Zombieapokalypse leicht gemacht

Ende der Welt

It’s the End of the World as We Know It sang die College-Indie-Band R.E.M. in den 1980er Jahren. Tja, man denkt, man wüsste wie das Ende der Welt wird: Feuerregen, Lavaströme, Sintflut, nukleare Explosionen, Zombieapokalypse. R.E.M. konterkarierten es mit einem schlaksigen, verschmitzt lächelnden Jungen, der durch ein sehr chaotisches Zimmer tobt, kaputtes Spielzeug in die Kamera hält und Skateboardtricks macht. Auch für Atlas und Elena sieht das Ende der Welt ganz anders als man es sich vorstellt.

Im Zentrum des Shitstorms

Elena muss zu Beginn der Sommerferien abtauchen: Nach einem lustigen Video mit Lebenshilfetipps steht die Dreizehnjährige im Zentrum eines massiven Shitstorms. Der gesamte Hass des Internets scheint ihr entgegenzuschlagen, Verwünschungen und Morddrohungen inklusive. Keine Freundin will mit ihr verreisen. Selbst ihre Mutter fliegt lieber nach Indien in ein Schweige-Retreat.
So landet Elena ausgerechnet bei ihrer Tante irgendwo auf dem Land und deren creepy neuer Familie. Dort trifft sie auf Atlas und seine jüngere Schwester Kennedy. In diesem überhaupt nicht idyllischem Setting erzählt Anna Woltz von Cybermobbing, Verlust, Tod, Krankheit, traumatisierter Familie. Aber auch von Vertrauen, Liebe, Stärke und Solidarität – furios und ganz anders, als man es kennt.

Viel zu schwerer Rucksack

Wie bereitet man sich auf das Ende der Welt vor, wenn die eigene Welt bereits untergegangen ist. Atlas trainiert hart für alle Eventualitäten. Seinen Rucksack mit allem Überlebensnotwendigen hat er immer gepackt und griffbereit. Der Rucksack ist viel zu schwer für einen vierzehnjährigen Jungen. Und doch schleppt Atlas das Teil  kilometerweit. Er hortet Lebensmittelkonserven. Wenn alle Netze zusammenbrechen, wenn es keinen Strom, kein Wasser, kein Internet, kein Geld und keine Supermärkte mehr gibt, will Atlas die Last schultern und vorbereitet sein, um seine Familie zu retten. Das, was von ihr übrig ist. Und da darf Elena ihm nicht in die Quere kommen.

Vielleicht selber mal nachdenken

Neun Romane hat die niederländische Autorin Anna Woltz in den vergangenen Jahren allein auf Deutsch im Carlsen Verlag veröffentlicht. Es sind berührende und spannende, gegenwärtige oder historische Geschichten mit vielschichtigen, verletzlichen, wütenden, manchmal ein bisschen verrückten, doch durchweg liebenswerten Charakteren, auch mal einem Hund. Kinder und Jugendliche, die konfrontiert sind mit Trauma, Trennung, Krieg, Ungerechtigkeit und Gemeinheiten. So unterschiedlich sie sind, trotzig und empathisch sind sie alle. Sie raufen sich zusammen und lösen gemeinsam ihre Probleme, um ihre Welt lebenswerter und ihre Leben schöner zu machen. Und Anna Woltz schafft es jedes Mal zu überraschen.
Denn natürlich kommt auch in Atlas, Elena und das Ende der Welt alles anders, als man denkt. Weil eben die Welt und die Menschen anders sind, als man denkt. Anna Woltz lässt Atlas und Elena im Wechsel erzählen. In ihrem eigenen, emotionalen Chaos denken sie sehr kluge Gedanken. »Tja, vielleicht hätten diese Follower selbst mal nachdenken sollen?«, überlegt Atlas angesichts von Elenas folgenreichem Video. Wenn mehr Menschen öfter mal nachdenken, dann wäre die Welt tatsächlich freundlicher und besser. Und Cybermobbing kein Thema.

