Kinder brauchen Monster

monsterMein Neffe, 3, geht nirgendwohin ohne sein Monster. Das ist ein mittlerweile ziemlich verschlissenes Plüschgebilde, das wohl bald das Zeitliche segnet.

Neulich jedenfalls fand er bei mir das Pappbuch Monstermampf von Tobias Krejtschi. Keine Frage, dass es von vorn bis hinten gründlich unter die Lupe genommen wurde. Denn hier essen das Quadrat-Monster, das Kreis-Monster, das Dreieck-Monster und noch ein paar andere Monstergesellen nur speziell geformte Speisen. Auf dem Teller liegen jedoch verschiedenste Leckereien – der kleine Leser muss zuordnen, was das Monster wohl verdrückt.
Wie bei vielen Pappen heute üblich, lassen sich dann die Monsterbäuche aufklappen, sodass kontrolliert werden kann, ob man dem Monster auch das Richtige zu fressen angeboten hat. Das Erkennen von ganz einfachen Formen, bis hin zu etwas komplizierteren wie Halbmonden oder Herzen, funktioniert mit diesen roten Monstern ganz hervorragend.

Mein Herr Neffe jedenfalls war eifrig dabei und hatte nach ein paar Runden den Dreh raus. Und freute sich über die Wendung, die es beim Wurst-Monster zum Abschluss gab.

Dmonsterass Monster, oder auch T-Rex-Dinos, nicht immer das fressen wollen, was angeblich ihrer Natur entspricht, thematisiert hingegen das quietschbunte Bilderbuch T-Veg von Smriti Prasadam-Halls.
T-Rex Theobald hat keine Lust auf Fleisch, sondern steht viel eher auf Karotten-Torte, Blattspinat, Brokkoli, Mango, Pastinaken und Lauch. Theo ist mit anderen Worten ein ausgemachter Vegetarier. Das kommt bei der T-Rex-Sippe natürlich nicht gut an, die Eltern wundern sich, die anderen T-Rexe behaupten, Theo könne ja gar nicht mit ihnen mithalten, wenn er kein Fleisch esse. Irgendwann hat Theo die Schnauze voll und macht sich auf zu den Pflanzenfressern. Doch die rennen schreiend vor ihm weg… Ein echtes Dilemma, das aber schließlich ein harmonisches Ende findet.

Das Besondere an T-Veg ist der locker gereimte Text. Übersetzerin Kathrin Köller hat für Theos kulinarische Vorlieben ganz wunderbare Reime gefunden, die sich beschwingt vorlesen lassen und Theo zu einem überaus liebenswerten Helden machen.

Ob die Leser von Theobalds Geschichte nun zu Vegetarieren werden, wage ich zwar zu bezweifeln, aber auch über solch Essensvorlieben kann man kleine Menschen bereits für Toleranz gegenüber anderen sensibilisieren. Denn ob es später das Essen oder der Musikgeschmack ist, der bei anderen eben anders ist, ist eigentlich egal, Hauptsache, man hat sich lieb und akzeptiert den anderen, so wie er is(s)t.

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Ganz ohne Worte kommt schließlich Alice Hoogstad in ihrem Das kunterbunte Monsterbuch aus. Hier begleitet man ein kleines Mädchen, das in einer schwarzweißen Stadt anfängt, die Straße und die Häuser bunt zu bemalen.

Auf ein rotes Herz folgt ein feuriggelbroter Drache, dann ein sechsäugiger Lindwurm. Mit jeder Seite bringt die Künstlerin mehr Farbe in die Stadt – und die Monster erwachen zum Leben. Hand in Hand ziehen sie durch die Straßen, zum Erstaunen der Bewohner. Zwei weitere Kinder helfen dem Mädchen beim Malen.

Die Städter finden die bunten Gesellen so gar nicht passend und rüsten mit Wasserschlauch und Besen gegen sie. Doch die Monster greifen selbst zur Farbe, und plötzlich ist die ganze Stadt ein Farbenmeer.

Das passt den Spießern natürlich nicht, und so müssen die Kinder alles wieder sauber machen. Der Regen wäschst schließlich noch die letzten Farben davon…

Auf den wimmelartig gestalteten Doppelseiten gibt es in den Winkeln, Gassen und Häusern einiges zu entdecken. Die bunten Monster, die sich nicht in schwarze Umrandungen pressen lassen, übernehmen nach und nach das Geschehen und wirken dabei so anregend, dass vermutlich kein Kind die Finger wird still halten können. Die Seiten laden geradezu dazu ein, selbst zum Buntstift zu greifen und Farbe in die Stadt zu bringen.
Eine schönere Aufforderung, mit Farben zu arbeiten, sich nicht von irgendwelchen Spießern abhalten zu lassen, Kunst zu machen, gibt es, glaube ich, kaum. Und wenn das Monsterbuch am Ende dann wirklich kunterbunt ist, ist es vermutlich das schönste Kompliment für die Autorin.

Smriti Prasadam-Halls: T-Veg. Der fürchterliche Früchte-Fresser, Übersetzung: Kathrin Köller, Illustration: Katherina Manolessou, Prestel, 2017, 32 Seiten, ab 3, 12,99 Euro

Alice Hoogstad: Das kunterbunte Monsterbuch, Aracari, 2017, 32 Seiten, ab 3, 14,90 Euro

Tobias Krejtschi: Monstermampf, minedition, 2017, 22 Seiten, ab 2, 11,95 Euro

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Dieser Beitrag wurde am von unter Bilderbuch veröffentlicht.

Über Ulrike Schimming

Ulrike Schimming übersetzt Literatur – von Kinder- und Jugendbüchern bis zu Graphic Novels und Comics – aus dem Italienischen und Englischen und arbeitet als freie Lektorin. Dieses E-Magazin entstand aus ihrer Arbeit für die Jugendzeitschrift stern Yuno. Hier stellt sie Neuerscheinungen oder Klassiker der Kinder- und Jugendbuchliteratur vor, Graphic Novels oder Buch-Perlen, denen sie ein paar mehr Leser wünscht. Weitere Infos zu Ulrike Schimming finden Sie unter www.letterata.de

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