Mir fällte keine ernstzunehmende ein. Und so anstrengend Demokratie also sein mag, so wichtig ist sie.

Dass man die Grundprinzipien von freien Wahlen,  Mehrheitsvotum und Volksvertretung auch schon den ganz jungen Menschen beibringen kann, zeigt Juli Zeh in ihrem Kinderbuch Jetzt bestimme ich, ich, ich!
Anhand der vierköpfigen Familie Wiefels spielt sie verschiedenen Formen von Entscheidungsfindung durch, damit es nicht immer so viel Streit am Abendbrottisch gibt. Angefangen beim „Bestimmer-Karussell“, in dem immer einer dem nächsten sagt, was er zu tun hat, über das Auslosen, wer was im Haushalt machen soll, bis hin zur Bildung eigener Mini-Reiche im Haus, wo jeder machen kann, was er will.
Doch nichts bringt die Familie wirklich weiter. Entweder ist durch das Bestimmer-Karussell nur grüner Salat zum Abendbrot da, oder alle verziehen sich in ihre Mini-Reiche und leben nicht mehr wirklich miteinander, sondern aneinander vorbei. Auch die einfachen Abstimmungsverfahren bringen die Wiefels nicht richtig weiter, da es zu oft unentschieden steht.
Erst als eine „Regierung“ gewählt wird, nach einem aufregenden Wahlkampf mit Luftballons und Wahlplakaten, kehrt die Zufriedenheit in der Familie ein.

Juli Zeh kommt in dieser Geschichte ohne schwieriges Polit-Vokabular aus und macht es jungen Lesern damit leicht, die Grundprinzipien unserer Staatsform zu verstehen. So wie heute der Umgang mit technischem Gerät wie Smartphones und Tabletts für kleine Menschen schon fast selbstverständlich ist, kann mit dieser Lektüre auch das Bewusstsein für demokratisches Verhalten früh geweckt werden. Denn das, was für einen selbstverständlich zum Leben dazu gehört, lässt man sich auch nicht so leicht nehmen. Anderen undemokratischen Strömungen und Tendenzen wird damit von Anfang an der Nährboden entzogen – zumindest hoffe ich das. Daraus folgt eigentlich die Empfehlung, dass dieses kleine, aber ganz feine Buch in keiner Familie mit kleinen Kindern und in keinem Kindergarten fehlen darf.

Juli Zeh: Jetzt bestimme ich, ich, ich! Illustration: Dunja Schnabel, Carlsen, 2015, 48 Seiten, ab 4, 14,99 Euro

[Jugendrezension] Caesars Leibwächter

römerSelbst die beste Technik hat ihre Fehler. Ein Beispiel dafür gibt das Buch Albert Zweisteins Zeitkanone – Bei den Römern von Heiko Wolz.

Albert hat eine Lichtgeschwindigkeitskapsel gebaut, für die er in Physik eine Eins mit Stern bekommen hat. Doch schon beim ersten Flug geht etwas schief. Eigentlich will Albert nur zum Baumarkt und einen Silizium-Halbleiter kaufen, doch dann landet er im Jahr 49 v. Chr., besser gesagt: Er landet nicht, sondern stößt im Flug gegen ein Pferd.
Die zwei Personen aus dem Wagen, den das Pferd gezogen hat, sind zwar erst wütend, aber als Albert dann klar wird, dass es sich um Römer handelt, und nachdem er sich mit ihnen anzufreunden versucht, sind auch sie gleich netter zu ihm.

Da sie kein Pferd mehr haben, bitten sie Albert, ihren Auftrag zu übernehmen:  Er soll eine Botschaft zu Caesar nach Ravenna bringen. Bis dorthin sei es nicht mehr so weit. Albert sieht aber zu spät im Mini-Computer des Rat-Packs (auch eine seiner Erfindungen) seiner Ratte nach: Es ist doch sehr weit. Trotzdem kommt er nach Ravenna und wird schnell als Leibwächter Caesars eingespannt. Ihm gefällt das römische Leben sehr: die Thermen, in denen er mit Caesar war, das Essen und überhaupt alles. Er muss jetzt Caesar überallhin begleiten, doch Albert versucht, ihn mit raffinierten Tricks aufzuhalten, so zum Beispiel hält er ihn bei einer Eroberung einer Stadt auf: Man solle sie lieber tagsüber einnehmen, um einen besseren Überblick über die Soldaten zu haben.
Er tut das, weil die beiden Römer, die er am Anfang getroffen hat, ihm nämlich seine Kapsel hinterherschicken wollen. Aber das geht aber nur recht langsam. Ob es Albert gelingt, dass sie ihn einholt? Und ob er seiner Leibwächter-Rolle entkommt?

Das Buch eröffnet dem Leser eine andere Möglichkeit, Geschichte kennenzulernen, als in Geschichtsbüchern. Es ist sehr witzig aus Alberts Perspektive geschrieben. Man hat Einsichten in alles, was er denkt, und das macht die Geschichte sehr lebendig. Man kann sich gut vorstellen, dass diese Geschichte passiert sein könnte. Die Fakten und das Geschehen um Caesar werden ziemlich genau wiedergegeben, obwohl natürlich etwas dazuerfunden ist.

