Mopsologie

ottos mopsIch sage es gleich, reale Möpse sind nicht gerade meine Lieblingshunde. Zu klein, zu überzüchtet, zu asthmatisch, zu hässlich. Würde ich mir nie zulegen. Mops-Besitzer mögen es mir bitte verzeihen.

Anders liegt die Sache mit Ottos Mops, dem genialen Gedicht des Österreichers Ernst Jandl. Dieser Mops ist eine ausgesprochene Persönlichkeit. Im November 2013 wird dieses geniale Werk und sein Protagonist 50 Jahre alt, man möchte sagen: jung. Denn beide haben nichts von ihrer Frechheit und Frische verloren. Umso schöner, dass das Jubeljahr von Ottos Mops mit einer Neuauflage mit den Illustrationen von Norman Junge gefeiert wird.

Junge, der im vergangenen Jahr den Deutschen Jugendliteraturpreis Sonderpreis Illustration gewonnen hat, begibt sich auf Augenhöhe mit dem Mops. Otto und sein Frühstückstisch wirken riesig, die Wände unendlich, und mit jeder Seite gerät das friedliche Zusammenleben von Hund und Herrchen aus den Fugen. Der trotzige Mops reißt die Tischdecke mit, die Tasse stürzt, die Wände kippen, alles gerät ins Schwanken. Der orange-gelb-rosane Raum taucht nur ein einziges Mal in grün-blaues Licht – der Mops kotzt.

Man muss sich nicht mit Univolkalismus oder Lyriktheorie auskennen, um seine Freude an dem durchgeknallten Hund zu haben – und an dieser kongenialen Kombination aus Jandl und Junge. Selbst, oder gerade weil, sich in Ottos Wohnzimmer, in Junges Interpretation, nur ein Tisch, ein Stuhl, eine Lampe, eine Anrichte und ein Bild befinden, bleiben dort genügend Freiräume, die jeder Betrachter nach Belieben mit eigenen Fantasien und Vorstellungen füllen kann. Gleichzeitig gibt es in dieser „Leere“ so viel zu entdecken, dass man mit einmal durchblättern lange noch nicht am Ende der Erkenntnis angekommen ist. Wahrscheinlich ist ein- bis dreimal die tägliche Mindestdosis, mit der man Ottos Mops zwar nicht Gassi führen, aber wertschätzen sollte.

Wie gesagt, ein echter Mops kommt mir nicht ins Haus. Aber dafür habe ich Ottos Mops – und dessen Eskapaden in diesem Bilderbuch liebe ich über alles.

Ernst Jandl/Norman Junge: ottos mops, Tulipan, 2013, 36 Seiten, ab 4, 14,95 Euro 

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