Lesen ist das größte Abenteuer

Nach dem Sommer ist vor der Schule. Jetzt sind ganz viele Kinder eingeschult worden. Da lernen sie rechnen, schreiben und lesen, Plutimikation (wie die Autodidaktin Pippi Langstrumpf sagt) und das ZYX. Hä? Na, das ABC rückwärts, klingt gleich viel interessanter. Mit ABC, die Katze läuft im Schnee kann man wirklich kein Kind mehr aus der aus der per Wärmepumpe fußbodenbeheizten Wohnung rauslocken.

Grummelige Gewitterwolke

Das weiß auch der Comickünstler Flix. Deshalb schickt er das ZYX statt ins Bett in ein furioses umgekehrtes ABC-Abenteuer. Das kleine rüsselnasige Wesen hat überhaupt keine Lust auf »Abmarsch ins Bett!«, ihm lüstet nach Spannung statt Schlafengehen. Genau wie seinem Schöpfer, was Flix am Ende in der Autorenkurzbiografie als Inspiration für seine Geschichten preisgibt. Die grummelige Gewitterwolke über dem ZYX auf dem Weg zum Zähneputzen gleich auf der ersten Seite spricht Bände.

Besser als arbeiten

Lesen lernen ist echt eine Sache, für die sich die Schule lohnt. Für unseren Blog letteraturen sind Lesende auch nicht ganz unwichtig. Die Autorin dieser Zeilen weiß die Schule deshalb auf jeden Fall für alle Zeit zu schätzen, ein bisschen auch, weil sie im Sportunterricht Kraulen gelernt hat. Sie gehört nämlich nicht zu den Überfliegern, die sich schon mit vier Jahren das Lesen selbst beigebracht haben. Später kam noch die Erkenntnis dazu, dass ein paar Stunden täglich in der Schule herumhängen deutlich weniger anstrengend sind, als Tag für Tag mindestens acht Stunden zu arbeiten, mit Leuten, mit denen man nur sehr selten befreundet sein kann. Soweit ein kleines, zugegebenermaßen seht persönliche Plädoyer für die Schule.

Vorteil exzessiven Teetrinkens

Zurück zum ZYX. Mit Schmackes und Witz geht es tollkühn durch Raum und Zeit, über die Planke eines Piratinnenschiffs und überbordende Inseln, durch den Magen von Riesen direkt in eine Zirkusmanege. Wir erleben den Vorteil exzessiven Teetrinkens, und Nachteil von Pizza und Pasta, nicht bis zum Abwinken, sondern ohne Ende. Gemeinsam mit dem umtriebigen Bettflüchter begegnen wir hungrigen Ottern und volatilen Krokodilen und schweben mit ihm durch rosa Himmel voller Donuts.
Das alles erzählt Flix in kuriosen Reimen, die raffiniert das Alphabet rückwärts buchstabieren. Selten war Lesenlernen so ein Spaß.
Der beginnt schon auf dem Vorsatzpapier. Besonders liebevoll gestaltete Bücher erkennt man daran, dass auch auf den vermeintlich nur dekorativen Seiten am Anfang und Ende der Geschichte ebenfalls eine Anekdote erzählt wird.

Affinität für einzigartige Wesen

Wer sich jetzt übrigens angesichts des knuffigen Helden ob meiner Begeisterung wundert, weil meine Abneigung gegen bekleidete Tiere bekannt ist: Das ZYX ist kein Tier, sonders etwas ganz Eigenes. Was, das weiß nur Flix, der eine Affinität zu außergewöhnlichen, einzigartigen Wesen hat. Schließlich durfte er auch als erster die belgische Comic-Serie Spirou weitererzählen und hat mit dem Humboldt-Tier sozusagen ein Prequel des Marsupilamis erschaffen.

Also, liebe Abenteurlustige, lernt das ZYX und lest!