Das Buch würde ich ab etwa acht Jahren empfehlen. Ich denke, dass das Buch für eher Jüngere sehr unterhaltsam und lehrreich ist, Ältere es aber kindisch finden könnten.

lector03 (12 Jahre)

Zusatz von lector06 (9 Jahre):

Ich fand das Buch gut, weil es nicht langweilig ist, sondern spannend. Außerdem spricht Albert wie Schüler heutzutage. Ich habe mehr über Caesar und die römische Geschichte gelernt. Auch über das Leben der Römer, z.B. über ihre Villen, habe ich Neues erfahren.

Heiko Wolz: Albert Zweisteins Zeitkanone – Bei den RömernIllustration: Lisa Hänsch, Oetinger, 2015, 144 Seiten, ab 9, 12 Euro

[Jugendrezension] Jagd auf T-Kex

dinoDas Ungeheuer von Loch Ness ist kein Einzelfall. Seit Jahrhunderten suchen die Menschen mit allen Mitteln nach solchen Tieren. So ist es auch in dem Buch Napoleon & T-Kex von Annika Langa.

Der rücksichtslose, geldgierige Stefan Bolinder, der mit seinem Gefährten Sirob eine Firma namens „Monsterjäger“ gegründet hat, jagt Monster auf der ganzen Welt. In Schwedens fünftgrößtem See, dem Storsjön, wird er fündig. Er hat mit aufwendiger Technik herausgefunden, dass es ein Muttertier und ein Jungtier gibt. Das Kleine will er haben, weil ihm dafür viel Geld gezahlt wird. Um es zu bekommen, erschießt er die Mutter, doch trotzdem entwischt ihm das Jungtier. Unerwarteterweise hat es Flügel, mit denen es bis zu dem Fluss fliegt.
Dort finden es Nappe und seine Freunde durch Zufall und halten es für ein Robbenbaby. Keiner denkt auch nur im Entferntesten daran, dass es das Ungeheuer aus dem Storsjön sein könnte.  Sie bringen es zu ihrem Freund Boris, der praktischerweise direkt am Fluss wohnt. Boris entdeckt, dass es keine Robbe ist, doch auch er hat erst einmal keine Ahnung, was es sein könnte. Aber sie finden schnell heraus, dass das Dinosaurierbaby alias Robbenbaby gerne Kekse mag. Deshalb gibt Nappe ihm seinen Namen: T-Kex, was aus T-Rex und Keks zusammengesetzt ist.
Keiner weiß, dass das Tier von den Monsterjägern gesucht wird. Da es kein besseres Versteck gibt und Nappe ein großer Tierfreund ist, versteckt er T-Kex unter seinem Bett. Doch seine Eltern sind nicht die einzige Gefahr: Die Monsterjäger schrecken auch nicht vor einem Einbruch zurück. Die Lage wird immer gefährlicher …

Napoleon & T-Kex ist sehr schön, lebendig geschrieben, abwechslungsreich erzählt. Man kann das Abenteuer richtig miterleben. Es ist für Dinosaurier- und Tierfreunde und für Menschen, die gerne einfach spannende Geschichten lesen, geeignet. Es ist leicht verständlich und daher für 10-Jährige geeignet.

Lector03 (12)

Annika Langa: Napoleon und TKex, Illustration: Felix Wallbaum,  Kosmos, 2014, 256 Seiten, ab 10, 12,99 Euro

Schrift stellen

wörterKonstantin – bei diesem Namen denke ich unwillkürlich an den römischen Kaiser und seinen imposanten Kopf, der in den Kapitolinischen Museen in Rom steht. Jeder hat diesen Kopf schon mal gesehen. Ganz sicher.
Doch mit dieser Assoziation liege ich bei diesem Buch von Martin Heckmanns völlig falsch.

Heckmanns Konstantin ist schmächtig, hat abstehende Ohren und stottert. Außer, wenn er liest. Oder schreibt. Denn „wer in einem Buch lebt, der hat ein Leben mehr“, denkt sich der Junge und schreibt eine Geschichte, die ihn aus seinem normalen Alltag entführt.
Als er eines Tages einen mädchenhaften Gesang hört, macht er sich auf den Weg. Er durchquert einen Bach, gelangt in einen Wald, begegnet einer sprechenden Eintagsfliege, einer Blindschleiche, die nur so lala sehen kann, und befreit ein schönes Mädchen aus den Fängen eines Untiers.

Konstantins Geschichte möchte ich hier nicht genauer ausführen, denn den Reiz, den dieser Text beim Lesen entfaltet, den kann ich hier auch nicht ansatzweise nachbilden. So bedauernswert Konstantin einem zunächst vorkommt, so sehr bewundert man ihn am Ende und möchte selbst mehr Konstantin sein.
Denn so viel sei darüber gesagt: Wie in einem szenisch inszenierten Märchen übersteht Konstantin sein in Zügen kafkaeskes Abenteuer, wächst daran und lernt das stotterfreie Reden. Verpackt hat Heckmanns all dies in poetische Sprachspiele, Reime, Alliterationen, die geradezu danach schreien laut vorgelesen, vorgetragen, deklamiert zu werden. Darin erkennt man den Theaterautor – und das macht ungemeinen Spaß. (Ich werde in nächster Zeit vermehrt darauf achten, ob in Hamburg Stücke von Heckmanns gespielt werden, die mir bis jetzt immer noch entgangen sind … auch das eine Folge dieser Lektüre …) Jedenfalls sensibilisiert sein Text, sein Umgang mit Sprache und mit dem Spiel derselben genau dafür: Spielt, spielt mit der Sprache, sucht die Wörter in den Wörtern, werdet zu denen, die Schrift stellen.

