Sailor och Pekka gör ärenden på stan lautet der Titel im schwedischen Original. Sailor und Pekka erledigen was in der Stadt hat Hinrich Schmidt-Henkel es passend entspannt übersetzt. Schon der wunderbar unprätentiöse Titel sagt viel über Jockum Nordströms ebenso brillantes wie bodenständiges Bilderbuch.
Kinderbilder und korrekte Möbelskizzen
Es heißt bewusst nicht » … gehen in die Stadt«, was einen Land-Stadt-Kontrast assoziieren würde. Denn darum geht es nicht. Es passiert auch nichts Spektakuläres. »Eines Morgens als Sailor sich anziehen wollte, war sein Pullover weg. Er wusste absolut nicht, wo der geblieben sein konnte, Sailor durchsuchte das ganze Zimmer.« Ein Mann mit Schnurrbart, bloßem Oberkörper und Käppi auf dem kahlen Kopf sucht. Er sieht aus wie von einem Kind gemalt. Die Kommode, das Bett, die Hutablage und das Sideboard mit dem Globus drauf aber sind reduzierte, doch perspektivisch korrekte Zeichnungen. Drum herum ist anfangs viel Weißraum, der Sailor und auch Pekka, einem Hund in einem blauen Anzug Platz gibt.
»Er rief seinen kleinen Hund Pekka, der gerade Zeitung las.
Hej, Pekka! Hast Du meinen Pullover gesehen?
Nein, hab ich nicht.
Wir müssen in die Stadt fahren, einen neuen kaufen.
Gut, dann kann ich mir auch gleich die Haare schneiden lassen.«
Kein Drama, dann machen sie halt eine Spaziergang
Sie fahren mit dem Auto los, einem offensichtlich betagteren Modell aus den 1920er oder 1930er Jahren. »Der Motor machte seltsame Geräusche. Er hustete und spuckte. Plötzlich quoll schwarzer Rauch unter der Motorhaube hervor.« Das ist kein Drama, dann machen sie halt einen Spaziergang.
Und so sieht man Mann und Hund am Meer entlang in Richtung Stadt laufen. Unterwegs treffen sie einen traurigen Clown, der seine Trompete verloren hat. Und ihre Nachbarin Frau Jackson, die übrigens schwarz ist.
»Moinsen« grüßt der Biber im Vorbeigehen
Zunächst werden die Seiten kleinteiliger, erinnern ein wenig an Comic-Panels. Je näher die beiden dann der Stadt kommen, desto mehr verdichten sich die Bilder. Er gibt tolle, akkurate Architekturzeichnungen, unter anderem von an Le Corbusier erinnernde Hochhäuser mit farbigen Fassadendetails. Detailliert ausgestaltete Straßenkreuzer fahren im Hintergrund herum. Und immer mehr unterschiedlichste Wesen tauchen auf, winken, reden miteinander, tragen Möbel. Menschen und Tiere sind alle mehr oder weniger beschäftigt, auf dem Weg irgendwohin, ohne Hektik, man grüßt sich. »Moinsen«, sagt ein Biber im Vorbeigehen, eine lässig im Mundwinkel hängende Zigarette rauchend.
Sailor und Pekka finden einen Kleiderladen, daneben einen Frisör. Pekka bekommt einen neuen Haarschnitt. Sailor kauft einen neuen Pullover und ein weißes Hemd dazu. Anschließend lässt Sailor sich noch ein Tattoo stechen. Beim Tätowierer treffen sie einen Affen, der die Trompete gefunden hat.
Das Auto sieht wirklich erschöpft aus
Auf dem Rückweg lassen sie das Auto abschleppen. Der Abschleppdienst kommt schnurstracks, wie Hinrich Schmidt-Henkel schön übersetzt. Unterwegs geben sie dem Clown die Trompete zurück, »Juhuu! Tausend Dank! Der Clown freute sich riesig« und nehmen das Auto an den Haken. »Da steht unser Auto. Es sieht erschöpft und dreckig aus.« »Ja es sieht wirklich erschöpft aus«, bestätigt der Abschlepper.
Friedliches Miteinerander von Lebewesen und Stilen
Das friedliche Miteinander aller spiegelt sich auch in Jockum Nordströms lässigem Umgang mit verschiedensten Illustrationsstilen. Mal ein liebevoll ausgemaltes großes Hafenpanorama oder eine bunte Straßenszene oder das kleinteilige Ladensortiment. Dann setzt der Künstler wieder auf einen sehr kindlich wirkenden, für Kleine umso nahbareren Malstil, in denen er comicartige Seiten mit leisem Humor gestaltet. Sehr lustig ist die Szene, wenn Sailor mehrere Pullover anprobiert. Auf dem Vorsatzpapier arbeitet Nordström zur Abwechslung mit Fotos und Collagen.
Gut aufgehoben bei Péridot
Mit größter Selbstverständlichkeit erzählt der KInderbuchautor wunderbar unaufgeregt (wie schon beim Titel) von Vielfalt und Toleranz als gelebte Normalität. »Leben und leben lassen« hat mein Vater immer gesagt. Und es auch so gemeint, obwohl er ein konservativer und bestimmt nicht vorurteilsfreier Mann war. Jockum Nordström malt Bilderbücher unter diesem Lebensmotto. Der Kölner Péridot Verlag hat jetzt eine Geschichte von Sailor und Pekka veröffentlicht, hoffentlich folgen auch die fünf oder sechs weiteren. Wo wären sie hierzulande besser aufgehoben, als bei einem Verlag mit freundlichem Hund als Logo und übersetzt von Schmidt-Henkel. Die Welt von Sailor und Pekka wäre eine bessere, schöner und lebenswerter.
Jockum Nordström: Sailor und Pekka erledigen was in der Stadt, Übersetzung: Hinrich Schmidt-Henkel, Péridot, 44 Seiten, 16 Euro, ab 6