Kolosseum hautnah

Vor ein paar Jahren habe ich hier schon mal Fred und seine Zeitreisenabenteuer vorgestellt. Jetzt ist Fred in Buchform zurück – und zwar mit seinen Erlebnissen im alten Rom.
Ursprünglich gab es Freds Geschichten als Hörbücher, liebevoll und historisch absolut korrekt von Birge Tetzner und Rupert Schellenberger konzipiert und produziert. Schon das war damals ein absoluter Knaller in Sachen Hörbuch und sei immer noch wärmstens empfohlen (meine Ausgaben hat sich mein Neffe unter den Nagel gerissen).

Auf nach Rom

Nun aber konnte ich Freds Geschichte in Rom noch mal nachlesen und bin wieder ganz verzückt. Fred fährt hier mit Opa Alfred im Nachtzug nach Rom und gemeinsam streifen sie zunächst über das Forum Romanum, wo es viel über das Leben im alten Rom zu entdecken gibt.
Im Kolosseum, was gleich hinter dem Forum liegt, darf Fred einen alten Lastenfahrstuhl ausprobieren und landet nach einer Zeitreise direkt in den Katakomben des Kolosseums, in dem gerade ein Gladiatorenwettkampf stattfindet.

Vielfältige historische Details

Während man sich beim Hörspiel der Geschichte einfach hingeben kann, hat man im Buch wunderbar viel zu lesen und zu schauen. Denn neben der eigentlichen spannenden Geschichte, gibt es unzählige Infos rund um die Gladiatorenkämpfe, deren Regeln und Akteuere, zu denen tatsächlich auch Frauen gehörten. Graphiken zeigen den Aufbau des Kolosseums, wo welche Menschen saßen (was interessant ist, weil einem sofort die historischen Fehler in Sandalenfilmen wie Gladiator auffallen …), welche medizinischen Instrumente benutzt wurden oder welche Inschriften von Gladiatoren erzählen. Diese Infos sind hier ausführlicher und vielfältiger als im Booklet des Hörspiels. Zudem gibt es einen umfangreichen Anhang, in dem neben der Geschichte des Römischen Reiches auch die verschiedenen Waffengattungen der Gladiatoren erklärt werden. Ein Glossar zu den Fachbegriffen rundet alles ab.

Atmosphärische Illustrationen

Illustriert hat wie schon bei den vorherigen Büchern und Hörspielen Karl Uhlenbrock. Seine Bilder in fast gedämpften Farben und außergewöhnlichen Perspektiven vermitteln eine intensive Atmosphäre der Gladiatorenkämpfe und der düsteren Nächte im alten Rom. So hat man nicht nur durch Freds Erlebnisse das Gefühl, als Betrachter:in mitten im Geschehen zu stecken.
Bei der nächsten Rom-Fahrt mit Kindern sollte dieses Buch auf jeden Fall mit ins Reisegepäck – eine bessere Vorbereitung auf das Kolosseum und das alte Rom gibt es nicht.

Birge Tetzner: Fred im alten Rom. Im Schatten des Kolosseums, Illus: Karl Uhlenbrock, ultramar media, 2025, 240 Seiten, ab 10, 22 Euro

Gladiator 2.0

Heute bin ich gereist, durch Zeit und durch Raum, jenseits aller Beschränkungen, die uns in den vergangenen Wochen so auferlegt worden sind. Und diese Hörspiel-Reise verdanke ich Birge Tetzner und ihrem Fred. Denn seit dieser Woche erlebt der Junge ein neues archäologisches Abenteuer – Fred im alten Rom!
Als Italienisch-Übersetzerin und Italien-Liebhaberin war es mir natürlich ein Bedürfnis, sofort in diese Geschichte reinzuhören und mein Rezensions-Sabbatical kurz mal zu unterbrechen, mit dem Ergebnis, dass ich nicht mehr davon losgekommen bin und mich zwei kurzweilige Stunden von Fred und Opa Alfred durch Rom habe führen lassen.

Der Blick hinter die Kulisse

Die beiden bekommen von Flavia, einer römischen Bauforscherin, eine spezielle Führung durch das Kolosseum, das größte Amphitheater im Römischen Reich. Es geht durch die engen Gänge des »Untergeschosses«, in dem Flavia und ihre Kollegen einen der vielen Holzaufzüge rekonstruiert haben, die vor fast 2000 Jahren die Gladiatoren und die wilden Tiere in die Kampfarena beförderten. Fred darf mitfahren und dabei gerät er – so wie in seinen anderen Abenteuern auch – in die Vergangenheit und quasi mitten rein in die Abläufe der Gladiatorenkämpfe im alten Rom. Durch sein zupackendes Verhalten, bei dem er einem verletzten Gladiator hilft, fällt er dem Medicus des Kolosseums auf und wird dessen Gehilfe. Er teilt sich eine Kammer mit dem jungen Sklaven Timonides, der am nächsten Tag gegen den fiesen, aber eigentlich feigen Imperator Commodus kämpfen soll. Ein Todesurteil für den untrainierten jungen Griechen. Fred kann das natürlich nicht einfach so zulassen …