Flankiert wird Konstantins Geschichte von den Illustrationen von Stefanie Harjes. Sie kommt dabei mit den schneewittchengleichen Farben schwarz, weiß und rot aus, zeigt aber durch die Collage-Kombination aus Zeichnung, Text, Zahlen, Fotos was wiederum im Bereich Bild alles möglich ist. Heckmanns‘ Spiel der Sprache setzt Harjes im Spiel der Bilder weiter fort. Sie werden zum Bühnenbild für den Text und laden zum genauen Schauen und Entdecken ein.

Auch wenn zehnjährige Leser die Anspielungen an Sirenen, Unterweltflüsse, verschlossene Eingänge, Frauen mit O-Namen nicht werden einordnen können (ich habe mit Sicherheit auch nicht alle entdeckt …), so werden sie doch in eben diese fantastische Bücher- und Theaterwelt entführt, die ihre Helden auf eine Reise schickt und sie (oftmals) zu besseren Menschen macht. Zu Menschen, die den Wert und die Kraft von Wörtern schätzen und lieben lernen.

Die Nominierung für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2015 in der Sparte Kinderbuch ist da nur folgerichtig.

Martin Heckmanns: Konstantin im WörterwaldIllustration: Stefanie Harjes,  mixtvision, 2014, 80 Seiten, ab 10, 17,90 Euro

Eine Hörwonne

pastewka

Ich muss ganz dringend etwas nachreichen: das Neueste vom Neuesten in Sachen Pünktchen und Anton. Kästner habe ich ja in schöner Regelmäßigkeit hier auf dem Blog, aber meine Lektüre dieser Berlingeschichte ist auch schon wieder über drei Jahre her.

Doch nun fühle ich mich ein weiteres Mal in meine Kindheit zurückversetzt, denn endlich kann ich mir Kästners Geschichte wieder vorlesen lassen. Es ist herrlich. Schauspieler Bastian Pastewka hat den Roman  eingelesen und zwar ungekürzt. Nicht wie bei dem Kinderhörspiel von 1963, dem ich vor vielen Jahren bei meiner Großmutter gelauscht habe. Gerade eben habe ich sogar eine Audioversion auf You-Tube gefunden – und bin nach ein paar Minuten wieder ausgestiegen. Die schnarrende Art des ehemaligen Erzählers ist man einfach nicht mehr so richtig gewöhnt.

Umso feiner ist die Les-Art von Pastewka: Unaufgeregt in den Erzählpassagen, berlinernd, wenn die Dicke Berta auftritt, herrlich blasiert als Fräulein Andacht, frech als Pünktchen, hinterschleimig als Robert der Teufel. Kästners Figuren erwachen hier zu ganz frischem Leben, befreit von jeglichem Akustikstaub, so dass man die drei CDs in einem Rutsch durchhören kann. Viel zu schnell vergehen die 225 Minuten.
Das mag neben Pastewkas fesselnder Performance auch an den Musikstücken zwischen den Kapiteln liegen. Pfiffig, schmissig und ein bisschen schräg umrahmen sie Kästners Geschichte und vermitteln einen Hauch von einem Berlin der 20er, 30er Jahre, ohne altbacken oder nostalgisch zu erscheinen. Sie passen perfekt.

Die einzigen, leichten Textänderungen, die die CD-Macher vorgenommen haben, betreffen die Stellen, an denen Kästner seine Leser direkt anspricht und auf das Lesen bzw. Überlesen der Nachdenkereien hinweist. Hier wird in der Logik des Mediums von „hören“ und „überspringen“ gesprochen. Verwirrung bei jungen Zuhörern wird so vermieden, die Konzentration auf die Erlebnisse von Anton und Pünktchen befördert.
Für mich ist diese Audio-Version durch all diese liebevollen Bearbeitungen zu einem überaus gelungenen Gesamtkunstwerk geworden.

Erich Kästner: Pünktchen und Anton, 3 Audio-CDs, ungekürzte Lesung mit Musik, 225 Min., Komposition: Marc Schubring/Carsten Gerlitz, Illustration: Walter Trier, Gesprochen von Bastian Pastewka, Oetinger audio,  2015,  ab 8, 19,99 Euro

[Jugendrezension] Die Geschichte der Berliner Mauer

mauerViele Menschen besuchen jedes Jahr die Überreste der Berliner Mauer, vor allem die Eastside Gallery und den Checkpoint Charlie, wo als Grenzsoldaten verkleidete Menschen den Touristen Bescheinigungen ausstellen und sich fotografieren lassen. Doch was steckt eigentlich wirklich hinter der Berliner Mauer?