Die Probleme anderer Leute

»Man stellt es sich immer schlimmer vor, als es ist«, lautete Elenas Ermutigungsmantra früher. Jetzt weiß sie, »manchmal sind die Sachen ganz genau so schlimm, wie man sie sich vorgestellt hat. Und manchmal sind sie noch viel schlimmer.« Auf dem harten Lehmboden eines unheimlichen Schuppens ist Elena auf dem noch viel härteren Boden der Realität angekommen. Dabei war sie doch die lustige und wagemutige Troubleshooterin.
»Die Probleme anderer Leute sind total witzig«, erklärt Kennedy Elena. »Aber unsere Probleme sind einfach … Probleme.« Damit hat Atlas‘ jüngere Schwester eine zeitlose Erkenntnis Ally McBeals grandios neu interpretiert. Ally McBeal war eine Serie um die gleichnamige Anwältin in einer großen Kanzlei in Boston. In der Unisex Toilette (sehr fortschrittlich, 90er Jahre!) fragt eine der biestigen Kolleginnen Ally: »Warum sind deine Probleme eigentlich immer so wichtig?« »Weil es MEINE Probleme sind«, bringt es Ally schlagfertig auf den Punkt. Deshalb ist es auch so schwierig, sich selbst aus dem Sumpf zu ziehen. Ob lähmende Sprachlosigkeit, absolute Leere, herzzerreißender Kummer – es fehlt der Abstand. Man braucht jemanden, der die Sache aus anderer Perspektive betrachten kann. Und umgekehrt. Davon erzählt Anna Woltz immer wieder neu.

Märchenhafte Kulisse

»Und dann hört der Wald auf und ein Märchen fängt an. Der Pfad führt durch riesige, langgezogene Weiden. Das hohe Gras glitzert silbern im Mondlicht, der tiefblaue Himmel ist mit Sternen übersät und in der Ferne funkelt ein Fluss. Wenn ich Netflix wäre, würde ich für so eine Kulisse Millionen bezahlen«, durchfährt es Elena nachts. »Aber dann fällt mir ein, dass ich kein Streamingdienst bin, sondern jemanden verfolge. Und wenn man jemanden verfolgt, sind ausgedehnte Weiden höchst ungünstig.« Sätze voller Witz und Selbstironie, viel besser als die meisten nach bewährtem Schema geschriebenen Serien. Andrea Kluitmann hat sie mitreißend übersetzt.

»Ich bin gekommen, um dich zu retten.« Tatsächlich kommt der Ritter auf einem weißen Pferd zur gestrauchelten Heldin. Und es ist überhaupt nicht kitschig. Nein, das ist definitiv nicht das Ende der Welt, wie wir es kennen. Es ist der Beginn einer neuen, wunderbaren Geschichte.

Anna Woltz: Atlas, Elena und das Ende der Welt, Übersetzung; Andrea Kluitmann, Carlsen, 2024, 192 Seiten, 12 Euro, ab 11

Liebenswerte Sturköpfe

Geest

Während wir zurückfahren, drücke ich mich fest an Opa. Er legt den Arm um mich. Auch wenn wir sie nicht mehr sehen, dreht er sich immer wieder um. Dann stößt er einen tiefen Seufzer aus. »Vonkie … Ich kenne niemanden, der sich so an etwas klammert wie du … der so eigenwillig ist.« »Oh, ich schon.« Ich tippe ihm mit einem Finger in den Bauch. »Du zum Beispiel.«

Zauber des Miteinandersprechens

Vonk und ihr Großvater Leo sind sich viel ähnlicher als anfangs gedacht – zwei echte Sturköpfe. Beharrlich und unbeirrbar gelingt es der Zwölfjährigen, ihren störrischen Opa zum Reden zu bringen. Das Abrakadabra der Fische handelt vom Zauber des Miteinandersprechens und der dunklen Magie vielsagenden Schweigens.
Eigentlich ist Vonkie nur für eine Woche zum Großvater auf den Polder abgeschoben worden, weil ihre Eltern unter sich etwas klären müssen. Es begann mit einem großen Knall – als ihre Mutter, wütend auf Vonks Vater, explodiert und mit der Bratpfanne dessen heißgeliebtes Aquarium zertrümmert.

Lönneberga liegt in Polderland

Weil Vonk nichts an der Krise zu Hause ändern kann, kitzelt sie Geschichten aus dem Griesgram mit imposantem Schnurrbart heraus. Das sind zunächst verrückte Schnurren von derben Streichen, Blutsbrüderschaft, tollen Hechten und wilden Wettkämpfen mit Älteren. Aufgewachsen mit sechs Brüdern, klingen Großvaters Erzählungen wie die von Michel aus Lönneberga, verlegt ins ärmlich-ländliche Nachkriegsholland.
Eine ganz besondere Beziehung hatte Leo, genannt Eisen, wegen seiner damals schon legendären Sturheit, zu seinem nur zwei Jahre älteren Bruder, genannt Beule, was vor allem an dessen Hang zu tollkühnen Mutproben hing. Aber dann muss irgendwas furchtbar schief gelaufen sein zwischen den beiden.

