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Elefanten im Bauch oder: Es muss nicht immer Kater sein

Elefanten sind kluge, sympathische, liebenswerte und meist friedliche Tiere. Nur auf sich sitzen möchte man keinen haben. Schon beim Gedanken bekommt man Beklemmung und Atemnot. Elefant auf der Brust nennt Lucia Zamolo ihr neues Buch absolut eindringlich.
Denn es geht um Liebeskummer. In ihrer sehr besonderen Mischung aus Comic, Sachbuch und persönlicher Betrachtung setzt die Illustratorin und Autorin das ätzende Gefühl in all seinen Facetten in Szene. Dass das nicht nur eine todtraurige Angelegenheit wird, obwohl es so anfängt, deutet Zamolo schon im Untertitel an: »Oder: Warum sich Liebeskummer lohnt«.
Echt jetzt? Ja. Oder: Warum ich dieses Buch gern schon vor vielen Jahren gehabt hätte. Und es trotzdem noch gut brauchen kann, steht ziemlich am Anfang bei den Fakten unter 2.: »Liebeskummer kommt in jedem Alter vor & und es wird nicht leichter«.

Liebeskummer kann man nicht trainieren

Stimmt, leider. Man kann das nicht trainieren. Es relativiert sich nur etwas, wenn man die Erfahrung, ins zunächst Bodenlose zu fallen und zu fallen und schließlich hart aufzuprallen, schon ein paar Mal überlebt hat. Wenn man schon ziemlich durchgerüttelt ist vom Leben und sich keine Illusionen mehr macht. Wenn eigene Kinder ins Spiel kommen, und mit ihnen eine andere Art der Liebe, auch der Sorge und Angst, ebenfalls sehr starke Gefühle, mit denen man klarkommen muss.

Man will immer mehr und bleibt lebenslang süchtig

Was macht diesen verflixten Liebeskummer so tückisch? »Das Hormon Oxytocin sorgt dafür, dass wir uns in Beziehungen stabil und ausgeglichen fühlen. Das ganze Verliebtsein findet in genau den Arealen im Gehirn statt wie bei einer Drogensucht«, erklärt Lucia Zamolo sehr anschaulich. Das heißt, man ist beim Verliebtsein wieder »drauf«, man könnte auch sagen rückfällig geworden. Auf jeden Fall will man regelmäßig den Stoff, am besten sogar immer mehr davon. »Das heißt: Wenn die Liebe wegfällt, hast du sozusagen Entzugserscheinungen, weil dir scheinbar etwas fehlt«. Wobei der Zusatz »scheinbar« aufgrund der nachweisbaren chemischen Prozesse in besonders anfälligen Regionen im Gehirn falsch ist. Liebeskummer gehört verboten. Aber eigentlich müsste der Dealer, also das Gefühl verliebt zu sein, verboten werden. Denn man bleibt lebenslang süchtig, wenn man einmal davon probiert hat. Wie gesagt, egal in welchem Alter.

Tolle Aussichten

Es kommt aber noch eine schlimmere, weitere Tatsache: »Der Herzschmerz eines gebrochenen Herzens finden dann in denselben Gehirnarealen wie körperliche Schmerzen statt.« Damit sind wir beim ganz realen, furchtbaren Herzschmerz – dem Broken-Heart-Syndrom. »Folgendes passiert: Aufgrund von starken Emotionen macht eine Seite des Herzens schlapp. Die Symptome sind ähnlich denen eines Herzinfarkts: Atemnot, Brustschmerzen, Übelkeit, Engegefühl im Brustkorb.« Was uns zum Buchtitel zurückbringt: »Dieses Gefühl wird auch so beschrieben: Ein Elefant sitzt auf der Brust.« Und es kommt noch besser: »Es betrifft hauptsächlich Frauen nach den Wechseljahren.« Na, das sind ja tolle Aussichten.

Den Göttern ging’s gehörig auf die Nerven

Apropos brechen und kaputt gehen, zahlreiche kluge Leute haben sich den Kopf über die Liebe zerbrochen. Von den alten griechischen Philosophen wie Platon und Aristophanes stammt die Idee, dass wir ursprünglich glückliche Kugelwesen waren. Die gingen mit ihrem Glückbärchigetue den Göttern auf die Nerven (nachvollziehbar, »Pärchen verpisst euch / keiner vermisst euch«, sangen die famosen Lassie Singers einst), so dass sie die Kuschelkugeln in zwei Einzelwesen teilten. Und seitdem sei man eben auf der Suche nach seiner anderen Hälfte.