Das Buch Wie war das mit der Mauer? von Verena Glanos gibt Antwort auf diese Frage. Es beschreibt chronologisch die Ereignisse von der Teilung Deutschlands bis zur Wiedervereinigung. Zwei fiktive Personen, Peter und Paul, sind die Beispielfiguren des Buches. Einer der beiden lebt in Ost-Berlin, der andere in West-Berlin. Das, was sie erleben, steht am Anfang jedes Kapitels. Diese Geschehnisse werden dann ausführlich erklärt. Die Texte sind sachlich, ohne große Ausschmückungen geschrieben und sehr informativ. Sie gehen ziemlich stark ins Detail, sind aber trotzdem kompakt. Durch Zwischenüberschriften ist der Fließtext gut gegliedert und sie erleichtern sehr das Überfliegen, wenn man etwas Bestimmtes sucht. Außerdem gibt es neben dem Text noch Infokästen, Steckbriefe und Fragen von Kindern, die in einem Kasten beantwortet werden. Auf jeder Seite finden sich es Bilder, teilweise Fotos, teilweise Zeichnungen. Die Zeichnungen beziehen sich auf das Kapitel, sie fassen sehr kurz noch einmal zusammen, was dort steht. Das Layout der Seite ist also sehr gut: Es ist aufgelockert und erscheint nicht so textlastig. Trotzdem ist das Buch nicht besonders gut zum Hintereinanderweglesen geeignet, denn im Text sind Querverweise auf andere Seiten enthalten. Wenn man ihnen folgt, muss man viel blättern, wenn nicht, dann irritieren sie einen noch.

Wie war das mit der Mauer? ist sehr informativ. Es erklärt die Geschichte so, dass man sie verstehen muss, und man lernt beim Lesen viel. Besonders spannend fand ich die Zeitzeugenberichte, die immer wieder auftauchen.

Ich kann das Buch für jeden interessierten Menschen empfehlen, aber unter neun Jahren ist es wahrscheinlich noch sehr kompliziert.

Lector03 (11)

Verena Glanos: Wie war das mit der Mauer? logo! erklärt, wie Deutschland geteilt und wieder vereint wurde. logo! ZDF tivi, Boje Verlag, 2. Aufl. 2014, 143 Seiten, ab 9, 9,99 Euro

Kinder an den Herd

kochenErinnert sich noch jemand an Lirum, larum, Löffelstiel? Ja? Doch, bestimmt das ältere Semster hier … Lirum, larum, Löffelstiel war der Kinderkochkurs im ZDF in den 70er Jahren. Schon damals stand TV-Kochen hoch im Kurs. Und ich habe es geliebt. Die Kinder Doris, Heidi und Axel in ihren gelben Schürzen mit den roten Herzen drauf fand ich irgendwie cool, was man damals noch nicht sagte und Axel mit seiner Brille eigentlich immer etwas strebermäßig aussah. Irgendwann bekam ich auch das Buch zur Serie, ob ich daraus gekocht habe, weiß ich nicht mehr. Das Buch habe ich aber immer noch. Und die schlichten Rezepte sind zwar zeitlos – aber auch nicht mehr unbedingt zeitgemäß.

Für die zeitgemäße Heranführung von Kindern ans Kochen – was meines Wissens momentan im TV nicht passiert (klärt mich bitte auf, wenn es auf den Kinderkanälen irgendetwas in der Art gibt …) – gibt es aktuell das herzallerliebste Wimmel-Kochbuch von Rotraut Susanne Berner und der Ernährungsexpertin Dagmar von Cramm.
Entsprechend den Jahreszeiten zeigen die Wimmlinger den Lesern, was man so alles saisonal zubereiten kann, Frühlingssammelsalat beispielweise, mit selbstgepflückten Kräutern aus Wald und von der Wiese. Die botanisch exakten Zeichnungen von Berner klären auf, um was für Gewächse es sich dabei handelt.
In diesem Kochbuch wimmelt es auf jeder Seite. Nicht so sehr mit Zeichnungen wie in den großen Wimmelbüchern, sondern mit vielen größeren und kleineren Texten. Und die haben ein Informationsgewimmel in sich. Denn es gibt hier nicht nur Rezepte, sondern jede Menge Hinweise und Erklärungen zum Kochen, zur Ernährung, zur Herkunft von Nahrungsmitteln und was man alles selber anbauen und ziehen kann. Sicherheitshinweise und Techniken, wie was zu behandeln ist, fehlen natürlich auch nicht.

Die Rezepte selbst sind nicht immer kinderleicht, sondern „normal“ wie von Cramm in ihrem Vorwort erläutert – und so soll es sein. Sicher wird ein vierjähriges Kind nicht gleich indisches Biryani kochen, doch Plätzchen-Ausstechen geht allemal. Spielerisch kochen lernen und dabei den Wert von Lebensmitteln zu erfahren sind hier quasi die Nebeneffekte von abwechslungsreichen, internationalen, leckeren Gerichten. Und die schmecken nicht nur Kindern.
Ich jedenfalls werde diese Kochbuch neben meine anderen stellen und mich immer wieder von dem Gewimmel inspirieren lassen.

Rotraut Susanne Berner/Dagmar von Cramm: Das große Wimmel-Kochbuch. Mit Rezepten für alle Jahreszeiten, Gerstenberg Verlag, 2014,  144 Seiten,  ab 4, 19,95 Euro

[Jugendrezension] Zwei Schwestern

vogelherzSummer und Bird aus dem Buch Vogelherz von Katherine Catmull sind Schwestern. Bird ist klein, hat viel Fantasie und liebt Geschichten. Summer verlässt sich eher auf Tatsachen und ist sehr schlau.