Ein zerrissener Brief und eine verfluchte Mühle

Während bei Vonk Zuhause alles immer komplizierter zu werden scheint und sie sich ihrer Hilflosigkeit bewusst wird, findet sie immer mehr über Eisen und Beule raus. Ein Brief wird ungelesen zerrissen und weggeworfen. In einer Truhe auf dem Dachboden liegt ein unheimlicher Puppenkörper. Und niemand wagt sich zur alten, verfluchten Mühle.
Vonkie kommt, auch mit Hilfe ihres unter seiner linkisch-angeberischen Schale doch sehr netten Cousins, einem dunklen Familiengeheimnis auf die Spur. Und beschließt, wenn sie schon ihre eigene Familie nicht reparieren kann, zumindest zwei seit 50 Jahren zerstrittene Brüder wieder einander anzunähern. »Was bilde ich mir ein? Dass ich, ein zwölfjähriges Mädchen, mal eben diesen Streit lösen kann? Mit einer rostigen Keksdose?«

Falscher Stolz und fatale Vorurteile

Tochterweh und rechteckige Miniaturmumien, alte Kühe im Graben und superdumme Schafe auf der falschen Deichseite – der junge Niederländer Simon van Geest erzählt sein komplexes Familiendrama mit funkelndem Wortwitz und pointierten Bildern. Fatale Sprachlosigkeit, falscher Stolz und gefährliche Vorurteile kommen dort ebenso zum Tragen wie Liebe, Tod und Eifersucht.
Ist es eine Lüge, wenn man etwas verschweigt? Können Worte Leben zerstören?
Weshalb darf man vom Erwachsenengetue nichts wissen, wenn man als Kind doch sowieso mitten drin steckt? Und warum sprechen die Großen nicht miteinander?

Vermächtnis der fabelhaften Mirjam Pressler

Große Fragen und die spannende Suche nach Antworten, eingebettet in die einzigartige Polderlandschaft mit ihren stoischen Bewohnern, all das macht Das Abrakadabra der Fische zu einem exzellenten Kinderroman. Leider ist es auch eines der letzten Bücher, das Mirjam Pressler übersetzt hat. Die fabelhafte Autorin und fast noch brillantere Übersetzerin aus dem Niederländischen und Hebräischen ist Anfang 2019 gestorben. In diesem Buch bleibt ihre stets mitreißende und facettenreiche Stimme lebendig.

Simon van der Geest: Das Abrakadabra der Fische, Übersetzung: Mirjam Pressler, Thienemann, 2019, 320 Seiten, ab 10, 15 Euro

[Gastrezension] Wachgerüttelt

hellwach„Hellwach“ assoziiert man nicht als erstes im Zusammenhang mit einem jungen Mädchen, das in seinen besten Freund verliebt ist und regelmäßig fette Joints durchzieht. Aber die knapp 17-jährige Kiri hat ein drastisches Erweckungserlebnis, und von da an laufen ihre Gedanken Amok und an Schlaf ist nicht zu denken. „Wild Awake“ heißt Hilary T. Smiths Romandebüt im Original, ein sehr treffendes Wortspiel.

Eigentlich will Kiri in den Ferien, die sie allein zu Hause verbringen darf, weil ihre Eltern zu einer Kreuzfahrt rund um die Welt aufgebrochen sind und der ältere Bruder die Semesterferien im Labor verbringen wird, erst mit Lukas einen Bandwettbewerb gewinnen und anschließend sein Herz. Außerdem möchte sie für einen nationalen Klavierwettbewerb üben.
Doch ein unbekannter Anrufer reißt die talentierte Pianistin und Keyboarderin aus ihren Träumereien: Er habe Kiris große Schwester Sukey gekannt, die vor fünf Jahren ums Leben gekommen ist und über die seitdem nicht mehr gesprochen werden darf.

