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Wissengefülltes Archäologie-Abenteuer

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In meiner frühen Schulzeit gab es bei uns das – für mich – schöne Ritual zum Mittagessen eine Schallplatte aufzulegen und den Geschichten von Heidi, Peter und der Wolf oder Jules Vernes In 80 Tagen um die Welt zu lauschen. Damals hat sich wohl meine Leidenschaft für Hörbucher und das professionelle Vorgelesen-Bekommen entwickelt.

Eine aktuelle und überaus gelungene Hörspiel-Reihe ist mir nun mit Fred quasi auf der vergangenen Frankfurter Buchmesse über den Weg gelaufen. In der neuesten Geschichte – Fred bei den Maya – reist der etwa 12-jährige Held mit seinem Großvater durch Mittelamerika auf den Spuren der Maya. Sie besteigen den Tempel der Masken, um von dort die aufgehende Sonne zu erleben. Ganz nebenbei erzählt der Großvater so einiges von der untergegangenen Kultur der Maya.
Fred ist fasziniert – und als die beiden auf der Rücktour durch eine Reifenpanne an ihrem Bus im Busch liegen bleiben, passiert mit dem Jungen etwas ganz Besonderes: Er hat nämlich die Fähigkeit durch die Zeit zu „fallen“. Als er mit seinem Hund während der Wartezeit durch den Urwald streift und eine zugewachsene Ruine findet, durchschreitet er ein Tor und landet in der klassischen Zeit der Maya (ca. 900 n. Chr.).
Er begegnet dem Mädchen Xkik‘, der Tochter des Königs von Tikal. Sie will ihren Vater aus der Gefangenschaft der Jaguarkrieger befreien … und Fred wird ihr dabei helfen.

Die Geschichte ist so fesselnd, dass ich sie in einem Rutsch durchhören musste. Und dann gleich noch einmal, denn neben dem reinen Abenteuer-Plot sind hier äußerst geschickt jede Menge historische und kulturelle Informationen über die Maya, ihre Zeit, ihr Leben, ihren Glauben und ihre Riten eingewoben. Die kann man unmöglich beim ersten Hören sofort behalten, aber genau das macht für mich den Reiz eines Hörbuches oder Hörspiels aus, nämlich, dass man bei jedem Hören wieder etwas Neues entdeckt.

Hinzu kommt bei dieser Produktion von Ultramar, dass sich nicht nur einfach die Sprecher im Dialog abwechseln, sondern dass im Hintergrund atmosphärische Klänge und Geräusche einen echten Urwaldteppich weben. Da kreischen die Vögel, da faucht der Jaguar, ständig raschelt es im Dickicht. Das ist so toll gemacht, dass man – schließt man zwischendrin mal die Augen – diesen mittelamerikanischen Regenwald, die Tempel und Maya-Städte richtig vor sich sieht. Die hervorragenden Sprecher tun ihr Übriges, dass ich mich als Hörerin richtig gut unterhalten gefühlt habe.

Wie viel Wissen, Recherche und Mühe Autorin und Produzentin Birge Tetzner in diese Geschichte gesteckt hat, merkt man als Erwachsener bereits beim Hören. Sie zeigen sich darüber hinaus aber auch in einem kleinen Booklet, das vollgestopft ist mit Fakten, einem Glossar zu den wichtigsten Begriffen, einer Anleitung für die Aussprache von Maya-Worten und einer Zeittafel. Dieses Gesamtpaket aus Fantasie, Abenteuer, Spannung, knackevoll mit wertvollem Wissen um vergangenen Kulturen ist einfach grandios!

Fast muss man warnen: Fred macht süchtig nach mehr!
Doch zum Glück umfasst die Fred-Reihe bereits sieben archäologische Abenteuer, die ihre großen und kleinen Hörer zu den Skythen, den Wikingern, zu Nofretete oder nach Pergamom entführt. Hier wird man rein vom Zuhören schlauer!

Birge Tetzner: Fred bei den Maya. Der Aufstand der Jaguarkrieger, Hörspiel, Sprecher: Andreas Fröhlich, Jürgen Thormann, Ultramar Media, 2016, 79 Minuten, ab 9, 13,90 Euro

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Freundschaft ist bunt

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Irgendwie habe ich eine Leidenschaft für eigenwillige Krokodile. In meiner Kindheit gab es das Bilderbuch Das Haus in der Lindenallee, in dem Familie Prim in das Haus in der Lindenallee einzieht und das Krokodil Lyl in der Badewanne findet. Gott, hab ich die Geschichte geliebt und gelitten, als Lyl von seinem Besitzer wieder abgeholt wurde. Erinnert sich sonst noch jemand daran?

Jedenfalls muss diese wohlige Erinnerung ein Grund gewesen sein, warum ich beim dem Crowdfundig-Projekt vom Jaja Verlag gleich ganz angetan war: ein neues Krokodil-Buch sollte finanziert werden. Und es hat geklappt. Eben habe ich das das fertige Schätzchen ausgepackt – und bin ganz verzückt. Das hier ist ein überaus würdiger Nachfolger für Lyl aus der Lindenallee.
Zwar hat das Krokodil keinen Namen, aber dafür jede Menge Freunde. An seinem Geburtstag jedoch stellt das Krokodil fest, dass es gar nicht so aussieht wie eben diese Freunde. Es beschließt, sich neue Freunde zu suchen, die so aussehen wie es selbst.

Frosch, Tiger und Schildkröte erinnern Krokodil vergeblich daran, was sie alles gemeinsam haben – Hautfarbe, Zähne, Panzer – und was sie für einen Spaß beim Wettrennen und Wettstillhalten haben. Krokodil geht auf Nimmerwiedersehen davon und schließt sich einer riesigen Krokodilhorde an. Endlich hat er die Tiere um sich, die so aussehen wie Krokodil. Nur leider sind diese Krokodil die totalen Langweiler …

Die Geschichte vom Krokodils-Geburtstag besticht nicht nur durch die entzückende und hintersinnige Geschichte um Freundschaft, Individualität, Gleichheit und Buntheit auf allen Ebenen im Leben, sondern auch durch die mit zartem Strich gezeichneten Illustrationen. Der Lebensraum der Tiere ist ein dichter Urwald, wo keine Kreatur der anderen gleicht – von den Krokodilen mal abgesehen. Affen, Vögel, Fische, Libellen, Chamäleons, Schnecken, Raupen, Tiger, Frösche, Krabbelzeugs tummeln sich zwischen Blättern, Blumen, Blüten. Man muss genau hinschauen und hat viel zu entdecken, was einem die Kinder mit Sicherheit mit Bravour vormachen werden. Vorlesen und Schauen werden damit zu einem echten Erlebnis.

Die „fein illustrierten Machwerke“ des Jaja Verlages werde ich jetzt mal im Auge behalten. Dieses Machwerk jedenfalls, das das Anderssein und die Verschiedenheit auf allerschönste Art feiert und jedem Gleichmachertum eine lange Nase dreht, ist einfach rundum herzerwärmend.

Luise Winter/Stephanie Gustai: Krokodils-Geburtstag, Jaja Verlag, 2014, 32, Seiten, ab 3, 17 Euro