Als die beiden Mädchen eines Morgens aufwachen, sind ihre Eltern spurlos verschwunden. Nur einen rätselhaften Bilderbrief haben sie hinterlassen. Summer versucht, die Botschaft zu deuten. Sie kommt zum Entschluss, dass sie ihre Eltern suchen müssen und zwar dort, wo sich die Mutter meistens aufhält: im Wald.

Im Wald treffen sie auf einen Vogel mit einem seltsamen Gefieder. Er singt ein Lied, und Bird versteht dieses Lied. Sie prägt es sich ein, denn der Vogel verkündete ihr: Das Lied ist euer Weg. Der Weg nach unten. Aber Summer glaubt Bird nicht. Schließlich finden die beiden doch den Weg nach unten in eine andere magische Welt. Aber die Geschwister verlieren sich aus den Augen.

Summer lernt Ben, einen alten Mann kennen, und erfährt von der grausamen Puppenspielerin. Währenddessen entdeckt Bird eine große, graue Schwanenburg. Neugierig betritt sie die Burg. Es ist die Residenz der Puppenspielerin. Die Puppenspielerin verlangt von Bird, dass sie ihr die Vogelsprache beibringt. Sie erzählt ihr, dass Bird etwas Besonderes sei. Dass sie als Vogel geschaffen ist. Für Bird geht ein Traum in Erfüllung.

Sie hört, dass ihre Mutter die Vogelkönigin ist, aber ihr Volk im Stich gelassen hat. Dass sie das nur für ihren Mann und ihre Kinder Summer und Bird gemacht hat, weiß Bird nicht. Durch die Puppenspielerin verwandelt sich Bird in einen anderen Menschen. Sie tut grausame Dinge, weil es die Puppenspielerin auch tut. Sie lacht mit ihr, obwohl sie sich dafür schämt. Irgendwann beherrscht die Puppenspielerin Bird. Bird wird immer machthungriger, sie will die neue Vogelkönigin sein. Doch damit würde der Plan der Puppenspielerin in Erfüllung gehen: Bird würde sie sich von ihr leiten lassen, und die Puppenspielerin wäre die eigentliche Herrscherin.

Inzwischen trifft Summer ihre Vogelfreundin, ihr Seelentier. Von ihr erfährt Summer die wahre Geschichte ihrer Eltern. Plötzlich wird ihr klar, dass auch sie die neue Vogelkönigin werden könnte. Soll sie gegen die eigene Schwester antreten?
Bleiben die Geschwister nur Figuren im schändlichen Spiel der Puppenspielerin oder können sie ihre Pläne durchkreuzen?

Ich war als Erstes ein bisschen skeptisch, als ich Vogelherz von Katherine Catmull las. Mir kamen viele Ereignisse und Beschreibungen unlogisch vor. Aber nach und nach setzten sich alle Puzzleteile zusammen, bis selbst die merkwürdigste Sache einen logischen Sinn hatte.
Interessant fand ich die Entwicklung der beiden Schwestern, nachdem sie sich aus den Augen verloren hatten. Und wie sich Birds Charakter unter dem Einfluss der Puppenspielerin veränderte. Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen. Ich würde es für das Lesealter ab 10 Jahren empfehlen.

Katharina (12)

Katherine Catmull: Vogelherz, Übersetzung: Katja Behrens, FISCHER Sauerländer,  2014, 448 Seiten,  ab 10, 16,99 Euro

 

[Gastrezension] Alles anders

andersAnders heißt Andreas Steinhöfels neuer Roman – und genau das ist er: anders. Steinhöfels Bücher – von Dirk und ich über Beschützer der Diebe bis zur Trilogie um den tiefbegabten Rico und seinen Freund Oskar – waren schon immer außergewöhnlich, sind alle exzellent geschrieben und haben meist liebenswerte und immer besonders lebendige, vielschichtige Charaktere. Jetzt zeigt der Autor, Übersetzer und Hörbuchsprecher mit seinem ersten Werk für den neuen Verlag Königskinder eine reizvolle Entwicklung. Das hängt auch mit der Rückkehr aus Berlin in seine mittelhessische Heimat zusammen. Kleinstädtisches Lokalkolorit an der Lahn und mythisch aufgeladene Orte wie das Erler Loch spielen eine wichtige Rolle für die Dynamik der Geschichte.

Anders nennt sich der elfjährige Felix, weil er sich genau so fühlt, seit er nach neun Monaten aus dem Koma erwacht ist und sich nicht mehr an sein altes Ich erinnern kann. Nicht dass dem Jungen der ihm ursprünglich von seiner enorm ehrgeizigen Mutter verpasste Name Glück gebracht hat – er war ein überbehütetes, schüchternes und gelangweiltes, sogar unglückliches Kind. Absurd, dass ausgerechnet seine Eltern mit groteskem Slapstick zusammen den Unfall verursacht hatten, der ihren Sohn ins Koma fallen ließ. Jetzt sieht Anders seine Mitmenschen neu, riecht Farben, sagt, was er denkt, ist kompromisslos direkt und entlarvt Lebenslügen. Seine düsteren Diagnosen und eigenwillige Art verstören nicht nur seine Umgebung, es macht einige extrem nervös. Denn seine Amnesie hat auch Schutzfunktion – für ihn und diejenigen, die ein dunkles Geheimnis mit ihm teilen. Langsam und leidvoll kommt Anders der Lösung näher. Auch seine Lehrerin, seine Eltern und sein Nachhilfelehrer, der allein als Witwer am Ortsrand lebt, verwandeln sich durch ihn.