Kiri, deren Eltern von ihr nicht mehr wollen, als „keine Flecken auf dem Teppich und eine nette Telefonstimmen“, also dass das Kind höflich, unkompliziert und zurückhaltend ist, geht dem Anruf nach und findet heraus, dass Sukey, eine leidenschaftliche Malerin, nicht bei einem Autounfall gestorben ist, wie alle immer behaupten. Sie beginnt Fragen zu stellen, hinterfragt sich und ihre Familie. Und wird dabei immer wütender auf ihre Eltern, weil sie die widerspenstige, freigeistige Sukey nicht akzeptiert und unterstützt haben: „Wenn ihnen ihre Scheißteppiche nicht so wahnsinnig wichtig gewesen wären, wäre Sukey jetzt nicht tot.“

Die Autorin beschreibt die Veränderung der Ich-Erzählerin in prägnanten Sätzen und findet starke Bilder. „Ich stehe da und hasse“, sagt Kiri voller lähmender Wut nach einem frustrierenden Streit mit ihrem Bruder. Später klingt sie versöhnlich: „Vielleicht sollte man Menschen nicht danach beurteilen, was aus ihnen geworden ist, sondern danach, was sie trotz allem geblieben sind.“ Und fasst schließlich die Sprachlosigkeit der Familie nach dem Tod der Schwester und Tochter in der Erkenntnis zusammen: „Wir stehen unsicher an der Kreuzung von Liebe und Vermeidungsverhalten, wie ein paar Touristen, die sich verlaufen haben und nicht wissen, welche Straße nach Hause führt.“

Bunte Farbspritzer auf dem alten Teppich halten Kiris Erinnerung an Sukey lebendig, ein schönes, fast poetisches Leitmotiv, das sich wie ein vielfarbiger Faden durch die Geschichte zieht. Das Buchcover spiegelt diese Idee allerdings nur halbherzig als pseudopsychedelische Kleckserei wider, die am Anfang jedes Kapitels als graugetönter Abklatsch zitiert wird, eigentlich nett gedacht, jedoch schlecht gemacht.

Smith, die zuvor anonym über ihre Erfahrungen als Dauerpraktikantin in der Buch- und Medienbranche gebloggt hat, macht in ihrer furiosen, warmherzigen Geschichte vom Erwachsenwerden, von Liebe und Tod, Kreativität und psychischen Krisen sehr vieles sehr gut: Zum Beispiel lesen sich glückliche Knutschszenen überhaupt nicht albern, verunglückte Annäherungsversuche aber fühlen sich exakt so peinlich an, wie sie für ihre Heldin sind. Dies ist auch der feinfühligen und nie überdrehten Übersetzung von Jenny Merling zu verdanken.

Situationen, die in anderen Romanen gern zu dramatischen Höhe- und Wendepunkten hochstilisiert werden, fügt Smith realistisch und schlüssig in die Geschichte ein: Kiri wird nicht gleich vergewaltigt, als sie trotzig und zugedröhnt zu einem älteren Mann ins Auto steigt. Und nach einem nächtlichen Zusammenstoß mit einem PKW kommt der Teenager mit lädiertem Rad, zerrissenen Leggins, etlichen blauen Flecken und blutigen Schrammen davon, und erleidet nicht gleich eine Querschnittslähmung oder ein schweres Schädelhirntrauma. So ist das Leben nämlich in Wirklichkeit: Man kriegt vom Schicksal immer wieder eine gewischt, aber dass „danach nichts mehr ist wie zuvor“ kommt eher selten vor, kleine Wachrüttler sind dagegen häufiger. Und dann liegt es an einem selbst, was man daraus macht.

Apropos Fahrrad: Man merkt gleich zu Anfang, dass dieses Buch nicht in den USA spielt, wo das Fahren von Spritfressern scheinbar zu den Grundrechten gehört und jeder Jugendliche ab 16 einen Führerschein hat. Kiri fährt viel Fahrrad im kanadischen Vancouver (sogar ohne Helm) und ihr flottes Zweirad wirkt einige Male entscheidend und wegweisend.

Insgesamt gleicht Kiris Sommer und Hilary T. Smiths Roman einer nächtlichen Fahrradspritztour durch die Stadt, im eigenen Rhythmus, ohne dass Ampeln und Autoverkehr das Tempo bestimmen. Man fährt durch vermeintlich bekannte Gegenden und entdeckt nachts ganz neue Facetten. Mal gleitet man genießerisch dahin, mal legt man einen erfrischenden Sprint ein, mal droht man ins Schleudern zu geraten. Man spürt alles viel deutlicher, unmittelbarer: den Wind in den Haaren, die vom Asphalt abgestrahlte Wärme, die plötzliche Kälte nach einem Schauer, die nächtliche Stille. Ein Trip, bei dem man leicht neben sich zu stehen scheint und doch hellwach ist, „sowas von da“, wie einst Tino Hanekamp treffend sein in einer Silvesternacht spielendes Debüt betitelt hatte. Ein Trip, bei dem man immer weiter mitfahren will.