Frauenkämpfe in der Arena

Hätte man mich heute – vor dieser Hörspiel-Reise – zu Gladiatorenkämpfen im alten Rom befragt, ich hätte mit hollywoodianisch geprägtem Halbwissen eher eine schlechte Figur gemacht. Doch nun ist mein Wissen, Dank der wieder einmal großartigen Rechercheleistung von Birge Tetzner und ihrer gekonnten Aufbereitung der Fakten, mein Wissen um ein paar erstaunliche Schätze reicher. So erlebt Fred einen Frauenkampf in der Arena und erfährt, dass nicht jeder Kampf dort mit dem Tod der Gladiatoren enden musste, sondern dass es auch die Möglichkeit eines Unentschiedens gab. Dabei ist jedoch immer klar, dass das römische System der Schaukämpfe kein Zuckerschlecken war, sondern ein bisweilen sehr unbarmherziges Menschenbild dahinterstand und so auch Todesurteile vollstreckt wurden. Menschenrechte in unserem heutigen Sinne gab es damals ja noch nicht, dafür aber Bürgerrechte, sodass das politische Rom zwar gnadenlos gegen seine Gegner vorging, seine Bürger jedoch aus allen Ecken des Reiches kamen und so eine wohl ziemlich multikulturelle Gesellschaft entstand war.

Faktenfülle und Fachbegriffe

Wer sich auf diese Welt der Gladiatoren einlässt, wird mit einer Reihe von lateinischen Begriffen konfrontiert wie Armentarium (Waffenlager), Sanitarium (Krankenhaus) oder Murmillo und Thraex (zwei Gladiatorentypen). Diese geschickt in das Hörspiel eingestreuten Begrifflichkeiten versteht man beim Hören aus dem Zusammenhang, kann sie aber bei Bedarf in dem ergänzenden Booklet nachlesen. Dort findet sich auch ein Glossar, das ein schnelles Nachschlagen möglich macht. Die Texte im Booklet vertiefen zudem die Hintergründe der Geschichte noch weiter und offenbaren, wie viele wahre Geschichten in Freds Abenteuer stecken.

Ein perfekt eingespieltes Team

So, wie ich den Entstehungsprozess von Fred im alten Rom über Instagram und Facebook in den vergangenen Monaten beobachten konnten, haben an dieser packenden Geschichte unzählige Menschen mitgewirkt. Allein 17 Sprecher*innen sind dieses Mal zu hören, allen voran das unverwechselbare Trio aus Remo Schulze als Fred, Jürgen Thormann als Opa Alfred und Andreas Fröhlich als Erzähler. Wer die anderen Fred-Abenteuer kennt, wird sich allein beim Klang dieser drei sofort wieder wohlfühlen und sich entspannt ins alte Rom entführen lassen. Mir persönlich haben natürlich die italienischen Sprecher*innen wie Manuela Naso als Flavia oder Lorenzo Monteleone als Barista sehr gefallen. Ihre italienischen Sätze, die im Folgenden immer übersetzt werden, sodass niemand befürchten muss, etwas nicht zu verstehen, lassen das heutige Rom sehr lebendig werden.
Die Soundeffekte und musikalischen Unterlegungen von Rupert Schellenberger, samt der Geräusche von Peter Sandmann, runden die Geschichte so wunderbar ab. Durch die lebendigen und anschaulichen Texte von Birge Tetzner sieht man Rom, das Kolosseum und die Gladiatoren so unmittelbar vor sich, dass jeder weitere Konsum von irgendwelchen amerikanischen Sandalenfilmen erübrigt.

Perfekte Vorbereitung für die nächste Rom-Reise

Junge Hörer*innen dürften also Freds neuestem Abenteuer gespannt lauschen. Sie finden darin mehr als genügend interessante Fakten, die bei den »Wusstes-du«-Gespräche wissensdurstiger Sprösslinge am Abendbrottisch für jede Menge Erstaunen bei den Großen sorgen werden (oder wissen Sie ohne zu googlen, woher das Wort »Kandidat« kommt?). Wer sich mit seiner Familie in den kommend Wochen und Monaten nach Rom aufmacht, kann sich mit diesem Hörspiel schon mal perfekt darauf einstimmen. Lebendiger und kurzweiliger kann man Geschichte nicht aufbereiten und den Kindern eine längst vergangene Welt und ihre Erforschung schmackhaft machen.

Birge Tetzner: Fred im alten Rom. Im Schatten des Kolosseums, ultramar media, 2020, 2 CDs, 132 Minuten, ab 9, 15,90 Euro