Im Frieden mit dem Tod

sterben

Das Mysterium von Leben und Tod Kindern zu erklären, ist ein ewiges und schwieriges Unterfangen. Einen sehr liebevollen Versuch unternimmt nun Dita Zipfel in Leben, Sterben und Kaninchen. Die Illustrationen von Rán Flygenring spielen dabei erzählerisch eine entscheidende Rolle.

Namenloses Kind in einer Du-Erzählung

In dieser Geschichte hat nur das Kaninchen einen Namen, Miss Marpel. Ansonsten richtet sich ein:e ungenannte:r Erzähler:in an ein kindliches Du. Zunächst liegt der Fokus auf dem Leben, das wir – und gerade auch Kinder – als selbstverständlich und gegeben hinnehmen. Die Erzählstimme weist das Du auf so wunderschöne Dinge wie Gefühle im Bauch oder das flauschige Fell von Miss Marpel hin, auf die Einzigartigkeit jedes Lebewesen auf der Erde, die aber auf tiefen Wurzeln beruht. Und selbst das Backen von Pfannkuchen geht auf das jahrtausendelange Wissen der Menschen um Weizenkörner und das daraus gewonnene Mehl zurück.

Nichts geht verloren

Beim Aufbau des menschlichen Körpers spielt dann das 13,8 Millionen Jahre alte Universum eine entscheidende Rolle. Denn wir alle bestehen im Grunde aus Sternenstaub und unsere Atome, die uns formen, können nicht sterben, sondern verwandeln sich.
Und dann liegt plötzlich Miss Marpel tot am Boden, alle viere von sich gestreckt. Zwei dunkelblau-neogrün gehaltene Doppelseiten nur mit Illus erzählen von der Beerdigung im Karton und der Trauer des namenloses Kindes.
Überhaupt die Illus: Sie wimmeln in ihrer Zweifarbigkeit vor Leben, denn hier kribbeln und krabbeln große und kleine Tiere. Es ist ein Füttern und Fressen und überall ist der Tod zugegen – und sei es als neongrüner Röntgenblick auf die Knochen von Miss Marpel oder als kleiner Sensenmann in einer Ecke.

Liebevolle Trauerarbeit

Im zweiten Teil des Buches wird dann die Erzählstimme zu einer Ich-Erzählinstanz, die vom Sterben in ihrem Leben berichtet. Wie die eigenen Großeltern langsam gingen, wie die eigene Schwester plötzlich fort war. Sie erzählt von verschiedenen Arten der Trauerbewältigung, von dem, was Menschen glauben, was nach dem Tod kommt, von den großen Brocken, die die meisten Menschen während ihres Lebens mit sich herumschleppen, von dem Schmerz der Trauer. Das passiert sehr liebevoll und angemessen, und so wandelt sich die Trauer, wendet sich am Ende wieder dem Leben zu, das erst durch den Tod seine wichtige Bedeutung bekommt.

Trauerbegleiter

Diese ist kein Buch, das man Kindern einfach so in die Hand drückt. Es ist eins für Kinder, die in ihrem Leben gerade den Tod erleben. Es kann ihnen helfen, das Unbegreifliche zu verarbeiten. Es kann Gespräche zwischen Eltern und Kindern über den Tod und den Umgang unterstützen und anregen. Es kann helfen, eigene Rituale zu finden und den Abschied – ganz gleich, ob von Mensch oder Tier – bewusst zu gestalten. Und das ist einfach schön.

Dita Zipfel: Leben, Sterben und Kaninchen, Illus: Rán Flygenring, Hanser Verlag, 2025, 80 Seiten, ab 5, 17 Euro