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Haustier-Chaos

drachenHaustiere machen glücklich, heißt es. Das kennt man von Hunden, Katzen, Meerschweinchen, Vögeln und durchaus auch Fischen. Aber kann man das auch von Drachen sagen?

Der etwa 9-jährige Edward in dem Roman Drachensitter von Josh Lacey hat da so seine Zweifel. Sein Onkel Morton hat seinen Drachen bei ihm abgegeben und ist in den Urlaub verschwunden. Eine „Pflegeanleitung“ hat er nicht dagelassen. Und nun benimmt sich das Urzeitvieh ziemlich rüpelhaft: Es frisst den Kühlschrank leer, brennt Löcher in Gardinen und Teppiche, hinterlässt Kackhäufchen in Schuhen. Alles ziemlich unschön.
In seiner Verzweiflung schreibt Edward seinem Onkel E-Mails und bittet um Hilfe. Doch Onkel Morton ist wie vom Erdboden verschluckt – und bis er sich nach gefühlten hundert Mails endlich meldet, geht es der Nachbarkatze an den Kragen, wird der Briefträger in die Flucht geschlagen und die Feuerwehr rückt an. Edwards Mutter sammelt derweil alle Quittungen der zerstörten Dinge, die sie sich von ihrem Bruder ersetzen lassen will. Dabei ist der Drache mit einem relativ einfachen Snack zu zähmen …

Josh Laceys kurzer Roman gehört zum Genre humoristische E-Mail-Geschichten, bei denen jede Mail mit einem frechen Schwarzweißbild von Gary Parsons illustriert ist. Die kurzen Mails lassen sich gut vorlesen, sind aber auch für Erstleser in der klaren, einfachen Übersetzung von Anu Stohner gut geeignet. Edwards Abenteuer mit seinem Drachen-Haustier sind kurzweilig, wundervoll lustig und ein ganz charmanter Leserspaß für Jungs.
Und wer dann noch nicht genug hat von Drachen und ihren Eigenarten: Teil zwei, Der Drachensitter hebt ab, kommt schon in den nächsten Tagen in die Buchläden und verspricht genauso vergnüglich zu werden …

Josh Lacey: Der Drachensitter, Übersetzung: Anu Stohner, Illustrationen: Garry Parsons, Sauerländer, 2013, 64 Seiten,  ab 6, 9,99 Euro

Von ganzem Herzen

entschuldigungIm Grunde hat die Drittklässlerin Greta es nur gut gemeint. Die Lehrerin soll zu spät in die Klasse kommen, damit die Mathearbeit ausfällt, denn Lukas hatte keine Zeit zum Lernen. Also sperren die beiden die hintere Treppe mit einem Zettel und einer Schnur ab, so dass die Lehrerin den längeren Weg vorne herum nehmen muss.

Doch dann nimmt das Unglück seinen Lauf – Hausmeister, Mathelehrerin und Sportlehrer stürzen die Treppe hinunter, Knochen brechen, dann wird auch noch der Schuldirektor durch einen blöden Zufall von den Viertklässlern über den Haufen gerannt. Das Chaos kann eigentlich nicht größer sein. Kein Wunder, dass Greta von ihren Eltern dazu verdonnert wird, sich bei allen Betroffenen zu entschuldigen – und zwar schriftlich und ehrlich und von ganzem Herzen.

Also schreibt Greta Briefe an Hausmeister, Lehrer, Direktor, allerdings schreibt sie sich bei dem Versuch, alles ganz genau zu erklären, so in Rage, dass sie sogar einen Viertklässler der Erpressung verdächtigt. Dabei wollte der ihr nur helfen. Bis das jedoch alles wieder geklärt ist, muss sie weitere Briefe an die Erwachsenen und E-Mails an ihre Freunde schreiben. Sie tappt von einer Verdächtigung in die nächste und riskiert fast, ihre beste Freundin Nina zu verärgern. Und merkt bei all dem erst mal nicht, dass der Vierklässler eigentlich ganz nett ist …

Gretas Entschuldigungen ist ein amüsanter kurzer Roman, in dem die Geschichte nur aus der Sicht Gretas in ihren Briefen und E-Mails geschildert wird. Eine Art moderner Briefroman, sozusagen. Der didaktische Ansatz, sich für angerichtetes Unheil zu entschuldigen, ist offensichtlich, doch wird der erhobene Zeigefinger durch die weiteren Verwirrungen, die Greta mit ihren Vermutungen anrichtet, mit Witz und Charme torpediert. Das soll jetzt nicht heißen, dass Entschuldigungen überflüssig sind – ganz im Gegenteil, oftmals entschuldigen wir uns ja viel zu wenig – stattdessen zeigt Anu Stohner hier den kleinen Lesern, dass man mit Vermutungen und Verdächtigungen fast genauso viel Unheil und Chaos anrichten kann wie mit einer gespannten Schnur.

Abgerundet wird die Geschichte durch die pfiffigen Illustrationen von Hildegard Müller, die Greta in ihrem zunehmenden Schreib- und Erklärungsstress zeigen und so zu einem kurzweiligen Lesevergnügen beitragen.

Anu Stohner: Gretas Entschuldigungen, Illustration: Hildegard Müller, dtv/Reihe Hanser, 2013, 104 Seiten, ab 6, 9,95 Euro