Ausgezeichnet!

patrick Ness sieben minuten nach MitternachtZurück von der Buchmesse 2012 – ich bin noch ganz berauscht von den Buch- und Menschenmassen. Viele Termine, viele Gespräche, viele Ideen und Anregungen haben die vergangenen Tage bestimmt, und die muss ich jetzt erst einmal verarbeiten. Außerdem muss ich unbedingt noch ein paar Bücher lesen: Denn gestern Abend wurden der Deutsche Jugendliteraturpreis 2012 verliehen – und ich habe von den Gewinnern erst zwei gelesen (auch das passiert, wenn man vor lauter fesselnder Neuerscheinungen überhaupt nicht hinterher kommt mit der Lektüre …).

Die Verleihung im Saal Harmonie des Frankfurter Congress Centrums war mit 1200 Gästen proppenvoll, und die Spannung war förmlich zu spüren. Zurecht bezeichnete Nils Mohl die Veranstaltung als „Folter“. Für seinen Jugendbuchroman Es war einmal Indianerland und vier weitere Titel ging das etwa ein einhalbstündige Martyrium dann aber mit einem Preis, der Momo, aus. Ganz besonders hat mich die Wahl der Jugendjury gefreut, die sich für Sieben Minuten nach Mitternacht von Patrick Ness entschieden hat.

Diesen berührenden Roman habe ich vor genau einem Jahr nach der Buchmesse 2011 gelesen. Und daraufhin diesen Blog eingerichtet, um meine Begeisterung darüber unmittelbar teilen zu können. So hat sich gestern für mich nach einem Jahr Bloggen ein Kreis geschlossen. Was ich nun als gutes Omen für dieses Unternehmen hier deute und das mich anspornt, weiter über wundervolle Bücher zu schreiben. So stapeln sich auf meinem Schreibtisch auch schon die nächsten Romane und Bilderbücher, die ich demnächst in diesem Rahmen vorstellen werde. Zudem haben sich in den vergangenen Tagen schon die nächsten spannenden und vielversprechenden Titel angekündigt. Schöner kann eine Buchmesse eigentlich nicht laufen!

Die Gewinner des Deutschen Jugendliteraturpreises 2012 möchte ich, auch wenn ich nicht alle bis jetzt gelesen habe, hier dennoch nennen:

deutscher jugendliteraturpreis 2012

In der Sparte Bilderbuch: Pija Lindenbaum: Mia schläft woanders, Übersetzung: Kerstin Behnken, Oetinger Verlag, 2011, 40 Seiten, ab 4, 12,95 Euro.

Die Jury meint: „Eine ganz alltägliche Kindererfahrung wird […] gegen den Strich gebürstet und in beeindruckende Bilder un einen klugen Text gefasst.“

 

deutscher jugendliteraturpreis 2012In der Sparte Kinderbuch: Finn-OleHeinrich/Ran Flygenring,: Frerk, du Zwerg! Bloomsbury Verlag, 2011, 96 Seiten,  ab 7, 16 Euro.

„Der sprachgewandte, fabulierlustige und semantisch kreative Text Heinrichs mit den frech-versponnenen Krakelbildern Flygenrings ist Quatsch in seinem allerbesten und feinsten Sinne“,  sagt die Kritikerjury.

deutscher jugendliteraturpreis 2012In der Sparte Sachbuch: Oscar Brenifier: Was, wenn es nur so aussieht, als wäre ich da? Illustrationen: Jacques Després, Übersetzung: Norbert Bolz, Gabriel Verlag, 2011, 96 Seiten, ab 10, 14,95 Euro

Dieses ungewöhnliche Philosophie-Buch „plädiert für eine Denkkultur, die in einer an Informationen und Fakten überreichen Welt auf eine Tiefe setzt, die nur aus der ‚Langsamkeit‘ analogen Denkens heraus entstehen kann“ – so die Jury.

deutscher jugendliteraturpreis 2012In der Sparte Jugendbuch: Nils Mohl: Es war einmal Indianerland, Rowohlt Verlag, 2011, 345 Seiten, 12,99 Euro.

Die Jury hält diesen Roman für kunstvoll gebaut, „der mit seinen zahlreichen Neologismen auch sprachlich innovativ und überzeugend ist. Er bietet dem Leser eine neue und aufregende Variante aus Bildungsroman und Liebesgeschichte.“

Und schließlich der Preis der Jugendjury: Patrick Ness/Siobhan Dowd: Sieben Minuten nach Mitternacht, Übersetzung: Bettina Abarbanell, cbj Verlag, 2011,   213 Seiten,  ab 12,  16,99 Euro.

Die Jugendlichen meinen, dass „die mächtigen sprachlichen Bilder und die Illustrationen eine perfekte Atmosphäre für die diese traurige, berührende, teilweise aber auch unterhaltsame Geschichte liefern.“

Der Sonderpreis für das Gesamtwerk ging dieses Jahr an den Illustrator Norman Junge, der spätestens seit Fünfter sein von Ernst Jandl in fast allen Haushalten präsent sein dürfte…

Herzlichen Glückwunsch allen Autoren, Übersetzern, Illustratoren und Verlagen!

Zum Heulen schön

Es gibt nur sehr wenige Bücher, die mich zum Weinen bringen. Patrick Ness, der in Sieben Minuten nach Mitternacht das literarische Vermächtnis der Autorin Siobhan Dowd umgesetzt hat, aber hat es geschafft, dass ich heulend im Zug von Frankfurt nach Hamburg saß. Auf äußerst berührende Weise erzählt er die Geschichte von Conor und dem Monster.

Immer um sieben Minuten nach Mitternacht taucht das Monster, das die Form einer riesigen Eibe hat, in Conors Zimmer auf und fordert den 13-Jährigen auf, sich seinen Ängsten zu stellen. Und Conor hat unglaubliche Angst. Denn seine Mutter ist todkrank. Von den Behandlungen ist sie so geschwächt, dass sie sich nicht um ihren Sohn kümmern kann. Allein macht er sich also das Frühstück und trägt den Müll hinaus. Als es der Mutter eines Tages noch schlechter geht, zieht die Großmutter im Haus ein. Conor kann sie nicht ausstehen, die Großmutter kann nichts mit dem Enkel anfangen. Doch sie müssen sich zusammenraufen, denn die Mutter muss schließlich ins Krankenhaus.

Conor ist niedergeschlagen. Alle um ihn herum behandeln ihn wie ein rohes Ei, seine Klassenkameraden ziehen sich immer mehr zurück, niemand nimmt ihn mehr wahr. Er scheint quasi zu verschwinden. Nur das Monster ist da, pünktlich um 12:07 Uhr. Es erzählt Conor drei märchenhafte Geschichten vom Leben – und er lernt sich seiner Wut, seiner Angst und seiner Trauer zu stellen.

Diese Geschichte vom Leben und Sterben ist schwere Kost und verdammt herzzerreißend – und trotzdem macht sie extrem viel Mut, sich den eigenen Gefühlen zu stellen, sie wahrzunehmen und sie auszusprechen.

Die eindrucksvoll-düsteren Illustrationen von Jim Kay unterstreichen die melancholische Stimmung aufs trefflichste. Bettina Abarbanell hat den Text auf den Punkt aus dem Englischen übersetzt.

Patrick Ness (nach einer Idee von Siobhan Dowd): Sieben Minuten nach Mitternacht, cbj Verlag, Übersetzung: Bettina Abarbanell, Illustration: Jim Kay, 215 Seiten, ab 12, 16,99 Euro