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Lesend die Welt erforschen

köllerErstlesebücher finde ich ja ziemlich speziell und schwierig einzuschätzen. Das ändert sich vielleicht, wenn meine Nichte in zwei Jahren in die Schule kommt und ich dann mal aus der Nähe mitbekomme, wie heute das Lesen unterrichtet wird. Bis dahin muss ich mich auf mein eigenes Gespür verlassen. Es hat dieser Tage positiv reagiert, als mir die Reihe Leseforscher von Kathrin Köller in die Hände gefallen ist.

Köller hat diese Reihe  für die jüngsten Leser konzipiert und dabei Neugierde mit Lesetraining verbunden. Unterteilt in drei Lesestufen (A, B und C) richten sich die schmalen Sachbücher an Leseanfänger, geübtere und fortgeschrittenere Leser.

Frisch herausgekommen ist für die Anfänger gerade der Band Natur! Durch Flüsse, Wüsten, Regenwälder, in dem der Fuchs Filu – der sich als kleiner Forscher duch alle Bände zieht – Ausflüge zu eben jenen Regionen der Welt und ans Meer unternimmt. Die naturwissenschaftlichen Infos zu den einzelnen Themen sind in kurzen Kapiteln kindgerecht verpackt. Filu unterhält sich mit einem Wüstenfuchs, einem Höhlenbewohner und allen möglichen anderen Tieren, wobei die Dialoge in Sprechblasen verpackt sind und fast wie ein Comic daherkommen. Einfache Sätze, lockere Umgangssprache und große Schrift machen das Lesen für Anfänger – oder Kinder, die nicht sehr geschickt darin sind – einfach. Für fremde Namen werden Aussprachehilfen geliefert (Grän Känjen). Die vermittelten Themen halten zudem kuriose Infos bereit, die man selbst als Erwachsener nicht unbedingt weiß.
Spielerisch lenkt Köller hier zudem den Blick auf den Naturschutz und entwickelt bei den kleinen Lesern ein Gespür für Umweltbewusstsein und Artenschutz.

köllerDie geübteren Leser können sich im Band Vollgas! über die Geschichte der Fortbewegungsmittel der Menschen informieren. Hier werden die Sprechblasen weniger, die Kapitel, Texte und die Sätze länger. Auch der Umfang des Buches wächst.

Inhaltlich können sich kleine Trecker-, Bagger- oder Rennfahrer schlau machen, wie der erste dampfgetriebene Wagen der Welt – ein Fünf-Tonnen-Monster – aussah, warum die Wuppertaler Schwebebahn eigentlich eine Hängebahn ist oder wie schnell die Wikinger-Schiffe waren.

Zu allen Bänden der Leseforscher hat die Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ je ein Forscher-Experiment zum Nachmachen geliefert. So können in diesen beiden Ausgaben beispielsweise Tropfsteine oder ein Raketenantrieb nachgemacht werden.
Den Abschluss der Bücher bildet jeweils ein Quiz, in dem das Gelesene auf spielerische Art rekapituliert werden kann. Und am Ende des Leseabenteuers gibt es eine Urkunde für den echten Experten oder fleißigen Leseforscher.

Die Mischung aus den liebenswert-charmanten Illustrationen von Julia Dürr, Fotos und gut verständlichen Texten ist eine der Stärken dieser Reihe. Es gibt für die Leseanfänger viel zu schauen und zu entdecken – das Lesen passiert dann quasi von allein, wenn man verstehen will, wie beispielsweise eine Dampfmaschine funktioniert. Langeweile ist hier also nicht angesagt, Überforderung auch nicht, denn in diesen kleinen Büchern stecken Unmengen von Informationen, bei denen die Kinder nach der Lektüre bestimmt  öfter sagen: „Papa, weißt du …?“

Kathrin Köller: Natur! Durch Flüsse, Wüsten, Regenwälder, Leseforscher ABC, Illustration: Julia Dürr, Ueberreuter, 2016, 48 Seiten, ab 6, 8,95 Euro

Kathrin Köller: Vollgas! Mit Rädern, Rudern und Motoren, Leseforscher ABC, Illustration: Julia Dürr, Ueberreuter, 2016,  56 Seiten, ab  7, 8,95 Euro

Alles eine Frage der Geschwindigkeit

schnellerEs ist, glaube ich, unbestreitbar, dass wir in einer Zeit leben, in der in unserer Gesellschaft alles immer schneller gehen muss. Kommunikation per Mail, Chat, SMS in Sekundenschnelle über tausende Kilometer hinweg, schneller Shoppen im Internet, schneller Abi machen in nur acht statt neun Jahren, schneller studieren … die Liste lässt sich sicher noch um so Einiges fortsetzen.

Wie sehr die Geschwindigkeit unser gesamtes Universum prägt, verbildlicht das französische Graphikstudio Cruschiform auf ganz ungewöhnliche und eindrucksvolle Weise. In dem Bilderbuch Schneller?! ordnen sie in orange-gelb-blauen Illustrationen Tiere, Menschen und technische Errungenschaften der jeweiligen Geschwindigkeit zu. Angefangen beim langsamen Seepferdchen, das gerade einmal 300 Meter pro Stunde zurücklegt, über den Mauersegler mit 200 km/h bis hin zur Sternschnuppe, die mit mehr als 100.000 km/h am Himmel verglüht.

Obwohl es nur im „Nachspann“ kurze, erklärende Texte über die dargestellten Objekte gibt, sind die Doppelseiten mit der km/h-Angabe und der Legende links und den Illustrationen rechts überaus informativ – vor allem die, auf denen Technisches  Natürlichem gegenübergestellt wird. Da kommt zum bloßen Lernen, dass ein Schnellzug mit 350 km/h genauso schnell wie ein Formel-1-Rennwagen sein kann, das große Staunen, dass nämlich auch Wanderfalke und Fregattvogel diese  erreichen können.

Je genauer man hinschaut und je mehr man sich die dargestellten Dinge bewusst macht, umso mehr bekommen manche technische Errungenschaften einen ganz anderen Stellenwert – das Atom-U-Boot „USS Nautilus“ schafft gerade einmal 35 km/h und auch der Luxusdampfer „Queen Mary 2“ ist mit 50 km/h nicht sehr viel schneller. Gleichzeitig ist man jedoch auch beeindruckt, dass der Mensch Dinge wie die Raumfähre „Apollo 11“ bauen konnte, die mit 40.000 km/h ins All flog.

Den größten Respekt jedoch entwickelt der Betrachter unweigerlich für die Großartigkeit der Natur, die in Sachen Schnelligkeit –  und nicht nur darin – vermutlich für immer unschlagbar bleiben wird. Zum Ansehen dieses Buches sei daher Kindern und Erwachsenen jede Menge Muße empfohlen, um all die großartigen Details zu entdecken und zu begreifen.

Cruschiform: Schneller?!, Übersetzung: Barbara Heller, Illustration: Cruschiform, Fischer Sauerländer, 64 Seiten, ab 5, 15,99 Euro