Nebenbei zeichnet Steinhöfel von Spießern und anderweitig engstirnigen Erwachsenen ein paar schön ätzende Miniaturen, die wohl weniger für seine jugendlichen Leser gedacht sind. Diese können sich umso mehr am virtuosen Spiel mit Märchen und Mythen freuen und Motive entschlüsseln: Felix als Schneewittchen, seine Mutter mit einer bösen Stiefmutter in Personalunion, für die das Kind ein Statusobjekt ist, das funktionieren soll. Sein Vater ist der sanftmütige und lange verblendete König. Es gibt Eigenbrötler, Romantik und Grausamkeit, gute Feen und wütende Nixen.
Darüber hinaus wechselt Steinhöfel Perspektiven, variiert Stilelemente, setzt inneren Monolog und Zeitungsmeldung ein, ist manchmal poetisch, wozu besonders gut die reduzierten, lichtdurchfluteten Illustrationen von Peter Schössow an jedem Kapitelanfang passen. Da kann man es auch verschmerzen, dass die unterschwellige Krimihandlung ein eher blassroter Faden ist, die Spannung lässt nach, wenn man nach etwa der Hälfte ahnt, was passiert ist.

Was Steinhöfel als Kinderbuchautor auszeichnet, ist sein großer Respekt vor Kindern. Sie sind ihm eindeutig die lieberen Mitmenschen. Dabei idealisiert und verniedlicht er Kinder nicht, er nimmt sie ernst, schätzt ihre unverstellte Art und traut ihnen alles zu – in guter wie schlechter Hinsicht. Und er mutet seinen Figuren und seinen Lesern einiges zu. All das spürt man sofort beim Lesen, und das erklärt auch den Erfolg seiner Bücher.

Mit Anders hat der 53-Jährige einiges gewagt und viel gewonnen. Weil Anders aber nicht als Serienheld gedacht scheint, das Werk eher monolithisch daher kommt, darf man auf die nächste Neuerfindung des Bestsellerautors gespannt sein. Sie wird anders grandios.

Elke von Berkholz

Andreas Steinhöfel: Anders, Königskinder Verlag, 2014, 240 Seiten, ab 12, 16,90 Euro

 

[Jugendrezension] Jeden Tag eine gute Tat

hurwitzGute Taten vollbringen, wie Nina es in dem Buch Wie ich die Welt in 65 Tagen besser machte von Michele Weber Hurwitz tut, das sollte jeder einmal machen. Nina ist 13 Jahre alt, hat halblanges braunes Haar und trägt eine Brille, manchmal aber auch Kontaktlinsen. Ihr Bruder Matt ist meistens mit seinen Kumpels unterwegs und die Eltern der beiden sind Anwälte und insofern auch meistens beschäftigt oder unterwegs.

Ninas beste Freundin Jorie verändert sich seit einiger Zeit immer mehr, seit Neuestem trägt sie nur noch hautenge Jeans, kurze Tops und schminkt sich. Nina findet, es ist an der Zeit, auch in ihrem Leben etwas zu verändern.

Noch sind Sommerferien. Um genau zu sein, noch 65 lange Tage. Nina nimmt sich vor, für jeden dieser 65 Tage eine gute Tat zu vollbringen. Ob sie nun der Nachbarin hilft, die sich ein Bein gebrochen hat oder ob sie den kleinen Bruder des Nachbarn tröstet. Nur eine Sache will sie beim Vollbringen ihrer guten Taten beachten: Sie will unerkannt bleiben. Doch ob das klappt?

Nach ein paar Tagen ruft ihre merkwürdige Nachbarin Mrs. Millmann die Polizei und beschwert sich über die Geschehnisse. Und noch etwas ist merkwürdig: Jorie hat sich in Ninas Nachbarn und ehemaligen Kumpel Eli verliebt. Jorie will unbedingt mit Eli zum „Homecoming“, einer Abschlussparty der Schule. Sie hat Angst, dass er nicht mit ihr dahingehen möchte und versucht, ihn dazu zu bringen. Immer wieder verspürt Nina einen Stich, wenn sie über Jorie und Eli nachdenkt. Ob Nina Eli vielleicht auch mag? Nina weiß es selbst nicht so genau, doch dann…

Ich finde das Buch super! Es ist spannend, witzig und Ninas gute Taten regen zum Nachdenken an.
Ich empfehle das Buch allen Mädchen im Alter von 10-14 Jahren und ganz besonders denjenigen, die auch gern einmal eine gute Tat vollbringen würden.

Bücherwurm (12)

Michele Weber Hurwitz: Wie ich die Welt in 65 Tagen besser machte
Übersetzung: Angelika Eisold Viebig, Fischer, 2014, 304 Seiten, ab 10, 12,99 Euro

[Jugendrezension] Von normal zu chaotisch …

aliciaEin chaotischeres Leben als das von Alicia gibt es wahrscheinlich gar nicht. Das Buch Unverhofft nervt oft! von Ilona Einwohlt handelt von dem eigentlich ganz normalen Mädchen Alicia.
Mit ihren borstigen Haaren, der durchschnittlichen Figur und ihren „Normalo-Klamotten“ fällt sie überhaupt nicht auf. Auch in der Schule gehört sie zum Durchschnitt und schreibt zuverlässig Zweien, Dreien und Vieren. Außerdem schwänzt sie die Schule, im Gegensatz zu ihrer besten Freundin Bibi, überhaupt nie. Eigentlich also ein ziemlich normales Leben, bis die erste Fünf, die sie in Mathe schreibt, alles verändert …
Alicia versucht, ihrem Vater zu überreden, dass es ausreichend ist, sich von ihrem Nachbarn und Kumpel Daniel in Mathe helfen zu lassen und ein Gespräch zwischen ihrem Vater und ihrer Mathelehrerin Frau Froboese nicht notwendig ist.

