Eigentlich hat mir Spiegel Online dieser Tage mit der Meldung „Neugier schlägt IQ“ die Überschrift verdorben – aber gleichzeitig auch die schönste Bestätigung zu einem ganz hinreißenden Buch geliefert, nämlich Supermittelmäßig von Susie Morgenstern.
Darin erzählt die französische Autorin, in der charmant-leichten Übersetzung von Tobias Scheffel, die Geschichte von Alexander. Der Junge ist acht und in nichts richtig gut oder richtig schlecht. Er interessiert sich nicht für Fußball, er strengt sich in der Schule nicht an, und selbst Katastrophen gelingen ihm nur halb. Er ist eben einfach supermittelmäßig.
Erst das Klavier, das ihm sein Onkel eines Tages schenkt, weckt seine Neugierde. Und langsam merkt Alexander, dass man auch als Supermittelmäßiger in manchen Dingen besser werden und eine Leidenschaft für etwas entwickeln kann – wenn man nur neugierig genug ist.
Und genau darüber berichtete der Spiegel im Netz: Mittelmäßige Studenten, die jedoch neugierig und gewissenhaft sind, bewältigen ihr Studium genauso erfolgreich wie überdurchschnittlich Intelligente. Irgendwie sehr beruhigend.
Dass wir nicht alle Genies, Nobelpreisträger und Überflieger sein können, ist klar, nur wird die Masse der Mittelmäßigen meistens mit Missachtung gestraft. Denn wir wollen Helden, Erfolgsgeschichten und die Orientierung nach Höherem. Oder aber den absoluten Antihelden, dem einfach gar nichts gelingt. Dann fühlen wir uns besser. Beide Richtungen sind vollkommen in Ordnung und werden gebraucht.
Umso hinreißender ist allerdings dieses Buch, das genau all denen Mut macht, die es nie an irgendeine Spitze schaffen – im positiven wie im negativen Sinne. Denn Alexander weiß ganz genau: „Was würde aus uns ohne die Mittelmäßigen? Die Mittelmäßigen werden gebraucht. Sie sind lebenswichtig. Die Mittelmäßigen sorgen dafür, dass die Welt sich dreht. Sie sind das Salz der Erde. Es lebe das Mittelmaß!“
Dafür und für seine Bemühungen auf der „Leiter der Mittelmäßigen“ wenigstens ein bisschen nach oben zu krabbeln, möchte man den Lütten einfach nur in den Arm nehmen und knuddeln. Seine Offenheit und Neugierde machen ihn zu einem leuchtenden Vorbild, dass man auch ohne Hochbegabung, Spitzenleistung und Frühförderung etwas leisten kann, das Respekt verdient. Alexander ist mein Superheld der Mittelmäßigen!
Die überaus liebenswerten Illustrationen von Claude Dubois machen es zusätzlich leicht, Alexander und seine Freunde von der ersten Seite an ins Herz zu schließen.
Susie Morgenstern: Supermittelmäßig, Übersetzung: Tobias Scheffel, Illustrationen: Claude K. Dubois, Boje Verlag, 61 Seiten, ab 8, 10 Euro