Simone Buchholz wird vielen von euch vermutlich als Krimi-Autorin bekannt sein. Nun hat sie ihr erstes Kinderbuch vorgelegt – ich als Hamburgerin, die eher selten Krimis liest, war nun doch neugierig.
In Johnny und die Pommesbande erzählt Buchholz von der Clique um den 12-jährigen Johnny, der bei seinem Opa, einem alten Seebären, in einer Hafenstadt aufwächst.
Johnny ist mit seinen Kumpels, Ella, der Seiltänzerin, Sue und Buxe, den Zwillingen, Carlos, seinem besten Freund, und Tomek, dem Hafentroll, der auf einem alten Kahn wohnt, täglich an der Waterkant unterwegs. Sie haben eine clevere Masche entwickelt, um ihr Taschengeld aufzubessern. Ahnungslosen Touristen, die von Hafen und Kiez so dermaßen beeindruckt sind, dass sie kaum noch klar denken können, bieten die Kids an, die Sache mit der Kurtaxe für sie zu übernehmen. Ein einträgliches, wen auch nicht ganz legales Geschäft. Aber wie es im Leben so geht, reicht irgendwann das eigene Revier nicht mehr aus und die Kids streben nach Expansion.
So trauen sich Johnny und seine Freunde nach eingehender Diskussion auf die Meile. Dort ist alles bunt, schrill und voller Blingbling – und es gibt noch mehr Touristen, die den Mund vor Staunen nicht mehr zubekommen. Das Geschäft läuft.
Bis die Helden auf eine picklige Bande voller Halbstarker treffen, die es gar nicht gern sieht, wenn jemand in ihrem Revier wildert. Der Stress ist programmiert, und eines Tages verwüsten die Pickel-Brüder den Kiosk von Ellas Eltern und drohen, Schlimmeres anzurichten …
In herrlich schnoddriger Art lässt Buchholz Johnny von den Abenteuern der Clique berichten. Die Namen Hamburg, St. Pauli oder Reeperbahn fallen dabei nicht einmal. Doch jeder Hamburger hat sofort die entsprechenden Straßen und Viertel vor Augen – und freut sich. Alle Nicht-Hamburger bekommen ein cooles Gespür für die Hafenstadt vermittelt.
In Sachen Freundschaft und Gemeinschaftsgefühl finden junge Leser_innen hier großartige Vorbilder, bei denen jede_r seine/ihre Eigenarten hat, die allseits akzeptiert werden. Zusammen bilden die Kids so etwas wie eine Familie, in der die Erwachsenen nur am Rande eine Rolle spielen. Hier macht ihnen niemand Vorwürfe, sondern die Bande merkt selbst sehr schnell, was okay und was nicht gut ist. Auch verurteilt niemand ihre Kurtaxen-Abzocker-Nummer, was völlig in Ordnung ist – denn wenn Touristen zu dusselig sind, den Trick zu durchschauen, müssen sie eben bluten.
So entwickelt sich Buchholz‘ Geschichte zu einem spannenden, unkonventionellen Lesespaß ohne Moralkeule – und man wünscht sich, dass die Kinder auch im echten Leben immer noch solche Banden bilden und draußen auf der Straße echte Abenteuer erleben, und nicht nur vor Bildschirmen hängen oder von Helikoptereltern in abgezäumten Spielwiesen gehalten werden. Bei erwachsenen Leser_innen mag diese Geschichte einen Hauch von Nostalgie hinterlassen, die jungen mögen nach der Lektüre hoffentlich hinaus auf die Straße wollen und ihren Kiez erkunden. Und in ihrer restlichen Freizeit vielleicht mehr von solch unterhaltsamen Büchern lesen!
Simone Buchholz: Johnny und die Pommesbande, Illustration: Horst Klein, Dressler Verlag, 2018, 160 Seiten, ab 10, 12 Euro