Zamolo darf liebend gern ihren Senf dazu geben

Allein schon wie Lucia Zamolo mit klugem Strich witzig und geistreich zunächst die Theorie von Eros und Ente und anschließend die teils sehr fiesen Phasen vom anfänglichen Schock bis zur Genesung illustriert, machen dieses Buch lesenswert. Überzeugend warnt sie davor, sich für jemanden zu verbiegen und zu verstellen. Und auch von vorschnellen, neuen Beziehungen rät sie ab, weil dabei weitere Leute in Mitleidenschaft (!) gezogen werden. Zamolos Beobachtungen, Überlegungen und Vorschläge sind erfrischend, einfühlend und nicht in Stein gemeißelt, wie schon durch die lebendige und mitreißende Typographie deutlich wird. Da wird mal etwas durchgestrichen, verbessert, hervorgehoben, eingefügt. Buchstaben purzeln über die Seiten, fallen aus dem Kontext, bevormunden nicht. Auf die Fragen, »wie um Himmelswillen überlebe ich das?« darf Zamolo liebend gern ihren Senf dazugeben.

Allein für dieses Buch lohnt sich Liebeskummer

Wortspiele gelingen ihr ebenso virtuos wie die Darstellung unterschiedlicher, auch ambivalenter Gefühle nach dem Liebesaus. Sparsame Kolorierungen akzentuieren ihre kuriosen Bilder und Gedanken. Die Erkenntnis, dass allein sein nicht gleich einsam sein bedeutet. Und dass Liebeskummer sich von der Existenz der Liebe und der Fähigkeit zu lieben ableitet ist ebenso banal wie wahr. Einer Freundin erschien das trotz meiner begeisterten Erzählung etwas wenig. Aber sie hat Zamolos charmante Illustrationen dazu nicht gesehen. Allein dafür lohnt sich Liebeskummer.
Der Rausch der Liebe lohnt sich natürlich auch immer wieder, drauf sein auf rosa Wolken, purple Haze, Schmetterlinge im Bauch, diese Leichtigkeit, dass sich alles gut und richtig anfühlt, ihr wisst, was ich meine. Es muss ja nicht immer mit einem Kater enden. Es kann auch ein absolut liebenswertes Buch dabei entstehen.

Lucia Zamolo: Elefant auf der Brust oder: Warum sich Liebeskummer lohnt, Bohem Press, 128 Seiten, ab 12, 15 Euro

Drachenstark

Eigentlich sage ich ja immer, ich lese keine Fantasy. Aber dann fallen mir doch so viele Titel ein, in denen mich Magier, Hexen, Drachen, fantastische Wesen und mächtige Objekte aufs Beste unterhalten haben, dass ich meine Aussage wohl etwas relativieren muss.

Nur reiht sich ein weiteres Buch in diese Gruppe ein, das mich beglückt hat: Aventurine – Das Mädchen mit dem Drachenherz der walisischen Autorin Stephanie Burgis, wunderbar übersetzt von Sigrid Ruschmeier.
Hierin erzählt Burgis die Geschichte von Aventurine, ihres Zeichens ein junger Drachen-Schlüpfling. Aventurine ist mit ihren 13 Jahren noch viel zu jung, um aus der heimischen Höhle in die Welt hinaus zu können. Doch das Drachenmädchen ist zum einen viel zu neugierig, zum anderen will sie ihrer besorgten Familie beweisen, dass sie draußen überleben kann.

In einem unbeobachteten Moment schleicht sich sich über einen Geheimtunnel aus der Höhle und macht sich auf, die Welt zu erobern. Fest nimmt sie sich vor, der gefährlichsten Beute für Drachen, den Menschen, aus dem Weg zu gehen. So wie ihr Großvater es ihr beigebracht hat. Doch dann wird sie von einem unwiderstehlichen, köstlichen, verführerischen, unbekannten, nie-gerochenen Duft angelockt.
Auf einer Lichtung sitzt ein Mensch und kocht heiße Schokolade. Aventurine kann sich nicht losreißen und merkt zu spät, dass der Mensch ein Essensmagier ist. Zu verlockend ist die mit Zimt verfeinerte Schokolade. Aventurines Leidenschaft erwacht. Doch die bezahlt sie mit einem hohen Preis.

Hier muss ich ein kleines Bisschen spoilern, und das ist in diesem Fall durchaus nötig, um den ganzen Drive dieser Geschichte deutlich zu machen: Der Essensmagier verwandelt Aventurine in ein Menschenmädchen, und nun geht ihre Geschichte erst richtig los.
Denn Aventurine muss sich von einem Moment auf den anderen ohne ihre Familie in einer völlig fremden Welt zurechtfinden. Durch die Gelehrsamkeit, die den Drachen zu eigen ist, hat sie ein Mindestmaß an Menschensprache gelernt, doch das Wenige, was sie weiß, hilft ihr nur bedingt weiter. Wohl oder übel muss sie zunächst neue Worte lernen, wie „Haar“, „Augenbrauen“, „Schuhe“ oder „Lebensunterhalt“.