Elke von Berkholz

Hilary T. Smith: Hellwach, Übersetzung  Jenny Merling, FJB Fischer Verlag, 2015, 367 Seiten, ab 14, 14,99 Euro

 

Kammerspiel im Schulbus

park2Die aktuelle Pressemappe des Hanser Verlags zu Eleanor & Park von Rainbow Rowell beinhaltet erschreckend viele Rezensionen aus allen großen Tageszeitungen des Landes. Erschreckend für mich, weil nicht mehr viel bleibt, was man über dieses Buch schreiben kann, was nicht schon längst zu Papier gebracht wurde: Über rothaarige Protagonistinnen, über Romeo und Julia in der Geschichte, über John Greens Lobeshymne, über erste echte Liebe mit 16, das Erwachsenwerden von gemobbten Außenseitern. Für das Buch, die Autorin, die Übersetzerin, den Verlag ist es ein wunderbarer Erfolg, zu dem ich nur gratulieren kann.

Seit gestern ahne ich nun auch, warum die Geschichte um die beiden Teenager, die sich Mitte der 80er Jahre in einem Schulbus näher kommen, dieses Presseecho ausgelöst hat und längst auf der Bestsellerliste zu finden ist.
park4Ich saß – zusammen mit etwa zwanzig anderen Neugierigen – in einem knallgelben Schulbus im Hamburger Schanzenviertel und bekam aus dem Roman vorgelesen.
Die Schauspieler Franziska Hartmann und Julian Greis, die das Hörbuch von Eleanor & Park eingelesen haben, trugen Ausschnitte daraus vor. Was als Lesung gedacht war, entwickelte sich jedoch zu einem sehr vergnüglichen Kammerspiel. Denn die Vortragenden, die so gar nicht wie die Roman-Helden aussahen, schafften es, durch ihre pointierte Artikulation und wohlgesetzten Betonungen der Geschichte so viel Leben einzuhauchen, dass man wirklich mit Eleanor und Park im Schulbus sah. Doch Hartmann und Greis beließen es nicht beim reinen Vorlesen, denn als Kollegen am Hamburger Thalia Theater sind sie ein eingespieltes Team und selbst der beengte Raum von zwei Schulbussitzen reichte ihnen als Bühne. Blicke flogen zwischen ihnen hin und her, die vielleicht mehr andeuteten und sagten als so manche Action.

park3Franziska Hartmann ließ am Zynismus und an der Selbstironie von Eleanor keinen Zweifel. Der 32-jährige Julian Greis mutierte wieder zum unsicheren Teenager, der wie geflasht vor den unfassbaren Vorgängen einer großen Liebe zu stehen schien. Man konnte gar nicht anders: man lauschte, man schaute den beiden zu, genoss jeden Moment, jede hochgezogene Augenbraue, jedes verräterische Zucken um die Mundwinkel. Man sah und hörte den Spaß, den Greis und Hartmann am Lesen und an dieser Geschichte hatten. Man müsste schon ein arg unsensibler Klotz sein, wenn man sich von dieser Begeisterung, mit der hier ein Buch – auch von den Organisatorinnen der Lesung, den Damen der Hörcompany und der Pressefrau des Hanser Verlags – präsentiert wurde, nicht anstecken ließe. Ich jedenfalls habe mich anstecken lassen und bereue es gerade ein bisschen, dass das Buch bis heute auf meinem SUB warten musste. Doch nun werde ich das Versäumte umso rascher nachholen und zwar in der mitreißenden Hörversion – damit ich noch eine Weile mit Eleanor & Park im Schulbus sitzen kann.

Rainbow Rowell: Eleanor & Park.
Übersetzung: Brigitte Jakobeit, Hanser, 2015,  368 Seiten, ab 14, 16,90 Euro
5 Audio-CDs,
 Gesprochen von Franziska Hartmann und Julian Greis, Hörcompany, 2015, 19,95 Euro