Grammatik-Liebe

Grammatik

So manches Mal stehe ich trotz langer Jahre Textarbeit mit der deutschen Grammatik auf Kriegsfuß und habe nicht sehr viel Lust, mich eingehender damit zu befassen. Zu dröge sind die gängigen Grammatikbücher.

Auf der Frankfurter Buchmesse ist mir nun noch jedoch eine absolut sinnliche Variante in die Hände gefallen: Hunde im Futur der Geschwister Susanna und Johannes Rieder.
Ohne allzu lange theoretischen Erklärungen geht es mit den Illustrationen von Arinda Crăciun gleich zur Sache. Haptischer Clou auf jeder Doppelseite ist die zweigeteilte rechte Seite, die ausgeklappt wird. Sie fungiert quasi als Titelseite für ein neues Thema und durch das Aufklappen gelangt mensch beispielsweise zum Subjekt, zu den Pronomen oder dem Tempus.

Ausklappen macht neugierig

Die Worte, Sätze, Erklärungen mäandern dann durch die bunten Seiten, machen Singular und Plural deutlich, stellen die passenden Fragen zum Genus, zeigen den Unterschied zwischen Aktiv und Passiv.
Und so blättert mensch sich durch die Seiten, stellt fest, dass die schmale Mittelseite beim Umklappen perfekt zur Illu der Vorseite passt. Der buchherstellerische Aufwand (Carsten Aermes hat die Gestaltung übernommen) ist durchweg zu spüren und auch die große Liebe, die hier dem eigentlich trockenen Thema entgegen gebracht wird.

Lerneffekt garantiert

Junge Lesende, die noch am Anfang ihres Grammatik-Lernpensums stehen, werden spielerisch mit den Fachbegriffen konfrontiert und bekommen eingängige Erläuterung oder Beispiele. Auch der Hinweis, dass mensch beim Lernen von neuen Sprachen gewisse Dinge einfach auswendiglernen sollte, fehlt genauso wenig, wie die Tatsache, dass Sprache sich ständig verändert und eigentlich nie fertig ist – so wird auf die aktuelle Genderdebatte und die sich wandelnden Ausdrucksformen verwiesen.
Und auch Grammatik-Profis finden vielleicht noch die ein oder andere Neuigkeit. Für mich war es das wunderbare Wort »Wunschsatz« als Kategorie der Satzarten, der dann in Form eines Ausrufungszeichen mit Herz statt Punkt dargestellt wird.

Diversität in den Illustrationen

In den Illustrationen von Arinda Crăciun fällt aber nicht nur die anregende Verspieltheit auf, sondern auch die Diversität der Figuren. Da küssen sich zwei Männer, es gibt Menschen mit verschiedenen Hautfarben, mit und ohne Kopftuch, mit Kippa, alt und jung, alte Römer mit Hunden, eine Polizistin auf der Jagd nach Mister X. und Rosa Parks. Und natürlich Hunde aller Art, aber auch Hasen, Fische, Schmetterlinge und (Fleder-)mäuse. So mischen sich abstrakte Wissenseinheiten mit wimmelbildartigen Kunstwerken.

Nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2022

Zurecht war diese wunderbare Buch in diesem Jahr für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. Und auch wenn es nicht gewonnen hat – der Preis für die Sparte Sachbuch ging an Der Duft der Kiefern vonBianca Schaalburg –, ist es ein Schatz, der das Zeug zum Dauerbrenner hat.
Für Kids, die beim Thema Grammatik das Gesicht verziehen, ist dieses Buch möglicherweise eine Hilfe und Augenöffner.

Susanna Rieder/Johannes Rieder: Hunde im Futur. Eine Grammatik in Bildern, Illustration Arinda Crăciun, Susanna Rieder Verlag, 2021, 128 Seiten, ab 8, 30 Euro