Der Zufall bringt Aventurine schon bald in die Stadt Drachenburg, wo es immerhin drei Schokoladenhäuser gibt. Für das Mädchen ist sofort klar, dass sie dort arbeiten will.

Burgis entwickelt so eine äußerst charmante Entwicklungsgeschichte eines drachenstarken Mädchens. Denn Aventurine lässt sich von den städtischen Eigenheiten und Schwierigkeiten, von hinterlistigen Stadtbewohnern oder arroganten Regierenden nicht einschüchtern. Sie lernt, Freunde zu erkennen und ihnen zu vertrauen, lernt, sich von ihrer Leidenschaft um nichts in der Welt abbringen zu lassen.
Und mit all ihrem Mut, ihrer Neugierde und ihrem unerschrockenen Drachenherz wird Aventurine so zu einem zauberhaften Role Model für junge Leserinnen.
Natürlich vermisst sie durchaus auch ihre Familie, aber sie ist mit so einer gehörigen Portion Resilienz ausgestattet, dass sie abzuwägen weiß und für ihre Leidenschaft bereit ist zu leiden. Aber Fantasy wäre nicht Fantasy, wenn es nicht doch noch ein Happy-End für Aventurine gäbe.

Von Aventurine, die trotz aller Widrigkeiten ihr Drachenherz behält und sich kommenden Herausforderungen unerschrocken stellt, können sich zehnjährigen Mädchen einen gehörigen Riegel Schokolade abbrechen – und sich den Genuss derselben von nichts und niemandem verderben lassen. Nie wieder.

Stephanie Burgis: Aventurine – Das Mädchen mit dem Drachenherz, Übersetzung: Sigrid Ruschmeier, Fischer KJB, 2017, 320 Seiten, ab 10, 14,99 Euro

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Valentina F. – Es geht weiter!

2L8Mädels, ganz ruhig bleiben! Das Buch 2L8 – too late von Valentina F. ist noch nicht erschienen – es kommt erst am 22.1.2015 in die Buchläden. Und trotzdem möchte ich es schon mal kurz verkünden: Der vierte Teil von Valentina F.s Geschichte um Vale, Marco und Mirko ist auf dem Weg.

Nach ZDOZM – Zu dir oder zu mir und SGUTS – Schlaf gut und träum süß habe ich auch diesen Teil übersetzt. Dem war eine wahrlich lange Durststrecke vorausgegangen, weil es in Verlagen nun manchmal so ist, dass Wichtigeres ansteht, dass verhandelt wird, mit italienischen Verlagen kann sich das immer noch einen Schlag länger hinziehen, was auch immer …
Was mir allerdings zum ersten Mal passiert ist, war, dass eine ganze Reihe von Leserinnen mich kontaktiert haben, per Mail, per Facebook, per Twitter – also auf der ganzen Bandbreite der sozialen Netzwerke. Lange wusste ich selbst nicht, wie der Stand der Dinge war, konnte keine guten Nachrichten verbreiten. Die Anfragen der Leserinnen habe ich immer in das Jugendbuchlektorat des Fischer Verlags weitergeleitet. Auch dort gingen in den vergangenen Jahren so viele Fragen nach der Fortsetzung ein, dass schließlich im vergangenen Winter das Buch auf meinem Schreibtisch zum Übersetzen landete. Die Übersetzung ist mittlerweile fertig und muss noch lektoriert und Korrektur gelesen werden.
Seit dieser Woche ist das Buch mit dem Titel 2L8 – too late auch bereits bei Amazon gelistet. Zwar nicht, wie ich zuerst dachte, mit einem Erscheinungstermin im Herbst, sondern erst im nächsten Januar. Aber hey, die Zeit fliegt – und bis Januar haben alte und neue Valentina-F.-Fans  genug Zeit, die Vorgänger-Bände (noch einmal) zu lesen und sich auf den Stand der Geschichte um Vale, Marco und Mirko zu bringen.

Vom Inhalt aus Band 4 verrate ich hier natürlich nichts, nur dass Valentina F. es echt spannend gemacht hat, wie es mit den beiden süßen Jungs in Rom weitergeht. Freut euch schon mal drauf!

Valentina F.: 2L8 – Too late, Übersetzung: Ulrike Schimming, Fischer Sauerländer, 2015, 304 Seiten, ab 12, 8,99 Euro