Schwer erziehbare Eltern

Eltern können ganz schön nerven. Die Ansprüche. Die Vorstellungen. Nie kann man es ihnen recht machen. Die Erpressungen. Der neunjährige Jonathan Schreckster kann davon unzählige Geschichten erzählen. In Katalina Brauses Roman Die Bartfrau dreht es sich genau darum: Was erwarten Eltern von ihren Kindern?
Jonathan jedenfalls entspricht so gar nicht dem, was seine Eltern sich vorgestellt haben. Er ist zu dumm. Sein Zeugnis ist einfach nichts Besonderes. Und das trotz all der Extra-Kurse, die ihm die Eltern finanzieren: »Frühgotisch for Fun«, »Geiz und Gier, Teil 38«, »Komponieren für Kosmopoliten«. Er ist »das Durchschnitt« – und das ist nicht nett gemeint.

Das Problem Kind

Für solche »Problemkinder« gibt es in der Stadt Mumpitz jedoch eine Lösung: Und zwar die Bartfrau. In jedem Haus steht ein schwarzes Telefon mit direkter Leitung zur Bartfrau. Sie bringt die Lösung für solche Probleme – denken die Eltern und heben den Hörer ab.

Optimisation

Und so erscheint die Bartfrau im Hause Schreckster: groß, massig, mit einer Kaninchenohrenmütze auf dem Kopf, Puschen and den Füßen und einem langen Bart. Sie macht es sich im Schreckster-Heim gemütlich und beginnt schließlich mit der Arbeit: der »Optimisation«, also der Erziehung von »gar nicht erziehbaren, schwer erziehbaren und anders erziehbaren« … Eltern.

So viel darf verraten werden über diese Geschichte, die ein ganz wundervoller (Vor-)Lesespaß ist. Mit einem Hauch Magie und der Hilfe des Hamsters Speedy bekommen die Schreckster-Eltern ihr Fett weg, Jonathan darf auf einem Mammut reiten und all seine ausgefallenen Geburtstage werden nachgefeiert.
Vater Schreckster begreift schneller als seine Frau, was sie ihrem Sohn mit ihren überzogenen Ansprüchen angetan haben, und wandelt sich. Denn das Glück seines Sohnes liegt ihm dann doch am Herzen.

Sinnloser Perfektionismus

Katalina Brause nimmt in diesem Kinderroman die Anspruchshaltung so mancher Eltern gehörig aufs Korn. Das, was den Kindern heute oftmals neben der Schule noch alles zugemutet wird, lässt aber auch am Menschenverstand zweifeln. »Selbstoptimierung« und Perfektion in jungen Jahren braucht wirklich niemand, ganz egal, welche Traumata die Eltern möglicherweise erlebt haben. In späteren Jahren braucht man sie übrigens auch nicht.
Das Plädoyer für eine glückliche, spielerische Kindheit wird hier ganz groß geschrieben und das ist sehr fein. Wenn dieses Buch in durchgetakteten Kinderleben für ein wenig Chaos und Freiheit sorgt, ist schon sehr viel erreicht.
Den jungen Leser_innen wird dieses Buch bannig Spaß machen und manchen Eltern vielleicht etwas zu denken geben.

Katalina Brause: Die Bartfrau, Illustration: Kai Schüttler, Rowohlt, 2019, 160 Seiten, ab 8, 9,99 Euro

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