Doch genau dieses Gespräch mit ihrer Mathelehrerin führt Alicias Vater. Leider muss der Vater dabei feststellen, dass Frau Froboese unglaublich gut aussieht. Da ihr Vater seit langem ohne Frau, dafür aber mit dauernd wechselnden Freundinnen zusammen ist, kommt es, wie es kommen muss…

Eines Nachts trifft Alicia ihre nun mittlerweile „Ex-Mathelehrerin“ nackt im Badezimmer an. Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, zieht diese dann kurzfristig bei ihnen ein. Mit allen ihren Kindern kommt sie angerückt und nervt Alicia gewaltig. Zu allem Übel verliebt sich auch noch ihr Kumpel Daniel in die „Obertussi“ und Tochter Lynn von Frau Froboese.
Alicia versucht, sich zurückzuziehen, doch ihr Vater ist glücklich und „macht auf“ Familie. Und dann hat Frau Froboese auch noch so eine vollkommen unterirdische Idee …

Ich finde das Buch einerseits lustig und andererseits auch zum Nachdenken, da die Handlung sehr „verstrickt“ ist. Das nicht immer nur unkomplizierte Familienleben steht im Mittelpunkt und der Leser hofft auf ein „Happy End“ für alle.
Ich empfehle das Buch insbesondere allen Mädchen, die Familiengeschichten mögen oder vielleicht auch ein turbulentes Leben führen. Bestimmt gibt es auch Jungs, denen die Geschichte gefallen würde.

Bücherwurm (12)

Ilona Einwohlt: Alicia – Unverhofft nervt oftIllustration: Martina Badstuber, Arena, 2014, 176 Seiten, ab 11, 9,99 Euro

[Jugendrezension] Wenn Realität und Fiktion verschmelzen

Manchmal wird Erfundenes wahr. Das zeigt das Buch Morlot – Detektive schlafen nie von Katharina Reschke, in dem es um eine Schriftstellerin, ihren Sohn Jonathan und einen erfundenen Detektiv namens Morlot geht.

Jonathans Mutter, Wanda Holms, ist Schriftstellerin. Sie hat schon viele Bücher über Morlot geschrieben und ist gerade dabei, das letzte Buch der Detektiv-Reihe zu verfassen. Aber irgendetwas stimmt nicht. Wanda schreibt, ohne es zu wissen, immer, dass Morlot nicht mehr ermitteln will. Immer wenn sie es bemerkt, regt sie sich sehr auf, weil sie für ihr Manuskript nur begrenzt Zeit hat und sie vor allem einen Text haben will, der so ist, wie sie es will. Aber sobald sie es noch einmal probiert, passiert wieder dasselbe. Es scheint, als hätte der Detektiv einen eigenen Kopf, könne selber denken und machen, was er will. Dabei ist er doch nur erfunden.
Da Wanda einfach nicht fertig wird, können sie und Jonathan nicht in den Urlaub fahren, was Jonathan sehr ärgert. Er hält gar nichts von Morlot. Doch eines Tages ist Wanda verschwunden. Jonathan sucht sie und sieht dabei auf dem Computerbildschirm die geöffnete Detektiv-Geschichte.
Als er sie liest, erschrickt er: Seine Mutter hat geschrieben, dass sie sich zu Morlot aufmachen würde, um ihn zu bitten, ein letztes Mal zu machen, was sie will. Aber sie konnte doch nicht ihre eigene Geschichte geschrieben haben, denkt Jonathan, doch dann sieht er Beweise …

Nach dem Vorfall ändert sich die Welt um ihn herum. Die Straßen tragen auf einmal die Namen aus der Geschichte, nicht die echten. Schließlich begegnet Jonathan dem Detektiv persönlich …

Mir hat das Buch Morlot – Detektive schlafen nie sehr gut gefallen, da unmögliche Dinge passieren. Es ist sehr gut erzählt, man fiebert mit den Personen mit. Das Buch ist spannend und bleibt nicht in der Realität, sondern spielt in der erfundenen Welt von Morlot. Ich würde es ab 9 oder 10 Jahren empfehlen, weil die Handlung teilweise ziemlich kompliziert ist.

Lector03 (11)

Katharina Reschke: Morlot – Detektive schlafen nieIllustration: Gerda Raidt, Boje Verlag, 2014,  224 Seiten, ab 10, 12,99 Euro

[Jugendrezension] Familienspaß

lillyHallo, ich habe das Buch Ich, Lilly und der Rest der Welt von Alexandra Maxeiner gelesen. Es ist vom Kosmos-Verlag und hat 143 Seiten und viele schöne Bilder.

Ich habe die Geschichte in einer Woche durchgelesen, immer abends ein bisschen. Weil das Buch spannend und lustig ist, gehört es jetzt zu meinen Lieblingsbüchern.

