Gerade fallen wieder alle Blätter von den Bäumen, die Laubbläser nerven, und die Wolken nässen nun noch öfter vom Himmel als sonst schon. Es ist die Zeit, in der Mützen, Schals, lange Unterhosen und Wollsocken rausgekramt werden und man wieder dem Zwiebellock frönt. Hauptsache nicht verkühlen.
Das passt Pauli und seinen Freunden im neuen Kurzroman von Melanie Laibl so gar nicht. Darin überlegen die cleveren Grundschüler sich, wie sie das ganze Wollzeugs und die Unterwäsche des Grauens wieder los werden. Da man gemeinsam stärker ist als allein und auch zusammen mehr bewegt, gründen sie den Verein Verkühl dich täglich.
Und dann geht es los: In ihrem Vereinslokal, der Terrasse des Eissalons Titanic, treffen sich die Kids und entledigen sich der kratzenden Wärmeschicht. „Kalt? Uns? Niiie!“ wird ihr Schlachtruf und toben leicht bekleidet durch den Park und die Straßen.
Dass die Erwachsenen sofort mit Gegenmaßnahmen – heißes Bad, Hokuspokus-Grippekügelchen, Lebertran und Hühnersuppe – kontern, stachelt den Ehrgeiz der Vereinsmitglieder noch zusätzlich an. Nun heißt die Herausforderung, den Erwachsenen zu zeigen, dass man sich auch ohne Wollzeugs nicht erkältet. Zum Beweis messen Pauli & Co täglich Fieber und wollen mit ihrem Verein berühmt werden. Dafür machen sie sogar einen Ausflug in die Supermarkttiefkühltruhen, was in der Lokalpresse Erwähnung findet.
Nur die Heiße Hilde vom Imbissstand hält die Kinder nicht auf, sondern unterstützt sie mit einer Thermoskanne voller Wundertrank …
Melanie Laibl ist hier ein kleiner feiner und wunderbar anarchischer Roman gelungen, der jedem Erwachsenen die Haar zu Berge stehen lassen wird. So wage ich als Tante es kaum, diese Geschichte meinem Neffen vorzulesen, der ein würdiges Mitglied im Verein Verkühl dich täglich wäre, läuft er doch selbst zu dieser nassen Jahreszeit am liebsten noch in kurzen Hosen rum und reißt sich beständig die Mütze vom Kopf. Diesem Widerstandsgeist auch noch Vorschub zu leisten, damit tue ich mich schwer.
Aber dennoch ist es genau das, was so großartig an diesem Buch ist: Kinder, die sich nicht so leicht von Eltern und Großeltern einschüchtern lassen, die kreativen Widerstand leisten und der Überbesorgnis der Erwachsenen ein Schnippchen schlagen, schließe ich sofort ins Herz und jubele über diese wunderbare Chupze.
Und genau aus diesem Grund werde ich damit die nächste Vorleserunde bei Nichte und Neffe einleiten und einen kleinen rebellischen Samen bei ihnen aussäen.
Laibls klare Sprache gepaart mit einem trockenen Humor und die beständige Auflockerung des Textes durch die knuffigen Illustrationen von Susanne Göhlich bieten auch Erstlesern einen Anreiz, sich selbst in dieses Leseabenteuer zu stürzen.
Die Folgen sind dann nur noch eine Frage der Abhärtung.
Melanie Laibl: Verkühl dich täglich, Illustration: Susanne Göhlich, mixtvision, 2017, 80 Seiten, ab 7, 12,90 Euro