Flix: Das ZYX, Kibitz Verlag, 48 Seiten, 15 Euro, ab 4

Lesend die Welt erforschen

köllerErstlesebücher finde ich ja ziemlich speziell und schwierig einzuschätzen. Das ändert sich vielleicht, wenn meine Nichte in zwei Jahren in die Schule kommt und ich dann mal aus der Nähe mitbekomme, wie heute das Lesen unterrichtet wird. Bis dahin muss ich mich auf mein eigenes Gespür verlassen. Es hat dieser Tage positiv reagiert, als mir die Reihe Leseforscher von Kathrin Köller in die Hände gefallen ist.

Köller hat diese Reihe  für die jüngsten Leser konzipiert und dabei Neugierde mit Lesetraining verbunden. Unterteilt in drei Lesestufen (A, B und C) richten sich die schmalen Sachbücher an Leseanfänger, geübtere und fortgeschrittenere Leser.

Frisch herausgekommen ist für die Anfänger gerade der Band Natur! Durch Flüsse, Wüsten, Regenwälder, in dem der Fuchs Filu – der sich als kleiner Forscher duch alle Bände zieht – Ausflüge zu eben jenen Regionen der Welt und ans Meer unternimmt. Die naturwissenschaftlichen Infos zu den einzelnen Themen sind in kurzen Kapiteln kindgerecht verpackt. Filu unterhält sich mit einem Wüstenfuchs, einem Höhlenbewohner und allen möglichen anderen Tieren, wobei die Dialoge in Sprechblasen verpackt sind und fast wie ein Comic daherkommen. Einfache Sätze, lockere Umgangssprache und große Schrift machen das Lesen für Anfänger – oder Kinder, die nicht sehr geschickt darin sind – einfach. Für fremde Namen werden Aussprachehilfen geliefert (Grän Känjen). Die vermittelten Themen halten zudem kuriose Infos bereit, die man selbst als Erwachsener nicht unbedingt weiß.
Spielerisch lenkt Köller hier zudem den Blick auf den Naturschutz und entwickelt bei den kleinen Lesern ein Gespür für Umweltbewusstsein und Artenschutz.

köllerDie geübteren Leser können sich im Band Vollgas! über die Geschichte der Fortbewegungsmittel der Menschen informieren. Hier werden die Sprechblasen weniger, die Kapitel, Texte und die Sätze länger. Auch der Umfang des Buches wächst.

Inhaltlich können sich kleine Trecker-, Bagger- oder Rennfahrer schlau machen, wie der erste dampfgetriebene Wagen der Welt – ein Fünf-Tonnen-Monster – aussah, warum die Wuppertaler Schwebebahn eigentlich eine Hängebahn ist oder wie schnell die Wikinger-Schiffe waren.

Zu allen Bänden der Leseforscher hat die Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ je ein Forscher-Experiment zum Nachmachen geliefert. So können in diesen beiden Ausgaben beispielsweise Tropfsteine oder ein Raketenantrieb nachgemacht werden.
Den Abschluss der Bücher bildet jeweils ein Quiz, in dem das Gelesene auf spielerische Art rekapituliert werden kann. Und am Ende des Leseabenteuers gibt es eine Urkunde für den echten Experten oder fleißigen Leseforscher.

Die Mischung aus den liebenswert-charmanten Illustrationen von Julia Dürr, Fotos und gut verständlichen Texten ist eine der Stärken dieser Reihe. Es gibt für die Leseanfänger viel zu schauen und zu entdecken – das Lesen passiert dann quasi von allein, wenn man verstehen will, wie beispielsweise eine Dampfmaschine funktioniert. Langeweile ist hier also nicht angesagt, Überforderung auch nicht, denn in diesen kleinen Büchern stecken Unmengen von Informationen, bei denen die Kinder nach der Lektüre bestimmt  öfter sagen: „Papa, weißt du …?“

Kathrin Köller: Natur! Durch Flüsse, Wüsten, Regenwälder, Leseforscher ABC, Illustration: Julia Dürr, Ueberreuter, 2016, 48 Seiten, ab 6, 8,95 Euro

Kathrin Köller: Vollgas! Mit Rädern, Rudern und Motoren, Leseforscher ABC, Illustration: Julia Dürr, Ueberreuter, 2016,  56 Seiten, ab  7, 8,95 Euro