Hannah ist die Hauptperson in diesem Buch. Lilly ist auch wichtig. Sie ist Hannahs Schwester und elf Monate älter. Dann gibt es noch Cora, die älteste Schwester, und Frida, die kleinste. Und natürlich die Eltern.
Es ist sehr lustig beschrieben, was die Mädchen erleben. Zum Beispiel, als Hannah und Lilli ihre Schwester Frida an Leonie, das ist das Nachbarskind, verkaufen. Sie brauchen Geld für Himbeerbonbons.
Das zweite Kapitel ist besonders witzig: Die Familie streitet über die Farbe, in der ihr neues Haus angestrichen werden soll. Der Vater meint, die Mehrheit soll entscheiden – wie in der Demokratie. Das klappt aber nicht so, wie der Vater möchte.
Oder die Mädchen spielen im Kaufhaus „Pferd“, und Lilly vergisst dort ihr unsichtbares Pferd. Dann tun sie so, als ob das Pferd zum Auto rennt, durch die Autoscheibe kracht und sich neben Lilly setzt.

Man vertieft sich in da Buch, weil es bei vielen Familien so ähnlich ist wie bei Hannah und ihrer Familie.
Auch Eltern mögen das Buch bestimmt, wenn sie Spaß verstehen.

Emilia2 (9 Jahre)

Alexandra Maxeiner:  Ich, Lilly und der Rest der WeltKosmos, 2013, 144 Seiten, ab 8, 9,99 Euro

 

Anders sein

lorisIn unserer Gesellschaft nicht der vermeintlichen Norm  zu entsprechen ist schwierig. Für jeden. Für Kinder jedoch ist es noch um ein Vielfaches schwieriger, müssen sie ihr Selbstbewusstsein und ihr dickes Fell erst entwickeln und sich in den Untiefen der menschlichen Verhaltensweisen erst noch zurecht finden.

Zwei Bücher nun versuchen, Kindern, die anders sind, und ihren Familien und Freunden zu helfen und den Rücken zu stärken. Bei den Lesern schaffen sie Verständnis.

In Ich bin Loris erzählt der neunjährige Loris wie er als Autist die Welt erlebt und sein Leben gestaltet. Er sammelt Uhren, mag geregelte Tagesabläufe und kann supergut Mathe. Schwieriger ist es für ihn, wenn Gruppenarbeit in der Schule ansteht. Das strengt ihn an, denn wildes Durcheinander macht ihn schwindelig. Als er jedoch mit Annika und Leo über ein Tier berichten soll, nimmt er die Herausforderung an. Durch seine besondere Beobachtungsgabe trägt Loris dazu bei, dass die Kinder die verschwundene Katze einer Nachbarin wiederfinden und dabei ein schöne Überraschung erleben. Gleichzeitig erfährt Loris, dass es manchmal gar nicht so schlimm ist, wenn ein Tag nicht genau gleich verläuft.

Jungen Lesern werden hier die Verhaltensweisen von Autisten durch den Ich-Erzähler Loris einfach erklärt. Da man Loris sofort ins Herz schließt, nimmt man auch seine „Macken“ als ganz selbstverständlich an, so wie es Annika und Leo tun. Dabei bereichern sich die Kinder gegenseitig.
Loris‘ Geschichte wird von schwarz-grauen Illustrationen flankiert, in denen Loris mit seinem rote Pulli heraussticht. Die Farbe markiert ihn zwar als anders. Doch ohne ihn würde in den Bildern etwas fehlen  – so wie im Leben und in der Gesellschaft etwas Wichtiges fehlen würde, wenn es keine Menschen gäbe, die anders sind. Sie machen das Grau bunt.

andersDas Bilderbuch Samus ganzer Stolz schildert die Geschichte des Igels Samu, einem aufgeweckten Zeitgenossen, in den alle Mädchen aus dem Dorf  verschossen sind. Doch eines Tages verliert Samu seine Stacheln. Der glücklichste Igel der Welt verwandelt sich in ein nacktes Wesen, das sich vor den anderen schämt. Zum Glück aber gibt es Ricky, die zu Samu steht und ihn so nimmt, wie er ist. Happy End und Familiengründung inklusive.

Dieses niedliche Igel-Buch entstand aus einem ernsten Grund. Der Sohn der Schweizer Autoren erkrankte mit vier Jahren an Kreisrundem Haarausfall am ganzen Körper (Alopecia areata universalis). Mit Samus Geschichte wollten sie ihm zeigen, dass Schönheit, Einzigartigkeit und Liebe nicht von so etwas „Nebensächlichem“ wie Haaren abhängt. Dieses Buch macht Mut, jungen und alten Lesern. Erkrankten Kindern gibt es Halt und eine knuffiges Vorbild, dem man gerne nachfolgt. Das Buch bringt zwar die verlorenen Haare nicht zurück, doch es steigert das Selbstbewusstsein ganz ungemein. Und das kann man in allen Lebenslagen gut gebrauchen.

Pascale Hächler/Barbara Tschirren/Martine Mambourg: Ich bin Loris
Kindern Autismus erklären, Balance buch + medien, 2014, 40 Seiten, ab  5,  14,95 Euro

Jacqueline und Daniel Kauer: Samus ganzer Stolz. Ich bin anders. Na und?, KaleaBook, 2014,  36 Seiten,  ab 4, 20 Euro