Mitte Februar diesen Jahres postete die US-Schauspielerin Julianne Moore auf Instagram, dass die Trump-Administration ihr Bilderbuch Freckleface Strawberry aus den Schulen des Verteidigungsministerium (das sind die Schulen für die Kinder von Soldaten) verbannen will. Moore hatte die Geschichte bereits 2007 geschrieben, die Illustrationen dazu stammen von LeUyen Pham. Der Schock und das Entsetzen der Autorin ist berechtigt und nachvollziehbar, denn es ist völlig unverständlich, warum diese liebenswerte Geschichte nicht gelesen werden sollte.
Julianne Moore erzählt von einem siebenjährigen Mädchen, das hauptsächlich durch ihre vielen Sommersprossen auffällt. Die Punkte im Gesicht verleiten die anderen Kinder in der Schule dazu, Bemerkungen darüber zu machen. Sie halten die Sommersprossen für Schmutzflecken oder Sonnenbrand, vergleichen das Mädchen, dessen Name nicht genannt wird, mit einer Giraffe, oder wollen an ihr riechen. Alles sehr unangenehm. Vor allem, weil sie das Mädchen nur noch »Streuselnase-Erdbeekopf!« nennen, was ihr natürlich gar nicht gefällt.
Am liebsten verschwinden
Die Lütte tut alles, damit die unliebsamen Sommersprossen verschwinden: Sie schrubbt sich, behandelt die Haut mit Zitronensaft oder übermalt die Sprossen mit Filzstiften. Aber nichts hilft und Mama ist auch nicht begeistert.
Also beschließt das Mädchen, unsichtbar zu werden. Sie zieht eine Skimaske über – und weg sind die Sommersprossen. In der Schule hat sie fortan ihre Ruhe, niemand zieht sie mehr auf, niemand ärgert sie. Es ist, als wäre sie gar nicht mehr da. Die anderen Kinder fragen sich eher, wo Streuselnase-Erdbeerkopf denn abgeblieben ist.
So hatte die Protagonistin es sich nicht vorgestellt – außerdem ist es unter der Skimaske viel zu heiß und alles juckt.
Bereits 2009 in Deutschland
Diese Geschichte, deren Happy End ich hier nicht spoilere, war bereits 2009 in Deutschland, damals in der Übersetzung von Beatrice Howeg, unter dem Titel Sommersprossenfeuerkopf erschienen. Es gab einige Rezensionen in großen Medien wie DER SPIEGEL und Welt, was wohl dem Promi-Status von Julianne Moore zu verdanken war, werden doch Bilderbücher normalerweise in solchen Medien gar nicht erst erwähnt.
Heute kommen Promi-Status plus drohende US-Zensur dem Buch wahrscheinlich wieder zugute. Der Berliner Schaltzeit Verlag hat die in weiten Teilen autobiografische Geschichte Moores von Ruth Keen neu übersetzen lassen und wieder veröffentlicht. Das ist als Statement gegen staatliche Zensur natürlich per se begrüßenswert, denn Autokraten und ihrer disruptiven Politik sollten wir so wenig wie möglich durchgehen lassen bzw. versuchen, Gegengewichte zu schaffen und Hoffnung zu verbreiteten. Und sei es mit einer liebenswerten Geschichte über lustige Sommersprossen.
Den Aufkleber auf dem Cover, der verkündet: »Entfernt – gemäß einer Direktive der Regierung Trump«, hätte man sich allerdings sparen können. Er wirkt doch zu reißerisch und effektheischend.
Algorithmen und Zensur
In einem TV-Interview (ab Minute 6:00) vermutet Julianne Moore nämlich, dass u.a. auch Algorithmen an der Zensur mit Schuld sind, die nach Stichworten wie »different«/»anders« gesucht hätten und so auf diese sommersprossige Heldin gestoßen sind. Das macht den ganzen Vorgang mitnichten harmloser oder gar akzeptabel. Aber so kommt quasi noch ein weiteres Faktum dazu, das unsere heutige Zeit prägt: Das steigende Vertrauen in die KI. Auch hier sollten wir also vorsichtiger sein und nicht blind den Maschinen glauben.
Zudem ist der letzte Stand immer noch, dass die Bücher auf der entsprechenden Liste der Trump-Regierung »geprüft« werden sollten. Was das genau heißt und wie das für Julianne Moores Buch im Ende ausgegangen ist, scheint noch offen zu sein.
Das Schöne an dieser erschreckenden Episode ist jedoch, dass in den USA Julianne Moores Buch seit April nun wieder im Buchhandel erhältlich ist. Es gab so viele Vorbestellungen, dass Bloomsbury es wieder neu aufgelegt hat.
Und auch hierzulande können sich sommersprossige Kids freuen, wieder eine Identifikationsfigur zu haben, die nicht Pippi heißt …
Julianne Moore: Streuselnase Erdbeerkopf, Illus: LeUyen Pham, Schaltzeit Verlag, 2025, 40 Seiten, ab 4, 18 Euro